Es ist vollbracht. Am gestrigen Abend traten die Spitzenkandidaten Christian Kern, Sebastian Kurz, Heinz-Christian Strache, Ulrike Lunacek und Matthias Strolz im ORF ein letztes Mal gegeneinander an. Abermals ließ sich Körpersprache-Experte Stefan Verra für GMX.at keine Gesten entgehen.
Hatte das Studio-Setting der gestrigen Elefantenrunde einen Einfluss auf die Körpersprache der Spitzenkandidaten?
Körpersprache-Experte Stefan Verra: Ein ganz klares "Ja". Es wurde den Kandidaten körpersprachlich relativ schwer gemacht, denn der Abstand zwischen den Protagonisten war einfach zu groß.
Auch die "U"-Form des Panels, an dessen Ende die Diskutanten positioniert wurden, war eigentlich suboptimal, da sie sich so nur schwer einander zuwenden konnten. Mag sein, dass dieses Setting für die Kamerabilder von Vorteil war, lebendiger hat es die Diskussion mit Sicherheit nicht gemacht.
Spielt die Körpersprache der Moderatoren in einer Debatte auch eine Rolle?
Tut sie, ja. Die Aufgabe eines Moderators gleicht ja jener eines Schiedsrichters im Fußball. Wenn dessen Körpersprache nicht von Start weg jene eines Alphatiers transportiert, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation auf dem Feld.
Tarek Leitner hat diesbezüglich seine Sache gestern richtig gut gemacht. Sein konsequentes Fokussieren der Kandidaten und die Tatsache, dass er den Raum körpersprachlich gut genutzt hat, waren der Debatte mit Sicherheit zuträglich.
Wie haben sich die Spitzenkandidaten körpersprachlich geschlagen?
Bundeskanzler Christian Kern agierte an sich einigermaßen souverän. Ein wenig überrascht haben mich aber seine buchstäbliche Kurzatmigkeit, sein Fuchteln mit den Händen und auch das hastige Sprechen.
In nur wenigen Sekunden eine Vielzahl an Messages unterzubringen, scheint dem Kanzler nicht sonderlich zu liegen.
Ich persönlich halte ihn für den besten Zuhörer in der Runde. Ob er tatsächlich aufmerksam die Worte der anderen verfolgt, wissen wir natürlich nicht. Seine Körpersprache vermittelt es zumindest.
Und was signalisierten
Strache ist immer ein spannender Fall. Anders als bei Kurz liegen die Schwächen des FPÖ-Chefs im Zuhören. Er wird dabei oft steif, streng und bekommt eine aggressive Mimik, auch gestern wieder. Seine Körpersprache könnte durchaus das eine oder andere Lächeln oder Strahlen in den Augen vertragen.
Straches Asset: Wenn er einmal ruhig spricht, agiert er körpersprachlich sehr rund und bezieht Konkurrenten und Moderatoren gut in das Gespräch mit ein, weil er ihnen stets Kopf und Oberkörper zuwendet. Mit Ulrike Lunaceks Körpersprache habe ich mir gestern erneut schwer getan.
Sie windet sich ständig, ist instabil in ihrer Position und ihr Körper ist die meiste Zeit in einer Ausweichposition. Wenn die Chefin der Grünen mit einem Kandidaten spricht, sollte sie sich ihm häufiger mit einem stabilen Oberkörper zuwenden, um einen körpersprachlichen Dialog entstehen zu lassen.
Und Matthias Strolz war wie immer überaus blumig und extrem ausladend in seinen Bewegungen. Er hat auch mehrfach versucht, in ein, zwei Minuten alle ihm zur Verfügung stehenden Gesten unterzubringen.
So etwas funktioniert bei einem Vortrag, nicht jedoch im Rahmen eines 45 Sekunden dauernden Statements. Positiv ist, dass sein Stand stabil ist und ihn sein Ausbreiten der Arme selbstbewusst erscheinen lässt.
Sie haben in den letzten Wochen zahlreiche TV-Duelle und –konfrontationen gesehen. Haben Sie ein Fazit bei der Hand?
Ich muss schon sagen, dass dieser Wahlkampf körpersprachlich auf einem sehr hohen Niveau stattfand. Den internationalen Vergleich müssen unsere Spitzenkandidaten mitnichten scheuen.
Tatsache ist: Je repräsentativer unsere Politiker kommunizieren, desto mehr stehen sie in den Auslagen und desto eher finden österreichische Anliegen international Gehör. Gerade in Brüssel ist das natürlich besonders essenziell.
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