Es ist offiziell: die Stichwahl zum Bundespräsidenten wird aufgrund von defekten Wahlkuverts verschoben. Im "Report Spezial" zur Wahl sprach Susanne Schnabl zunächst mit Innenminister Wolfgang Sobotka über die Hintergründe der Verschiebung, bevor der freiheitliche Kandidat Norbert Hofer zum Thema befragt wurde. Das Bundeskriminalamt ermittelt zudem gegen Beamte, die auf Nachfrage empfohlen haben Kuverts einfach zuzukleben.

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Sobotka erklärte, dass man vergangenen Donnerstag noch davon ausging, dass es sich um einzelne defekte Wahlkarten handle, die man austauschen könne. Es wurde aber auch das Bundeskriminalamt (BK) beauftragt, die Beschaffenheit dieser Wahlkarten zu untersuchen. Freitag zeichnete sich dann schon ab, dass das Problem größerer Natur ist, weswegen bis Montag keine Auskünfte gegeben wurden.

Die bisherigen Ermittlungen des BK ergaben, dass nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, wann ein Kuvert schadhaft wird. Derzeit weiß man von mehreren hundert Fällen – "es können auch tausende sein", so Wolfgang Sobotka. Er hält es für unverantwortlich, es mit einem Ersatz zu versuchen. "Da muss man klar Flagge zeigen und sagen: Da muss ein neuer Termin her. Denn sonst wäre diese Wahl auch schon wieder mit der Gefahr verbunden gewesen, angefochten zu werden."

Kein Versagen des Ministeriums

"Es ist einwandfrei festgestellt: Es ist kein Versagen des Ministeriums, sondern es ist ein technischer Defekt bei der Herstellung der Kuverts", betont Sobotka. Die Verantwortung für das Problem läge eindeutig bei der Firma, die schon vergangene Wahlen bestückt hat: "Die Firma hat die Qualitätskontrolle offenbar nicht in dem Maße durchgeführt, wie sie es zumindest sieben Mal schon ordentlich gemacht hat". Den finanziellen Schaden schätzt er derzeit auf zwei Millionen Euro.

Zur Wahl am 4. Dezember sollen nun klassische Kuverts verwendet werden, wie sie vor sieben Jahren zum Einsatz kamen. Weil auf diesen Umschlägen Namen und Adressen zu sehen sind, wurden seinerzeit Datenschutzbedenken geäußert. Sobotka sieht sie aber als derzeit beste Lösung: Neue Kuverts würden die Wahl weit bis ins Jahr 2017 verschieben. "Ich denke, dass wir in der Zeit, die wir noch zur Verfügung haben, schnellst eine Wahl durchführen sollten – das heißt das Jahr 2016."

Einfach zukleben?

Im Beitrag, der dem Interview voranging, wurde berichtet, dass Mitarbeiter des Ministeriums auf telefonische Nachfrage empfohlen hätten, die Kuverts einfach wieder zuzukleben. Sobotka meint, auch diese Angelegenheit sei dem BK übergeben worden. "Es kommen zwei Personen dafür in Frage", erklärt er, und ganz nach Ergebnis der Ermittlungen würden alle rechtlichen Schritte eingeleitet werden. "Das ist eine Selbstverständlichkeit", betont Sobotka.

Zum neuen Wahltermin sollen auch all jene wählen dürfen, die seit dem ersten Wahlgang im April 16 Jahre alt geworden sind. "Diese Sache ist mit dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und mit unseren Juristen vereinbart worden, und auch mit den Parlamentsparteien, mit den Clubdirektoren", bestätigt Sobotka die Grundlage dieser Änderung.

Norbert Hofer über die Probleme der Wahlverschiebung

Auch Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer war als Interviewgast im "Report"-Studio. Er wich der Frage aus, ob er die Verschiebung – wie von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache suggeriert – als Manöver der anderen Parteien gegen die Freiheitlichen sieht. "Es ist müßig, sich über Dinge Gedanken zu machen, die man nicht ändern kann", meint er.

Dennoch regt das Thema der Briefwahl Hofer dazu an, indirekt doch die Möglichkeit eines abgekarteten Spiels in den Raum zu stellen. "In der Schweiz ist es so, dass das Wahlergebnis bei der Briefwahl kaum abweicht vom Wahlergebnis an der Wahlurne. Das ist für mich ein starkes Zeichen dafür, dass das alles bestens funktioniert", erklärt er. "Wenn bei einem großen Sample wie bei dieser Briefwahl abweichende Wahlergebnisse vorhanden sind, dann müssen wir uns überlegen: Was funktioniert bei uns nicht so gut?"

Hofer geht sogar noch einen Schritt weiter, unlautere Machenschaften anzudeuten. Obwohl er betont, die Briefwahl nicht abschaffen zu wollen, appelliert er an die Wähler: "Wenn ihr irgendwie könnt und wenn ihr euch ganz sicher sein wollt, dass es perfekt funktioniert, dann werft eure Stimme ein in der Wahlurne – dann kann nichts passieren".

Auch die Frage, warum die FPÖ gegen eine Verschiebung der Wahl ist, obwohl man zuvor so besorgt um mögliche Wahlmanipulationen war, bleibt von Hofer unbeantwortet. Er weist nur darauf hin, dass im Parlament jetzt ein eigener Beschluss gefasst werden muss, weil die jetzige Vorgangsweise nicht rechtskonform sei. Ansonsten kritisiert er die verantwortliche Firma: "Wenn Sie in der Privatwirtschaft sind und Sie haben einen Abgabetermin, dann müssen Sie auch Redundanzen einplanen – dann müssen Sie auch immer einplanen, dass etwas nicht funktionieren kann."

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