Nach der Landtagswahl in Thüringen ist der Richtungsstreit innerhalb der CDU in vollem Gange. Der bisherige Fraktionsvize kann sich in Thüringen eine Koalition mit der rechtsgerichteten AfD vorstellen. Der Spitzenkandidat liebäugelt mit den Linken. Aus der Bundes-CDU kommt heftiger Widerstand gegen beide Optionen.

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Die Landtagswahl in Thüringen hat zwei bundesweite Trends bestätigt: Die politische Mitte erodiert zugunsten der Ränder des politischen Spektrums rechts und links. Daraus entstehen unklare Mehrheitsverhältnisse, die die Bildung einer Regierung immer komplizierter gestalten.

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring flirtet mit den Linken

Die CDU zeigte am Tag nach dem Urnengang, wozu das führt. Mike Mohring, Spitzenkandidat in Thüringen, kann sich vorstellen, mit den Linken zu koalieren. Sie stellen seit 2015 mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten in Thüringen.

Mohrings Stellvertreter als Thüringens CDU-Chef, Mario Voigt, zeigte sich "höchst irritiert über die in den Medien verbreiteten Gesprächsangebote."

Es habe gute Gründe gegeben, vor der Wahl eine Koalition mit der Linken auszuschließen. "Das ist eine Partei, die den Sozialismus wieder einführen will", sagte Voigt.

Michael Heym kann sich Koalition mit der AfD vorstellen

Michael Heym, bisheriger Fraktions-Vize der CDU im thüringischen Landtag, konterte Mohrings Vorschlag ebenfalls und brachte seinerseits die AfD ins Spiel. Den Schulterschluss mit der rechtsgerichteten Kraft hatte Mohring im Wahlkampf stets ausgeschlossen.

Aus der Berliner Parteizentrale der CDU ertönt indes ein deutliches Nein zu beiden Varianten. CDU-Vize Julia Klöckner warnte: Die CDU werde überflüssig, wenn sie mit der Linkspartei oder der AfD koalieren würde. "Dann braucht es uns nicht mehr", sagte sie vor Gremiensitzungen.

Auch Unions-Mittelstandschef Carsten Linnemann (CDU) forderte: "Wir müssen endlich Haltung zeigen statt Beliebigkeit und davon schwadronieren, dass wir jetzt mit den Linken reden."

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sagte dem Sender RTL/n-tv: "Meine Position ist da klar: Es darf keine Koalition mit den Linken oder mit der AfD geben."

AKK erinnert an Beschluss des Parteitags der CDU aus dem Dezember 2018

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer wies auf einen entsprechenden Parteitagsbeschluss aus dem Dezember 2018 hin, als auch sie an der Spitze zur Erbin von Bundeskanzlerin Angel Merkel gewählt wurde.

Damals hatte die CDU erneut beschlossen, "Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland" abzulehnen.

Jenseits der AfD ist eine Regierungsbildung nur möglich, wenn Union oder FDP mit den Linken kooperieren - also entweder doch eine Koalition eingehen oder aber eine Minderheitsregierung dulden.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD, die zur zweitstärksten Kraft in Thüringen aufstieg, schließen alle anderen Parteien aus.

Linke erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland

Die Linke war bei der Wahl erstmals in einem Bundesland stärkste Kraft geworden. Für die bisherige rot-rot-grüne Koalition reicht es wegen der Schwäche von SPD und Grünen nicht mehr.

Die CDU, seit 1990 stets stärkste Partei, stürzte auf das schlechteste Ergebnis der Landesgeschichte und landete hinter der AfD auf Platz drei.

Nach dem vorläufigen Ergebnis verbesserte sich die Linke auf 31,0 Prozent (2014: 28,2), das beste Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt.

Die CDU sackte auf 21,8 Prozent (33,5). Die AfD, die in Thüringen vom Wortführer des rechtsnationalen Flügels, Björn Höcke, geprägt wird, sprang auf 23,4 Prozent (10,6).

Die SPD rutschte auf den neuen Tiefstand von 8,2 Prozent (12,4). Die Grünen lagen bei 5,2 Prozent (5,7).

Die FDP übersprang mit 5,0005 Prozent (2,5) die Fünf-Prozent-Hürde wohl um gerade mal fünf Stimmen, wie es von der Landeswahlleitung unter Berufung auf das lediglich vorläufige Ergebnis hieß. Das Endergebnis wird kommende Woche erwartet. (hau/dpa)

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