Vor allem die Ampel-Parteien wurden bei der Europawahl abgestraft. Der prognostizierte Rechtsruck ist eingetreten. Die AfD wurde zweitstärkste Kraft und konnte vor allem junge Menschen überzeugen. Aber auch die Kleinpartei Volt hat bei den U-30-Wählenden abgestaubt. Doch wofür steht die paneuropäische Partei eigentlich?

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"Das Ergebnis zeigt, dass wir jetzt etabliert und eine ernst zu nehmende Kraft sind", erklärt Damian Boeselager im Gespräch mit unserer Redaktion. Auf beachtliche 2,6 Prozent kam seine Partei.

Bislang war Damian Boeselager, hier beim Wahlkampf in Bukarest, der einzige EU-Abgeordnete von Volt. © IMAGO images/Pond5 Images/llccvv

Boeselager saß bislang als einziger Abgeordneter der paneuropäischen Partei Volt im Europaparlament. Nach dieser Europawahl werden es fünf Volt-Abgeordnete sein. Drei aus Deutschland, zwei aus den Niederlanden. Auch Boeselager ist wieder dabei.

Bei der jetzigen Europawahl trat die Partei mit der Forderung auf, die EU zu einem Bundesstaat auszubauen, Vetorechte der EU-Mitgliedstaaten abzuschaffen, die Energieversorgung bis 2035 komplett auf Ökoenergie umzustellen und die Seenotrettung von Migranten zu entkriminalisieren.

Vorläufiger Höhepunkt: Vor allem bei jungen Wählern punktete die Bewegung – in der Altersgruppe 16 bis 25 erreicht sie nach Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen sogar 9 Prozent.

Nela Riehl ist als Listenplatz Zwei ebenfalls ins EU-Parlament eingezogen. © IMAGO images/Funke Foto Services

Volt ist europaweit organisiert

Anders als bei anderen Parteien gehören die niederländischen Volt-Kollegen nicht nur der gleichen Parteienfamilie an. Nein, sie gehören tatsächlich zur selben Partei. Grund dafür ist die paneuropäische Ausrichtung.

Das bedeutet: Volt hat in allen europäischen Staaten sogenannte Chapter. Sie teilen sich ein Grundsatzprogramm, das sich auf die Belange der einzelnen Länder anpassen lässt.

Manche Punkte, wie etwa das Thema Kernkraft führen zu breiten Debatten innerhalb der europäischen Partei, schließlich steht Deutschland mit seiner ablehnenden Haltung recht einsam da.

Das bedeutet auch für die deutschen Volt-Mitglieder: Sie müssen sich dem europäischen Willen beugen. Einmal im Jahr treffen sie sich zudem auf einem gemeinsamen Parteitag, der General Assembly.

Boeselager stimmt Ergebnis der unter 30-Jährigen mutig

"Es freut mich, dass wir uns mit unserem positiven Wahlkampf, der Bock auf Europa machen sollte, gegen die anderen Parteien durchsetzen konnten", sagt Boeselager.

Gerade das Ergebnis der unter-30-Jährigen zeige, dass die Strategie viel an Schulen und dorthin zu gehen, wo junge Menschen sind, funktioniert habe, fährt er fort. Der Plan sei auch gewesen, der AfD bei jungen Menschen zumindest ein paar Stimmen abzugraben.

Mit etwa neun Prozent liegt die Partei bei den Jungen gleichauf mit der SPD und vor FDP und Linken. "Uns war es wichtig, mit einer positiven Vision eine Alternative zu den Altparteien zu bieten", stellt Boeselager klar. Volt habe Mut machen wollen.

Spitzenkandidatin Riehl fordert mehr Diversität in Europa

So sieht es auch Listenplatz zwei, Nela Riehl. Sie ist die einzige Schwarze Spitzenkandidatin in Deutschland und stellt im Gespräch mit unserer Redaktion klar: "Ich will kein Token sein, das darf jetzt nur der Anfang sein."

Das meint: Weder Volt noch andere deutsche Parteien sollen sich darauf ausruhen, eine Schwarze Frau nach Europa zu schicken.

Sie habe direkt nach der Wahl das Feedback bekommen: Riehl macht Mut. Und sie freut sich, dass sowohl die Arbeit der freiwilligen Wahlkämpfer belohnt, als auch ihr Vertrauen entgegengebracht wurde.

"Viele kamen auf mich zu und meinten, es gebe ihnen Hoffnung. Ich sei ein Vorbild. Und das in einer Zeit, in der wir mit einem Rechtsruck zu kämpfen haben", fasst Riehl zusammen. Diese Wahl zeige auch: Es gibt Menschen, die Hoffnung haben für Europa, die für einen diversen und modernen Staatenbund einstehen wollen.

Das Kernanliegen der Partei: Europa europäischer und demokratischer machen.

Volt fordert etwa ein neues Bildungssystem, eine solidarische Gesellschaft und eine klimaschützende Wirtschaft. Laut einer Auswertung europäischen NGOS, etwa dem WWF und dem BUND, hat Boeselager als Volt-Abgeordneter zu 100 Prozent klimafreundlich abgestimmt.

Grundlage der Auswertung war das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten über 30 EU-Gesetzesvorhaben für Klima- und Umweltschutz.

Welcher Gruppe sich Volt anschließen wird, bleibt abzuwarten

In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Parteigründer der Gruppe der Grünen angeschlossen. In fünf Ausschüssen saß Boeselager bislang. Verhandelte über Verfassungsfragen, Asyl- und Migrationspolitik, den Haushalt und Wirtschaft, sowie Belange von Industrie und Energie.

In welcher Gruppe sich Volt nach dieser Wahl einsortieren wird, bleibt abzuwarten. Schließlich schwankten Boeselager und seine Partei bereits 2019 zwischen der Grünen-Gruppe und den europäischen Liberalen. Letztlich hatte sich Boeselager damals für die Grünen entschieden, weil ihm dort die meisten Möglichkeiten eröffnet wurden, es am besten gepasst hat.

Auch für Riehl gehe die Arbeit jetzt richtig los, nicht nur für Volt-Politik, sondern auch dafür, die Tür offenzuhalten, für weitere Abgeordnete aus der BIPOC-Community (Anm. d. Red.: BIPOC bezieht sich auf Schwarze, Indigene und People of Color).

Mutig stimme auch sie die Prozentzahl der U-30-Wähler. Sie hätten sich für die Zukunft entschieden, meint Riehl. Zeitgleich sei ein massives Mitgliederwachstum zu beobachten.

"Das zeigt, es gibt total viele Menschen, denen Klimapolitik und Demokratie in Europa wichtig sind", fasst Riehl zusammen und fügt mit Blick auf die kommende Zeit an: "Für mich als Nela bedeutet das, jetzt mit Sack und Pack, Kindern und Mann nach Brüssel ziehen. Hinein in ein neues Leben."

Verwendete Quelle

dpa

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