Am 31. März startete die heurige Wahlfahrtssaison mit einem höchst unterschiedlichen Pärchen. Hanno Settele chauffierte Irmgard Griss und Richard Lugner in seinem Mercedes Oldtimer zur Hofburg und nutze die Fahrzeit, um den beiden Präsidentschaftskandidaten auf den Zahn zu fühlen.
Genauso verschieden wie man es sich erwarten würde, fielen die Interviews mit Irmgard Griss und
Griss verzichtet auf Floskeln
Sie betonte, dass sie Themen lieber auf einer seriösen Ebene bespreche, jedoch ganz und gar nicht humorlos sei. Diese Ehrlichkeit kam Griss während der gesamten Fahrt nicht abhanden. Sie griff nicht auf abgedroschene Floskeln zurück und gab persönliche Details Preis. Eine interessante Entscheidung traf die Präsidentschaftskandidatin gleich am Anfang der Fahrt, als ihr drei Bilder mit ihrem Konterfei gezeigt wurden, die sie in verschiedenen Situationen zeigten. Sie sollte eines davon auswählen und entschied sich für jenes, auf dem sie mit gefalteten Händen abgebildet war.
Auf die Frage hin, ob sie Agnostikerin sei antwortete sie mit einem klaren Statement: "Nein, ich bin katholisch". Sie vertraut also auf den "Beistand von oben". Auch sonst gab es persönliche Einblicke von Irmgard Griss. Sie plauderte offen darüber, dass Unordentlichkeit ihre schlechteste Eigenschaft sei und sie die Organisation ihrer Wahlkampftour lieber ihrer Crew überlasse und sich eher auf das Inhaltliche konzentriere.
Lugner ist deutlich entspannter
Richard Lugner begegnete der recht ungewöhnlichen Interviewsituation sichtlich entspannter. Bekanntlich zählt ja das Scheinwerferlicht zu seinem engeren Freundeskreis. Und nachdem von seinem Privatleben sowieso nicht viel übrig bleibt, das im Verborgenen liegen könnte, plauderte der 83-Jährige entspannt über sein Leben und seine Pläne als potenzieller Bundespräsident. Die Antwort auf die Frage, warum er sich überhaupt für eine Kandidatur entschieden habe, ist eine, die man sich von einem künftigen Staatsvertreter eher nicht erwarten würde. Aber nachdem Richard Lugner nicht unbedingt dafür bekannt ist, auf Konventionalität zu setzen, ist auch der Auslöser für seinen Präsidentschaftswunsch recht eigenwillig.
Die Tageszeitung "Österreich" habe ihn kontaktiert und gefragt ob er sich nicht für das Amt des Bundespräsidenten interessieren würde. Nach kurzem Überlegen habe er dann zugestimmt und somit war sein Einstieg in den Wahlkampf besiegelt.
Als es um das politische Eingemachte ging, war klar zu sehen, dass man sich nun im Milieu von Irmgard Griss befand. Fachwissen und eine professionelle Einschätzung ihrer Kompetenzen sind jene Bereiche, mit denen die Hofburganwärterin auftrumpfen kann. Sie betont, dass sich Österreich in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik auf europäischer Ebene einsetzen solle und seine Hausaufgaben zu erledigen hätte und meint damit mehr Klarheit in der Asylpolitik.
Sie befürworte, dass Asylanten, die über die Österreichische Grenze kommen registriert und erfasst werden sollen. Die Frage, ob Österreich das Problem auf eigene Faust lösen könne, brachte die Präsidentschaftskandidatin zum Lachen.
Heftige Kritik musste Griss 2014 als Leiterin der Untersuchungskommission zur Causa Hypo einstecken, als bekannt wurde, dass alle Gesprächsprotokolle vernichtet wurden. Die Frage, ob diese Kritik berechtigt sei, verneint Griss. Die Ergebnisse seien in einem Bericht verwertet worden und das Material einerseits aus Geheimhaltungsgründen, andererseits aus mangelnder Sinnhaftigkeit der Aufbewahrung vernichtet worden. Die Kritik aller Parlamentsparteien habe ihr aber gezeigt, wie die Politik in Österreich funktioniere.
Lugner: "Ich bin kein Blauer"
Auch ihr Konkurrent Lugner musste zu politischen Themen Stellung beziehen. Da seine Abneigung gegenüber den Regierungsparteien SPÖ und ÖVP der Einstellung seines Präsidentschaftskonkurrenten Norbert Hofer (FPÖ) gleicht, drängte sich die Frage auf, worin sich Lugner von jenem unterscheide. Er machte klar: "Ich bin kein Blauer". Dem Bauunternehmer ist es dennoch als wichtig, mit allen Parteien das Gespräch zu suchen.
Zum Thema Flüchtlingsproblematik betonte Lugner, dass er eine Obergrenze als ungesetzlich erachte und sie der Menschenrechtskonvention widerspreche. Auch sonst zeigte sich Lugner darauf Bedacht, politisch seriös zu wirken. Doch er sagte, dass man das Leben auch von der heiteren Seite sehen müsse.
Die Autofahrt endete für die beiden Kandidaten vor der Hofburg. Die Beantwortung der letzten Frage, was sie nach ihrem ersten Tag im Amt machen wollten, könnte die Unterschiedlichkeit der Hofburganwärter nicht besser unter Beweis stellen. Während Lugner auf eine repräsentative Autofahrt setzt, hält Griss auf eine programmatische Rede für angemessen.
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