Deutschlands Wähler entscheiden über die künftigen Machtverhältnisse im Bundestag. Nach einem teils polarisierenden Wahlkampf gibt es mancherorts einen deutlich stärkeren Andrang in den Wahllokalen.
Die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl ist laut Prognosen von ARD und ZDF auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung gestiegen. Laut Schätzungen des Instituts Infratest dimap für die ARD am Sonntag lag sie bei 84 Prozent, die Forschungsgruppe Wahlen gab für das ZDF einen Wert von 83 Prozent an. Höher war die Wahlbeteiligung mit 84,3 Prozent zuletzt 1987.
Bei der letzten Bundestagswahl vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 76,4 Prozent, also etwa sieben bis acht Prozentpunkte niedriger als nun laut Prognosen erwartet. Eine hohe Wahlbeteiligung hatte sich laut Zwischenständen der Bundeswahlleitung bereits den Sonntag über abgezeichnet.
Aussagen im Hinblick auf die Entwicklung der Gesamtwahlbeteiligung sind daher schwierig. Bundesweit hatte diese 2021 am Ende - nach einer Teilwiederholung in Berlin - bei 76,4 Prozent gelegen.
Mehr als 59 Millionen Menschen sind wahlberechtigt, die Wahllokale waren bis 18:00 Uhr geöffnet. Unmittelbar danach werden wie üblich Prognosen zum Wahlausgang erwartet.
Mehrere Bundesländer melden starken Anstieg der Wahlbeteiligung
Mehrere Bundesländer meldeten für die ersten Stunden der Wahl eine deutlich höhere Beteiligung. In Thüringen gaben bis 14:00 Uhr nach Angaben des Landeswahlleiters 59,2 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab – gegenüber nur 34,5 Prozent bei der Bundestagswahl 2021. Briefwählerinnen und Briefwähler sind dabei nicht eingerechnet. Auch in Sachsen-Anhalt ging es nach oben, die Beteiligung in den Wahllokalen lag bis zum Nachmittag bei 52,6 Prozent (2021: 36,7 Prozent).
In Nordrhein-Westfalen zeichnete sich in acht ausgewählten Kommunen eine "tendenziell" höhere Wahlbeteiligung als 2021 ab. In Niedersachsen stimmten bis 12.30 Uhr etwa 42,9 Prozent der Wahlberechtigten in den Wahllokalen ab, wie die Landeswahlleitung in Hannover mitteilte. Das sind gut sechs Prozentpunkte mehr als bei der vorherigen Wahl. Noch etwas stärker fiel der Anstieg in Berlin aus, dort lag die Beteiligung um 12.00 Uhr bei 33 Prozent - gegenüber 25,4 Prozent beim letzten Mal. In Rheinland-Pfalz dagegen wurde bis zum Mittag eine Beteiligung etwa auf dem Niveau von 2021 gemeldet, in Schleswig-Holstein lag die Beteiligung bis 14.00 Uhr etwas niedriger als 2021.
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