Rund eine Woche nach der Europawahl sollte Ursula von der Leyen eine weitere Hürde auf dem Weg zu einer zweiten Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin nehmen. Doch die Rechnung ging nicht auf.

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Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder haben sich bei einem Gipfeltreffen in Brüssel nicht abschließend auf die Neubesetzung von EU-Spitzenposten einigen können. Das sagte Ratspräsident Charles Michel in der Nacht zu Dienstag. Ursula von der Leyen kann sich damit noch nicht ganz sicher sein, ob sie von den Staats- und Regierungschefs für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin nominiert wird.

Ende nächster Woche kommen die Staats- und Regierungschefs zu einem weiteren Gipfel zusammen. Bei ihm soll erneut über die Spitzenposten beraten werden.

"Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Einigung", sagte Michel, der das Amt des Ratspräsidenten nach fünf Jahren abgibt. Beim Gipfel am 27. und 28. Juni werde es "mehr Klarheit" geben, versprach der Belgier, der die Treffen der Staats- und Regierungschefs vorbereitet und leitet.

Weg für von der Leyen frei?

Allerdings scheint der Weg für von der Leyen frei zu sein: Der kroatische Regierungschef Andrej Plenkovic sagte, er habe keine Stimme gehört, die ihre Bewerbung in Frage gestellt hätte. Eine Reihe von Staats- und Regierungschefs bescheinigten der CDU-Politikerin öffentlich, in den vergangenen fünf Jahren einen "sehr guten Job" gemacht zu haben - darunter auch solche, die nicht ihrem politischen Lager angehören.

Während die 65-Jährige damit auf grünes Licht der Mitgliedsländer für eine zweite Amtszeit hoffen kann, wurde überraschend um den Posten des EU-Ratspräsidenten gefeilscht. Die Sozialdemokraten hatten dafür den früheren portugiesischen Regierungschef António Costa vorgeschlagen. Nach Angaben aus mehreren Delegationen erhoben die konservativen Staats- und Regierungschefs nun ebenfalls Anspruch auf das Amt - zumindest für die Hälfte der fünfjährigen Legislatur.

Präsidentschaft der EU-Kommission die mit Abstand wichtigste Position

Die bürgerlich-konservative EVP war bei der Europawahl Anfang Juni vor den Sozialdemokraten und den Liberalen die mit Abstand stärkste politische Kraft geworden. Daher galt es als wahrscheinlich, dass ihre Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen weitere fünf Jahre Präsidentin der EU-Kommission bleiben kann.

Die Präsidentschaft der EU-Kommission gilt als die mit Abstand wichtigste Position, die nach der Europawahl neu zu besetzen ist. Der Amtsinhaber ist Chef von rund 32.000 Mitarbeitern, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt er bei fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentant mit am Tisch.

Zu dem Personalpaket gehört neben dem Kommissionsvorsitz und dem Ratschef-Posten auch die Besetzung des Amtes des Außenbeauftragten der EU. Für letzteres gilt die estnische Regierungschefin Kaja Kallas als Favoritin.

Verstärkte qualifizierte Mehrheit gesucht

Notwendig für die Entscheidung im Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten ist eine sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit. Das heißt, es mussten mindestens 20 der 27 EU-Staaten zustimmen und diese müssen zudem mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU repräsentieren.

Derzeit gehören im Europäischen Rat ein Dutzend Staats- und Regierungschefs den Mitgliedsparteien des Mitte-Rechts Bündnisses EVP an. Danach folgen die Gruppe der Liberalen, zu den insbesondere Frankreichs Präsident Macron zählt, und die der sozialdemokratischen Staats- und Regierungschefs mit Politikern wie Bundeskanzler Scholz. (dpa/afp/mbo)

EU-Topjobs: Bleibt von der Leyen Kommissionspräsidentin?

Bei einem Sondergipfel beraten die EU-Staats- und Regierungschefs am Abend über die Vergabe der Spitzenposten nach den Europawahlen. Dabei geht es um eine zweite fünfjährige Amtszeit für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
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