Vertraut man den OGM-Umfragen, war Norbert Hofer der Sieger der ersten Fernsehdiskussion aller Präsidentschaftskandidaten. Van der Bellen und Griss schlugen sich gut, während Lugner, Hundstorfer und Kohl noch Luft nach oben haben.

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Unter dem Titel "Wer wird Präsident?" strahlte Puls 4 die erste Elefantenrunde der Kandidaten für die Hofburg aus. Corinna Milborn und Thomas Mohr moderierten die Sendung, in welcher sich die Gäste zu Beginn etwas steif präsentierten, im Verlauf der Diskussion aber immer mehr ihre Hemmungen fallen ließen und zum Schluss so richtig in Fahrt kamen. Während des Formates gab es mehrere OGM-Umfragen, die Überraschendes hervorbrachten.

Positives Feedback für Norbert Hofer

Auf die Fragen, wer das Publikum am meisten überrascht habe, wer der bürgernaheste Kandidat sei und wer insgesamt am meisten überzeugt habe, gab es dreimal dieselbe Antwort: Norbert Hofer.

Der FPÖ-Kandidat präsentierte sich als einziger der sechs Kandidaten in sitzender Position, während seine Kontrahenten und die beiden Moderatoren die Diskussion stehend absolvierten. Er musste dadurch stets zu seinen Gesprächspartnern aufblicken. Dennoch schnitt er bei drei der vier Umfragen am besten ab und wirkte nach der Puls 4-Diskussion wie der große Sieger.

Lediglich in der Frage, wer am internationalen Parkett wohl die beste Figur machen würde, musste sich Hofer knapp der einzigen Dame im Rennen um die Hofburg, Irmgard Griss, geschlagen geben.

Zur Analyse geladen war auch der Chefredakteur der "Presse", Rainer Nowak, der das Ergebnis der Befragung trocken wegwischte: "Ich glaube keinen Umfragen".

Viele Fragen - kurze Antworten

Die Kandidaten Irmgard Griss, Alexander Van der Bellen, Norbert Hofer, Rudolf Hundstorfer, Andreas Kohl und Richard Lugner hatten jede Menge Fragen zu beantworten, weshalb pro Themenbereich jedem nur kurze Zeit blieb zu antworten.

Die Puls 4-Moderatoren fragten beispielsweise zur Flüchtlingskrise, zur Möglichkeit der Auflösung des Nationalrats durch den Bundespräsidenten, über den Umgang mit der Türkei oder die mögliche Grenzsicherung der EU-Grenzen durch österreichische Soldaten.

Vieles hat jedoch nur wenig mit den direkten Kompetenzen zu tun, die der zukünftige Präsident oder die zukünftige Präsidentin haben wird.

Ja oder nein mit Schild

Zudem mussten die Kandidaten die meisten Fragen eingangs mittels Schild mit ja oder nein beantworten. Alexander Van der Bellen machte zu Recht darauf aufmerksam, dass gewisse Fragestellungen einer genaueren Erklärung bedurft hätten, bevor man sie eindeutig mit ja oder nein beantworten könne.

Auch wenn viele Inhalte an den eigentlichen Kompetenzen des zukünftigen Bundespräsidenten vorbeigingen, so eignete sich diese erste Elefantenrunde gut dazu, einiges über die generellen Einstellungen der Kandidaten zu erfahren.

Wenig überraschend vertrat Norbert Hofer eins zu eins die Überzeugungen der FPÖ. Aber er machte dies bei weitem sanfter als etwa sein Parteichef Heinz-Christian Strache.

Hofer sprach langsam, bedächtig und ruhig, war aber in seinen Inhalten oft knallhart und angriffig. Das könnte dem Publikum gefallen haben.

Einen inhaltlichen Gegenpol zu ihm stellte Alexander Van der Bellen dar, weshalb es zu interessanten Wortduellen zwischen den beiden kam. Wenig glaubwürdig wirkten die Kandidaten bei der Frage, ob es sich bei Ihnen um unabhängige Kandidaten handle.

Dies hätten wohl lediglich Irmgard Griss und Richard Lugner für sich in Anspruch nehmen dürfen. Der SPÖ Politiker Hundstorfer wirkte über weite Strecken der Diskussion sympathisch, hatte aber ansonsten wenig geschärfte Inhalte vorzuweisen.

Auch die Versuche des ÖVP-Mannes Andreas Kohl mehr zu lächeln als sonst, kamen beim Publikum zumindest laut Umfrage nicht besonders gut an. Inhaltlich gab es zwischen allen Kandidaten generell weit weniger Zündstoff als erwartet.

Wer beherrscht Englisch?

Interessant wurde die Diskussion noch einmal am Schluss, als das Thema TTIP zur Sprache kam, welches die Gäste zu mehr Emotionen hinriss. Was das Freihandelsabkommen betraf, wurden die Kandidaten zuerst dazu aufgefordert in ein paar Sätzen in Englisch zu antworten, bevor sie eine Antwort in deutscher Sprache gaben.

Exzellent löste diese Aufgabe Andreas Kohl. Gutes Englisch sprachen auch Griss, Hofer und Van der Bellen. Weniger gut aus der Affäre zog sich Rudolf Hundstorfer. Und so richtig ins Stolpern kam Richard Lugner.

Cathy Lugner lacht über ihren Mann

Gemeinerweise wurde nach dessen Englisch-Exkurs seine Frau Cathy Lugner eingeblendet, die heftig über das lachen musste, was ihr Mann gerade abgeliefert hatte.

Bis auf Irmgard Griss, outeten sich alle Kandidaten als Gegner von TTIP. Bei bisherigem Kenntnisstand würde niemand das Freihandelsabkommen unterzeichnen.

Mit der Position von Griss, man wisse noch zu wenig über TTIP und sie könne daher weder Gegnerin noch Befürworterin sein, stand sie alleine da.

Auch die nächsten Wochen werden von zahlreichen Diskussionen zur Präsidentschaftswahl geprägt sein. Wie nötig das ist, bleibt zu hinterfragen.

In Zeiten in welchen keine Landtags- und Nationalratswahlen anstehen, muss sich das Fernsehpublikum eben mit Präsidentschaftswahlen plus zugehöriger Berichterstattung begnügen. Auch wenn es sich bei dieser staatstragenden Position eher um eine repräsentative als um eine realpolitische handelt.

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