Merz macht's. Der CDU-Parteichef bringt seinen Umfragevorsprung am Sonntagabend sicher ins Ziel: Seine Partei gewinnt die Bundestagswahl. Doch vom angekündigten "Rambo Zambo" in der Parteizentrale ist an diesem Abend wenig zu spüren.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Laura Czypull sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

"Wir haben diese Bundestagswahl gewonnen", sagt CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Sonntagabend im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale in Berlin. CDU und CSU hätten gut zusammengearbeitet und sich darauf vorbereitet, die Regierung zu übernehmen. So weit, so positiv.

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Doch Merz hätte sich diesen Sieg wahrscheinlich anders vorgestellt. Denn die Unionsparteien schneiden längst nicht so gut ab, wie es der CDU-Chef vorhergesagt hatte. Noch im Januar hatte er erklärt, er gehe davon aus, dass das Wahlergebnis "eher in der zweiten Hälfte der Dreißiger" liegen werde. Nun: nicht einmal über der 30er-Marke.

Die Unionsparteien kommen laut den Hochrechnungen zusammen auf 28,5 Prozent (Infratest dimap, Stand 6:00 Uhr). Trotzdem wird in der Parteizentrale gejubelt – wenn auch etwas verhalten. Vor den Kameras haben sich vor allem Mitglieder der CDU-Jugendorganisation Junge Union (JU) versammelt. Die restlichen Mitglieder stehen verteilt in der sechsstöckigen Parteizentrale.

Umringt von der gesamten Parteispitze sagt Merz: "Ich weiß um die Verantwortung." Und: "Ich weiß, dass es nicht einfach werden wird." Das Land könne sich aber nun keine langwierige Regierungsbildung leisten: "Die Welt da draußen wartet nicht auf uns." Das hatte Merz bereits Tage vor der Bundestagswahl klargemacht. Er will eine geräuschlose und schnelle Sondierung und Koalitionsverhandlung. Am liebsten mit nur einer Partei.

Die CDU-Parteispitze
Auch wichtige Ministerpräsidenten jubeln Merz zu. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS/Martin Meissner

Koalitionsverhandlungen könnten schwierig werden

CDU/CSU fahren an diesem Abend das zweitschlechteste Ergebnis in der Parteigeschichte ein – nach der Bundestagswahl 2021 (24,1 Prozent). Trotzdem will Merz ein Kanzler für "die Mehrheit der Menschen in diesem Lande" sein, wie er am Vorabend der Wahl in München verkündete. Links sei vorbei, "es gibt keine linke Mehrheit mehr", rief er in die jubelnde Menge.

Doch eine Mehrheit hat auch die Union nicht. Eine Koalition zu bilden, wird gar nicht so einfach, denn laut den Hochrechnungen ist vieles möglich. Bei 630 Sitzen im Bundestag hätte eine Koalition eine Mehrheit ab 316 Sitzen. Mit der AfD für es für die Union problemlos reichen. Das ist aber ausgeschlossen, wie Merz nicht müde wird zu betonen. Mit der SPD käme die Union auf eine knappe Mehrheit. Mit den Grünen hingegen würde die Mehrheit knapp verfehlt.

Deutschland hat gewählt: Friedrich Merz wird aller Voraussicht nach der nächste Bundeskanzler. Was erwarten Sie von seiner Kanzlerschaft und der kommenden Bundesregierung?

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Ministerpräsidenten um demonstrativen Applaus bemüht

Friedrich Merz bekommt an diesem Abend trotzdem den Zuspruch seiner Partei. Auch wichtige Ministerpräsidenten applaudieren und strahlen. Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen oder Daniel Günther aus Schleswig-Holstein klatschen im Takt, jubeln Merz zu. Wüst wurden selbst vor wenigen Monaten noch Ambitionen auf das Kanzleramt nachgesagt, Günther sieht den stramm konservativen Kurs von Merz kritisch.

Im Vorfeld kündigte Merz bereits "Rambo Zambo" in der Parteizentrale an. Das wiederholt er auch am Sonntagabend – besonders glücklich blicken aber vor allem die Jubler aus der JU drein. "Jetzt darf auch mal Rambo Zambo im Adenauer-Haus sein. Heute Abend feiern wir. Und ab morgen früh wird gearbeitet", sagt Merz. Auf der Wahlparty wird man dennoch das Gefühl nicht los, dass sich viele mehr erhofft hatten. Die CDU weiß noch nicht, wie sie mit den vorerst ausbleibenden 30 Prozent umgehen soll.

Denn während es auf anderen Wahlpartys nicht an Musik und Konfetti fehlt, zieht sich die Parteispitze direkt nach Merz' Rede in die Hinterzimmer zurück – die JU und andere Parteimitglieder verteilen sich ebenfalls größtenteils über die von der Presseöffentlichkeit abgetrennten Bereiche.

Drinnen Jubel, draußen Demo

Während in der Parteizentrale also leise Sektkorken knallen, ist die Stimmung vor dem Adenauer-Haus eine andere. "Auf geht's, raus zu den Wählern", murmelt ein CDU-Mitglied. Womöglich mit Blick auf die angemeldete Demonstration. Rund 750 Menschen waren vor dem Adenauer-Haus erwartet worden. Gekommen sind laut Polizeiangaben circa 200. Nur eine kleine Menge verglichen mit den Demonstrationen der vergangenen Wochen.

Dieser Wahlsieg ist der vorläufige Höhepunkt eines Comebacks, für das Merz lange gekämpft hat. Die Hochrechnungen bestätigen, was er angekündigt hatte: Es ist eine Schicksalswahl. Deutschland hat sich für Friedrich Merz entschieden.

Verwendete Quellen

  • Besuch der CDU-Wahlparty
  • dpa
  • Anfrage an die Polizei Berlin
  • Rede Friedrich Merz am Vorabend der Wahl in München