Ein politisches Erdbeben sieht anders aus. Die Machtverhältnisse in Österreich bleiben auf den ersten Blick wie gehabt. ÖVP und SPÖ sind bei der EU-Wahl vorn. Eigentliche Gewinner sind FPÖ und Grüne.
Wien (dpa) - Die konservative ÖVP ist in Österreich trotz Verlusten stärkste Kraft bei der Europawahl geblieben. Die Partei erreichte laut Hochrechnungen 27,4 Prozent der Stimmen (2009: 30 Prozent). Die sozialdemokratische SPÖ kam mit 23,8 Prozent auf fast das gleiche Ergebnis wie vor fünf Jahren. Deutlich zugelegt hat demnach die rechte FPÖ, die mit 19,5 Prozent ein Plus von 6,9 Punkten erzielte. Auch die Grünen legten laut Hochrechnungen zu. Sie feierten mit 15,1 Prozent (2009: 9,9 Prozent) ein Rekordergebnis. Die liberalen Neos, als neue Partei erstmals dabei, erzielten demnach 7,9 Prozent.
Der FPÖ kam laut Analysen die Rückkehr von Protestwählern zugute, die 2009 den unabhängigen Kandidaten Hans-Peter Martin zur drittstärksten Kraft gemacht hatten. Diesmal war Martin nicht wieder angetreten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache haderte mit der niedrigen Wahlbeteiligung von 44,8 Prozent (2009: 46 Prozent), die ein besseres Ergebnis verhindert habe. Die FPÖ war angetreten, der rot-schwarzen Regierung in Wien einen "Denkzettel" zu erteilen.
Doch ein Rechtsruck sei ausgeblieben, sagte der Politikberater Thomas Hofer. Das Lager der Euroskeptiker und Protestwähler sei im Vergleich zur Wahl 2009 eher kleiner geworden. Die große Koalition sei mit einem "leicht blauen Auge" davongekommen, sagte Hofer.
ÖVP und SPÖ zeigten sich mit dem Wahlausgang zufrieden. Die ÖVP profitierte laut Befragungen von der Zugkraft ihres Spitzenkandidaten Othmar Karas. Die SPÖ hatte mit dem ehemaligen Fernsehjournalisten Eugen Freund als Spitzenkandidaten auf einen Quereinsteiger gesetzt. Die Grünen, die bei der vergangenen Nationalratswahl eigene Wahlziele noch deutlich verpasst hatten, sehen sich im Aufwind. "Ich freue mich riesig", sagte Parteichefin Eva Glawischnig. Viele Wähler hätten den Kurs der Grünen zum Klimaschutz, zur Asylpolitik und zum Freihandelsabkommen unterstützt.
Die Neos, erst vor eineinhalb Jahren gegründet, ziehen aller Voraussicht nach mit einem Mandat ins EU-Parlament. Insgesamt stellt Österreich 18 Abgeordnete.
Stimmenverteilung der Parteien:
ÖVP: 27,4 Prozent (-2,4 Prozent)
SPÖ: 23,8 Prozent (+0,1 Prozent)
FPÖ: 19,5 Prozent (+6,9 Prozent)
Grüne: 15,1 Prozent (+5 Prozent)
NEOS: 7,9 Prozent (+7,9 Prozent)
Sonstige: 6,4 Prozent
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