Der Verfassungsgerichtshof hat die Stichwahl der österreichischen Bundespräsidentenwahl aufgehoben. Nun heißt es alles auf Anfang – neuer Termin, neuer Wahlkampf, neue Themen, neues Budget. Wir haben zusammengefasst, wie die nächsten Schritte aussehen und was bis zum Wahltermin im Herbst auf uns zukommt.

Mehr aktuelle News

Wann wird die neue Wahl stattfinden, gibt es schon einen Termin?

Die wohl wichtigste Frage ist jene nach dem Termin für die Neuauflage der Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl. Dieser hätte vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) festgelegt werden können, diese Aufgabe überließ man allerdings der Regierung.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat am Dienstag vorgeschlagen, die Stichwahl am 2. Oktober zu wiederholen. Dem Termin muss nun er Hauptausschuss des Nationalrats zustimmen. Das dürfte aber reine Formsache sein.

Wer ist bis dahin Bundespräsident von Österreich?

Der bisherige Bundespräsident, Heinz Fischer, scheidet mit 8. Juli aus seinem Amt. Eine Verlängerung seiner Amtszeit ist nicht möglich. Deshalb übernehmen mit diesem Tag die drei Nationalratspräsidenten die Agenden der Hofburg: die Vorsitzende Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ).

Dass Hofer gleichzeitig Präsidentschaftskandidat und dritter Nationalratspräsident ist, spielt verfassungsrechtlich keine Rolle. Eine schiefe Optik sieht der FPÖ-Kandidat dabei ebenso wenig. In Interviews betonte er, das Amt nicht zurücklegen zu wollen - er sei überparteilich genug und würde als Nationalratspräsident nur zurücktreten, wenn er gegen die Verfassung verstieße. In dieser ist so ein Fall aber nicht geregelt.

Kann das Interims-Präsidenten-Trio die Regierung entlassen?

Die drei Nationalratspräsidenten haben in der Vertretungsfunktion die gleichen Rechte wie das Staatsoberhaupt - könnten die Regierung also auch entlassen. Dazu muss es aber eine Mehrheit geben.

Ebenso müssen Gesetze von allen drei Vertretern unterzeichnet werden. Eine Auflösung des Parlaments ist somit sehr unwahrscheinlich.

Was bedeutet das Verbot, dass künftig Wahlergebnisse nicht mehr vor 17:00 Uhr bekannt gegeben werden dürfen?

Bisher war es in Österreich üblich, dass erste Auszählungsergebnisse ab 13:00 Uhr an Medienvertreter gegeben wurden, damit bei Wahlende um 17:00 Uhr eine erste Hochrechnung erfolgen konnte. Dieses Vorgehen wurde vom Verfassungsgerichtshof beanstandet und verboten.

Für den Wahltermin im Herbst wird das heißen, dass Ergebnisse erst spät am Abend oder gar erst am Morgen des nächsten Tages feststehen werden. Nach 17:00 Uhr dürfte das Innenministerium zwar Zahlen veröffentlichen, angesichts der Sensibilität des zweiten Wahlganges wird man aber besondere Vorsicht walten lassen.

Stimmt es, dass OSZE-Wahlbeisitzer bei der nächsten Wahl aufpassen werden?

Innenminister Sobotka (ÖVP) hatte das tatsächlich vorgeschlagen. Internationale Wahlbeisitzer der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sollten in jene 14 Bezirke entsendet werden, in denen die größten Unregelmäßigkeiten beanstandet wurden.

Diesem Vorschlag erteilten sowohl Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) als auch Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) eine Abfuhr. Solche Wahlbeisitzer seien für Krisenregionen in Afrika gedacht oder ganz junge Demokratien, nicht für Österreich.

Was wird der neue Wahlkampf kosten?

Derzeit kursieren dazu mehrere Zahlen. Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer beziffert die Kosten mit "wahrscheinlich zehn Millionen Euro". Acht Millionen Euro davon würden von den Gemeinden getragen werden müssen - aufgrund des großen Verwaltungsaufwandes.

Das Wahlkampfbudget der Kandidaten ist in dieser Summe noch nicht enthalten. Bisher hat keine Partei eines budgetiert. Sowohl Norbert Hofer als auch Alexander Van der Bellen haben bereits wieder zu Spenden aufgerufen, aber einen sparsamen zweiten Wahlkampf angekündigt.

Gehen die TV-Duelle und Wahlkampfveranstaltungen wieder von vorne los? Auf was muss man sich gefasst machen?

Der zweite Wahlkampf wird sicher keine Kopie des ersten werden: Das haben beide Kandidaten kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bestätigt.

Es sei bereits alles gesagt, man wolle die TV-Konfrontationen auf ein Minimum beschränken, sagte Hofer-Sprecher Martin Glier der Tageszeitung "Kurier". Glier bestätigte zudem, dass die FPÖ wieder auf Plakate setzen werde. Ein Budget dafür soll intern am 5. Juli beschlossen werden.

Alexander Van der Bellens Wahlkampfmanager, Lothar Lockl, gab sich zurückhaltender. Eine Plakatkampagne wollte er nicht ausschließen, aber auch nicht bestätigen. Jedenfalls wolle man zumindest über den Sommer auf einen klassischen Wahlkampf verzichten.

Auch von weiteren Inszenierungen im TV möchte er absehen. Man werde sich auf die wichtigsten Sendungen einigen. Hier sind sich die Wahlkampfteams beider Parteien einig. Seitens der TV-Sender gibt es bisher nur von ATV eine konkrete Anfrage für ein Duell – diesmal allerdings moderiert. Die anderen Sender möchten noch den Termin abwarten.

Wurde nicht schon alles gesagt?

Tatsächlich sind über die politischen Positionen beider Kandidaten wohl kaum mehr Diskussionen zu führen. Viel mehr wird sich der Wahlkampf auf die Neuwahl an sich fokussieren.

Welche Themen stehen für den Wahlkampf noch zur Verfügung?

Für Alexander Van der Bellen ergibt sich ein möglicher Vorteil: Er könnte seinen Wahlkampf darauf aufbauen, die Verantwortung für die Neuaustragung Hofer zuzuschieben. Dabei geht es nicht nur um einen zeitlichen Mehraufwand für die Wähler, sondern auch eine erhebliche Summe Steuergeld, die nun aufgebracht werden muss – und das in einer Zeit, in der das Budget ohnehin knapp ist. Van der Bellen könnte seine Strategie also dahingehend ausrichten.

Für Hofer ergeben sich durch die Neuwahl zwei Punkte: Einerseits könnte er sich und seine Partei als Retter der Demokratie darstellen, andererseits den Brexit als Werbeinstrument für seine angedachte Volkabstimmung über einen EU-Austritt von Österreich nutzen.

Allerdings wird das nicht leicht: Denn nach den Rücktritten von Boris Johnson und Nigel Farage – den beiden Brexit-Vorreitern - wird er sich die Frage gefallen müssen, wie verlässlich und verantwortungsbewusst Rechtspopulisten denn tatsächlich sind.

Welche Rolle spielt Heinz Fischer im Wahlkampf?

Hofer könnte zum Nachteil werden, dass Heinz Fischer während des Wahlkampfes wieder Privatperson ist und somit eine Wahlempfehlung abgeben könnte. Das hat er vergangenen Sonntag in der Pressestunde in den Raum gestellt.

Er wolle sich für den gemäßigteren Kandidaten entscheiden, sagte Fischer. Dass sich das langjährige SPÖ-Mitglied für einen Präsidenten Hofer ausspricht, ist eher unwahrscheinlich. Zudem verfügt Fischer nach wie vor über sehr hohe Sympathiewerte - und über das Vertrauen der Wähler.

Was passiert, wenn es bei dieser Wahl wieder zu Unregelmäßigkeiten kommt? Könnte wieder angefochten werden?

Ja. Eine Anfechtung ist prinzipiell bei jeder Wahl möglich. Sollte es also zu neuerlichen Patzern kommen, könnte das Ergebnis erneut angefochten werden. Im Fall eines Erfolges würde der Verfassungsgerichtshof ein weiteres Mal die Wahl aufheben, was wohl nicht passieren wird.

Mehr zur Bundespräsidentenwahl in Österreich

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.