Kanzlerin Angela Merkel erkennt die Flüchtlingskrise als das dominierende Thema der jüngsten Landtagswahlen an, sieht aber trotz schlechter Ergebnisse keinen Grund für einen Kurswechsel. Einige Unionspolitiker, allen voran die CSU, sehen das anders. Doch obwohl die Wahlergebnisse ihnen in die Hände spielen, befindet sich Merkel nach wie vor in einer sicheren Position.
Lange musste die Öffentlichkeit auf eine Reaktion von Bundeskanzlerin
Eines der Themen: die Gründe für die Niederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, dem einstigen CDU-Stammland.
Merkel sprach von einem schweren Tag für die CDU und räumte ein, dass die ungelöste Flüchtlingskrise die Wahlen "sehr stark bestimmt" habe.
Zu diesem Schluss war zuvor schon CSU-Chef
Merkel hält an ihrem Kurs fest
Bestärkt von den Ergebnissen vom Sonntag forderte er Merkel erneut zu einem Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik auf und warnte, ein Weiter-so könne dazu führen, dass bei der nächsten Bundestagswahl 2017 mit einer erstarkten AfD auch keine große Koalition mehr möglich sein könnte.
Sein Parteifreund Hans-Peter Friedrich, stellvertretender Unionsfraktionschef im Bundestag, wurde in seiner Kritik noch deutlicher: "Das Wählervotum ist eine klare Stellungnahme zu einer verfehlten Flüchtlingspolitik der Bundesregierung."
Die Kanzlerin bringen solche Aussagen aber offenbar nicht ins Wanken. Sie machte am Montag deutlich, dass sie an ihrer Flüchtlingspolitik festhalten wolle und richtete wiederum deutliche Worte an Seehofer: Das schlechte Abschneiden ihrer CDU liege auch an den Spannungen zwischen CDU und CSU.
"Diese Differenzen sind für die Wähler der Union schwer auszuhalten." Schwer auszuhalten sind sie wohl auch für Merkel selbst - und es besteht wenig Hoffnung, dass sie bald beigelegt werden. "Der Konflikt mit der CSU in dieser Frage wird bestehen bleiben", ist sich der Politikberater Florian Hartleb sicher.
Ebenso sicher ist sich Hartleb aber auch, dass der Druck seitens der CSU nicht zu einem Kurswechsel der Kanzlerin führen wird. "Denn Merkel hat innerhalb ihrer eigenen Partei, der CDU, genügend Rückhalt, um wie bisher weitermachen zu können", so Hartleb im Gespräch mit unserer Redaktion.
Zudem gebe es neben Seehofers Interpretation auch andere Deutungen der Wahlergebnisse. Am Ende werde in der CDU die Lesart überwiegen, "dass die Wahlen kein Plebiszit gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin waren".
Abwahl der Kanzlerin nicht vorstellbar
Zwar sei Merkel, so Hartleb weiter, als Parteivorsitzende geschwächt - allein schon durch die Tatsache, dass die Zahl der Ministerpräsidenten, die die CDU derzeit stellt, nach den Wahlen überschaubar bleibe, und somit auch der Einfluss der Union im Bundesrat.
Eine Abwahl Merkels sei jedoch nicht vorstellbar, zumal mit Julia Klöckner eine potenzielle Nachfolgerin durch ihre Wahlniederlage in Rheinland-Pfalz gerade an Boden verloren habe.
Ähnlich sieht das auch der Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter. "Angela Merkel sitzt fest im Sattel. Niemand wird ernsthaft den Aufstand gegen sie wagen", sagte er der "Passauer Neuen Presse".
Dass eine Abwahl Merkels so gut wie ausgeschlossen ist, hat laut dem Politologen Wolfgang Seibel auch noch einen weiteren Grund: Die SPD würde einen solchen Wechsel im Kanzleramt nicht unterstützen, sagte er der "Main-Post".
Und selbst wenn Merkel die Vertrauensfrage stellen würde - was sie am Montag ausgeschlossen hat - würde eine Ablehnung voraussetzen, "dass der Koalitionspartner SPD von der Fahne geht".
Das könne man sich gegenwertig schon deshalb nicht vorstellen, weil die SPD sich nicht einig wäre, wen sie als Kanzlerkandidaten in einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf führen sollte.
Seibel sagte auch, dass Merkels parteiinterne Kritiker zwar lauter seien als ihre Befürworter, aber nicht in der Überzahl. Nach wie vor genieße die Kanzlerin große Unterstützung. "Schließlich ist man in der CDU nicht wenig stolz darauf, dass die Parteivorsitzende auch international ein enormes Ansehen genießt."
Der nächste internationale Termin steht für Merkel schon in dieser Woche an: Am 17. und 18. März wird es erneut einen EU-Gipfel mit der Türkei zur Flüchtlingskrise geben.
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