Ausgerechnet die Kanzlerpartei tut sich am schwersten mit der Aufstellung ihres Kanzlerkandidaten. Mit bis zu 19 Prozentpunkten Rückstand startet Olaf Scholz nun in den Wahlkampf.
Aus einer äußerst schwierigen Ausgangslage startet die SPD mit Bundeskanzler
Der Entscheidung der Parteispitze ging eine zähe Debatte über
Mit Mützenichs "Grummeln" begann die Debatte
Die SPD-Spitze hatte sich zwar schon früh hinter Scholz gestellt, nach der Entscheidung für eine Neuwahl am 23. Februar aber zunächst darauf verzichtet, ihn als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Mit einer Äußerung von SPD-Fraktionschef
Am Donnerstagabend erklärte Pistorius dann in einem dreiminütigen von der SPD verbreiteten Video den Verzicht auf eine Kandidatur, auf die er nie öffentlich Anspruch erhoben hat. "Soeben habe ich unserer Partei- und Fraktionsspitze mitgeteilt, dass ich nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers", sagte er. "Das ist meine souveräne, meine persönliche und ganz eigene Entscheidung."
Pistorius: "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler"
Pistorius sprach sich dafür aus, mit Scholz an der Spitze in die Wahl zu gehen. "Olaf Scholz ist ein starker Kanzler und er ist der richtige Kanzlerkandidat." Er habe eine schwierige Koalition aus drei Parteien durch die vielleicht größte Krise der vergangenen Jahrzehnte geführt. "Olaf Scholz steht für Vernunft und Besonnenheit." Das sei in Krisenzeiten wie diesen besonders wichtig.
Pistorius hatte die Debatte in der SPD in den vergangenen Tagen zunächst laufenlassen. "In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht", sagte er erst am Montag. "Das Einzige, was ich definitiv ausschließen kann, ist, dass ich noch Papst werde."
Nun ist der Weg für Scholz' Nominierung als Kanzlerkandidat frei. Der 66-jährige Hamburger erhob schon im Juli Anspruch darauf. "Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden", sagte er damals. In den vergangenen Tagen wiederholte er das nicht so klar - offensichtlich um nicht den Eindruck zu vermitteln, er wolle sich selbst küren.
Parteivorstand nominiert Scholz am Montag
Die Nominierung soll am Montag in der regulären Sitzung des Parteivorstands erfolgen. Bereits am Donnerstagabend schalteten sich die Vorstandsmitglieder digital zusammen. In der niedersächsischen Landesvertretung kamen gleichzeitig die SPD-Ministerpräsidenten zunächst mit Scholz zusammen, anschließend stieß die Parteispitze hinzu.
"Wir wollen mit Olaf Scholz in die nächste Wahlauseinandersetzung gehen", sagte der Parteivorsitzende
Erste Feuerprobe des designierten Kandidaten schon heute
Nach der Nominierung durch den Parteivorstand mit seinen 34 Mitgliedern wird am 11. Januar noch der Parteitag über die Kanzlerkandidatur abstimmen. Normalerweise ist das Formsache. Die erste offizielle Präsentation des Kandidaten soll schon früher stattfinden: bei einer "Wahlsiegkonferenz" am 30. November in Berlin. Eine Generalprobe dafür absolviert Scholz bereits heute: Er tritt auf einem SPD-Kongress vor Kommunalpolitikern auf. Auch Klingbeil wird dort erwartet.
SPD braucht extreme Aufholjagd für Erfolg
Scholz muss jetzt sehr schnell in den Wahlkampfmodus schalten. Wenn er wiedergewählt werden will, muss er eine extreme Aufholjagd hinlegen. In den Umfragen liegt die SPD aktuell mit Werten zwischen 14 und 16 Prozent noch hinter der AfD mit 17 bis 19 Prozent und weit hinter der Union mit Kanzlerkandidat
Scholz hatte kürzlich in der "Süddeutschen Zeitung" an die Bundestagswahl 2021 erinnert, vor der manche die SPD schon in aussichtsloser Lage wähnten. "Die Zuverlässigkeit solcher Umfragen ist überschaubar, wie die letzte Bundestagswahl gezeigt hat, auch wenn das manche schnell vergessen haben." Die SPD lag damals zweieinhalb Monate vor der Wahl ebenfalls weit hinter der Union - bis zu 16 Prozentpunkte. Doch dann fiel Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet ein Lacher im Flutgebiet auf die Füße und die Stimmung drehte sich. Bei der Wahl holten die Sozialdemokraten schließlich 25,7 Prozent der Stimmen und Scholz wurde Kanzler der ersten Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene.
Vierkampf um das Kanzleramt
Mit der Entscheidung für Scholz ist die Riege der Kanzlerkandidaten und -kandidatinnen nun quasi komplett. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik sind es vier:
- Als erste Parteien hatten CDU und CSU den Unionsfraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz (CDU), im September überraschend geräuschlos zu ihrem Spitzenmann für den Wahlkampf gekürt.
- Die Grünen stellten am vergangenen Wochenende Robert Habeck (55) auf. Im ARD-Deutschlandtrend gewann die Partei prompt zwei Prozentpunkte hinzu und zog mit der SPD gleich.
- Erstmals zieht die AfD mit einer Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf. Parteichefin Alice Weidel soll am 8. Dezember vom Parteivorstand nominiert werden.
Lindner: "Da wissen die Menschen, was sie bekommen"
Mit am schnellsten äußerte sich am Abend der frühere, von Scholz entlassene Finanzminister Christian Lindner zur Entscheidung der K-Frage der SPD. "Es ist mir recht, wenn Herr Scholz der Kanzlerkandidat der SPD ist. Da wissen die Menschen, was sie bekommen. Und was nicht: #Wirtschaftswende."
Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte dem Berliner "Tagesspiegel", Scholz gehe aus dem Machtkampf zwar als Sieger, aber "katastrophal beschädigt" hervor. "Es ist deutlich geworden, dass große Teile der Partei und der Fraktion Olaf Scholz nicht weiter folgen wollen und ihm keinen Wahlsieg mehr zutrauen." (dpa/bearbeitet von phs)
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