Am Tag nach der Bundestagswahl herrscht Ratlosigkeit bei den Parteien: Was hat uns der Wähler da angetan? Einzig die Union kann sich zurücklehnen und dem nächsten Partner die Bedingungen diktieren. Doch will überhaupt noch jemand mitmachen? Alle anderen Parteien sind ihrer bisherigen Bündnisoptionen beraubt. Es wird Zeit, über neue Konstellationen nachzudenken.

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Die Sozialdemokraten stecken nach der Wahl in der Falle. Wollen sie sich nach den Erfahrungen mit der letzten Großen Koalition wirklich noch einmal in ein Bündnis mit der Union begeben? Schließlich war die Wahrnehmung in der Partei so, dass die Genossen die Kohlen aus dem Feuer geholt hätten und Merkel dann die Früchte ihrer (der sozialdemokratischen) Arbeit genießen konnte. Man denke nur an die Finanzkrise zurück, die der spätere Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mit großem Mut managte. Doch in der kollektiven Erinnerung bleibt Merkel als die Retterin des Euro haften.

Würde die SPD erneut eine Große Koalition eingehen, droht ihr eine inhaltliche Spaltung. Weite Teile des linken Flügels rebellieren schon jetzt offen gegen eine erneute Regierungsbeteiligung unter einer Kanzlerin Merkel, die die Partei endgültig marginalisieren könnte. Es müssen also andere Optionen her - und eine liegt klar auf der Hand.

Die rot-rot-grüne Option

Nicht erst seit Willy Brandt hält sich die These von der "strukturellen Mehrheit links der Mitte". Und diese Mehrheit ist real: Nicht nur der neu gewählte, sondern auch bereits der vorletzte Bundestag hatten rechnerisch eine rot-rot-grüne Mehrheit.

Doch es fehlen politische Akteure, die diese Mehrheit auch nutzen wollen. Sowohl SPD als auch Linkspartei werden sich langfristig inhaltlich aufeinander zubewegen müssen, wenn linke Politik in Deutschland eine Chance auf Regierungshandeln haben soll.

Auch ein Austausch des Personals wird vonnöten sein, bevor Bewegung in dieses Projekt kommen kann. SPD-Altvordere wie Frank-Walter-Steinmeier oder Steinbrück werden dann allerdings wohl schon lange im politischen Ruhestand sein. Vielleicht hat Ralf Stegner, SPD-Chef in Schleswig-Holstein, recht, wenn er sagt: "Ich glaube es wird der letzte Wahlkampf gewesen sein, wo wir sagen, mit denen oder jenen reden wir nicht."

Der dritte Partner in dieser Konstellation wären die Grünen - ebenfalls ein Wahlverlierer, aber einer mit einer weiteren Option.

Die schwarz-grüne Option

Es scheint nur natürlich, wenn CSU-Chef und doppelter Wahlsieger Horst Seehofer sagt, er habe "niemanden gehört, der mich aufgefordert hätte, mit den Grünen zu reden". Teilweise langjährige Feindschaften zwischen Politikern von Union und den Grünen lassen eine Zusammenarbeit unmöglich erscheinen.

Doch in Wahrheit sind die Gemeinsamkeiten in den vergangenen Jahren zahlreicher geworden - spätestens, seit die Union einige Positionen der Grünen übernommen hat. Der Atomausstieg mag das prominenteste Beispiel sein. Und die Milieus der beiden Parteien unterscheiden sich auch weniger als man denkt. Die meisten Grünen-Politiker stammen nicht nur aus bürgerlichen Familien, sondern die Partei hat auch die Mitgliedschaft mit dem höchsten Einkommen und dem besten Bildungsniveau. Kein Zufall wohl, dass auf der kommunalen Ebene schwarz-grüne Bündnisse schon hervorragend funktionieren.

Insbesondere den Grünen muss daran gelegen sein, die Möglichkeit Schwarz-Grün genauer auszuloten. Schließlich bricht die bislang als "natürlich" angesehene Option Rot-Grün einfach weg. Eine SPD, die um die 25 Prozent wabert, wird für lange Zeit nicht in der Lage sein, gemeinsam mit den Grünen einen Machtwechsel zu stemmen.

Wider die Politikverdrossenheit

Trauen sich die Parteien nicht, endlich die eingetretenen Pfade zu verlassen und mit neuen Koalitionen zu experimentieren, könnte sich die nächste Generation von Jungwählern schnell von der Politik abwenden. Eine neue Große Koalition würde Stillstand bedeuten und der politische Mehltau würde sich erneut über das Land legen. Schon wegen der drohenden nächsten Runde der Politikverdrossenheit muss die Ausschließeritis ein Ende haben.

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