Herbert Kickl ist offenbar enttäuscht über die Entscheidung des Bundespräsidenten, ihm keinen Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Allerdings hat der FPÖ-Chef innerhalb von einer Woche niemanden gefunden, der mit ihm koalieren möchte. Trotzdem glaubt er noch immer an eine Regierungsbeteiligung seiner Partei.

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FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht trotz der Erteilung des Regierungsbildungsauftrags an ÖVP-Chef Karl Nehammer durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen weiterhin Chancen für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei. An die blauen Wähler gewandt schrieb er am Nachmittag via sozialen Medien: "...ich verspreche Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Heute ist nicht aller Tage Abend." Die Neos bekundeten unterdessen erneut ihren Willen zur Zusammenarbeit.

Van der Bellen habe "die Bevölkerung wissen lassen", dass er "mit den bewährten und normalen Prozessen unserer zweiten Republik bricht" - und "nicht den Wahlgewinner und Erstplatzierten der Nationalratswahl - also die FPÖ - mit der Regierungsbildung beauftragt", schrieb Kickl auf Facebook. "Das mag für ganz viele von Euch wie ein Schlag ins Gesicht wirken", aber all diesen verspreche er, dass eben das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.

Kickl interpretiert Wahlausgang als "unüberhörbaren Ruf nach Veränderung"

Der Wahlausgang sei ein "unüberhörbarer Ruf nach Veränderung und Erneuerung" gewesen, so Kickl. Er sehe es daher auch heute so, wie er es bisher getan habe: "Es ist unsere staatspolitische Verantwortung, die Hand weiter ausgestreckt zu halten." Die FPÖ wolle für Österreich arbeiten und sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. "Es liegt nicht an uns."

Man werde sehen, welche Koalition am Ende der Entwicklung stehen werde. "Wenn es nach dem Willen der Wählerinnen und Wähler geht, kann es nur eine Regierung unter der Führung der FPÖ sein", untermauerte der FPÖ-Chef trotz der jüngsten Entwicklungen seinen Kanzler-Anspruch.

Kickl nahm auch Anleihen an einem Zitat Van der Bellens: "Ich bin davon überzeugt, dass die Schönheit der Demokratie darin besteht, dass die Durchsetzung des Wählerwillens zwar mitunter gebremst und verlangsamt, aber letztendlich nicht verhindert und gestoppt werden kann."

Neos und Grüne stellen sich für Gespräche zur Verfügung

Die Neos hatten bereits zuvor erklärt, sie stünden für "ernsthafte Sondierungsgespräche" zur Verfügung. Voraussetzung dafür sind aus NEOS-Sicht "ein ehrlicher Wille zu Reformen und ein Klima des Vertrauens auf Augenhöhe", hieß es in einer Stellungnahme.

Gleichzeitig dankten die Neos Van der Bellen für die "klare Entscheidung". Der Ball liege nun bei Nehammer, der nun Möglichkeiten für eine stabile Mehrheit auszuloten habe. Aus pinker Sicht drängt die Zeit dafür, denn die "Lage in Österreich" lasse es nicht zu, bei der Suche nach einer handlungsfähigen Regierung Zeit zu verlieren.

Ebenso ihre Bereitschaft zu Sondierungsgesprächen äußerten am Nachmittag die Grünen. "So wie mit Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger habe ich letzte Woche auch ein vertrauensvolles Gespräch mit Karl Nehammer geführt. Wir Grüne werden jedenfalls weiter in konstruktivem Austausch mit diesen drei Parteien bleiben und uns auch allfälligen ehrlichen und offenen Sondierungsgesprächen oder Regierungsverhandlungen nicht verschließen", so der Grüne Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler in einem Statement.

Kritik an Van der Bellen von FPÖ-Seite auch aus den Bundesländern

Verärgert über Van der Bellen zeigten sich nahezu alle FPÖ-Landeschefs. Der Präsident habe mit seiner Entscheidung nicht nur die Republik, "sondern auch sein Amt beschädigt", meinte etwa Oberösterreichs FPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner in einer Aussendung.

Die Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) sieht eine "Koalition der Gescheiterten" auf Österreich zukommen. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp sah einen "schwarzen Tag für die Demokratie" und die "Koalition der Verlierer ante portas".

Der steirische FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek, der am 24. November eine Landtagswahl zu schlagen hat, warnte davor, dass die "Koalition der Verlierer" ein Vorbild für die Steiermark sein könnte. Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) kritisierte Van der Bellen und dessen "Hinterzimmer-Packeleien gegen den Willen der Bevölkerung".

Und für den Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger beweise der Regierungsbildungsauftrag, "dass das Staatsoberhaupt rein parteipolitisch agiert". Der burgenländische Landesparteiobmann Alexander Petschnig kritisierte in einer Aussendung den "Bruch mit allen Usancen der 2. Republik". (APA/bearbeitet von ank)

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