Zwei sichtlich ermattete Präsidentschaftskandidaten kämpften sich am Donnerstagabend durch das letzte große TV-Duell bei Ingrid Turnher im ORF. Neues gab es nichts - dafür viel Redepausen und Ablenkungsmanöver.
Es hätte das große, finale TV-Duell werden sollen, als das der ORF die Debatte zwischen Präsidentschaftskandidaten
Die Luft ist draußen
Die Realität sah anders aus. Engagiert und mit viel Feingefühl versuchte Ingrid Thurnher ihre beiden Studiogäste zu neuen, energischen Statements zu bewegen. Alleine, es blieb beim Versuch.
Sowohl Van der Bellen als auch Hofer übten sich in Standardfloskeln, die sie bereits unzählige Male bei anderen Diskussionen bemüht hatten. An der Stimmlage beider Diskutanten war zu erkennen: da ist die Luft draußen, Österreich braucht dringend die Entscheidung am 22. Mai.
Nahezu heiser gab sich Hofer, sehr zurückhaltend Van der Bellen.
Die gesamte Sendung hatte etwas von der österreichischen "Gemütlichkeit", die Hofer den Menschen hierzulande zuschrieb. Wortwörtlich sagte er auf die Frage, welche Werte das Land auszeichneten: "Was Österreich stark von allen Ländern unterscheidet ist die Gemütlichkeit. Das Land ist leistungsorientiert, offen, aber es gibt auch einen sozialen Zusammenhalt."
Hofer: "Der Hustinettenbär wird es nicht machen"
Das war allerdings eine der wenigen Fragen, die der FPÖ-Kandidat beantwortete. Wie schon in vergangenen Sendungen, übte er sich in Ablenkungsmanövern, hängte sich auf Details in Fragen auf, um möglichst keine davon beantworten zu müssen.
Zum Beispiel als Thurnher wissen wollte, warum Hofer denn nur im Wahlkampf, vor den Medien, überparteilich sei und im Bierzelt die Kampf-Rhetorik auspacke: "Ich weiß nicht, was Sie gegen ein Bierzelt haben. Einem Politiker vorzuwerfen, dass er die Kunst der Rhetorik beherrscht finde ich eigenartig."
Auf die Frage, wie er denn überparteilich bleiben könne, wenn seine Partei gerade einen Antrag auf Neuwahlen einbringe – den er übrigens selbst unterstützt - versuchte er, das Thema zu umschiffen.
Einen Neutralitätsbeweis blieb er schuldig. Auch gab er zu, nach seinen eigenen Maßstäben entscheiden zu wollen, wann er eine Regierung entlassen würde und wann nicht: "Wer soll es denn sonst entscheiden, der Hustinettenbär wird das nicht machen."
Van der Bellen: "Präsident handelt auf Vorschlag der Regierung, nicht umgekehrt"
Thema waren auch Hofers viele Wahlversprechen, die er als Bundespräsident allerdings nicht erfüllen könnte. Auch hier gelang es ihm mit schönen Worthülsen eine Antwort schuldig zu bleiben.
Rückendeckung bekam er ausnahmsweise von Van der Bellen: "Es ist durchaus legitim von ihm, diese Themen aufzugreifen. Allerdings muss man wissen, dass der Bundespräsident stets nur offiziell auf Vorschlag der Regierung tätig wird. Nicht umgekehrt."
Hofers mysteriöse Israel-Reise
War Hofer nun in der Knesset und was hat er in Israel wirklich erlebt? Noch am Mittwoch erzählte Hofer dem ZIB2-Anchorman Armin Wolf von einem Anschlag, den er hautnah in Israel miterlebt hätte - bei einer offiziellen Reise vor Jahren.
Im Zuge von Recherchen kam am Donnerstag ans Licht, dass eine solche Reise von offiziellen Quellen aus Israel nicht bestätigt werden konnte. Lediglich inoffizielle Treffen mit Mitgliedern einer konservativen israelischen Partei seien nicht auszuschließen, hieß es.
In der Sendung wurde Hofer von Thurnher mit dem Statement eines israelischen Polizeisprechers konfrontiert, der jegliche Vorkommnisse, wie sie von Hofer geschildert wurden, dementierte. Das wiederum passte dem Präsidentschaftsanwärter gar nicht: "Das sind Dinge, die ich mir nicht gefallen lasse. Wenn man mir hier vorwirft, die Unwahrheit zu sagen." Jedoch: Einen Gegenbeweis blieb er abermals schuldig.
Van der Bellen will Angelobung blauer Regierung nicht ausschließen
Van der Bellen gelang es am Donnerstag – im Gegensatz zur ATV Diskussionsrunde – Boden gut zu machen. Er überließ seinem Gegenüber nicht nur mehr Redezeit, sondern auch mehr Raum für persönliche Untergriffe, die der ehemalige Wirtschaftsprofessor nicht weiter kommentierte.
Auch wenn es ihm einige Mühe kostete, seine politischen Ansichten hinten anzustellen, bemühte er sich redlich, bereits die Präsidentenrolle einzunehmen. So zum Beispiel bei der Frage, ob er denn nun eine blaue Regierung angeloben würde oder nicht: "Meine Sorge ist, dass wir das Europa, das uns Arbeitsplätze und 70 Jahre Frieden gebracht hat, verlieren."
Er blieb bei seiner Aussage, wonach er eine EU feindliche Partei in der Regierung nicht angeloben würde, außer: "Wenn die Regierung ein Programm vorlegt, dass diese Anti-EU Linie klar widerlegt, dann kann ich es nicht ausschließen, diese Regierung anzugeloben. Es ist keine Frage der Sympathie, sondern der Politik."
Was die sonstigen Themen betraf, so war nichts Neues dabei. Da wurde über TTIP gesprochen, das Modell der direkten Demokratie in der Schweiz, die Asylwerber und immer wieder über Parteipolitik. Alles schon gehört. Einmal die Politik der Grünen, dann wieder jene der FPÖ.
Keine Regierung ohne Frauen
Erst am Ende kam die Sprache auf das Rollenverständnis des Präsidenten, wobei Hofer betonte, dass er viele Termine unter Abwesenheit der Medien machen wolle. Van der Bellen betonte viele Reisen durch die Bundesländer antreten zu wollen. Auch würden beide eine Regierung ohne Frauen nicht angeloben.
Über das Ende der letzten Diskussionssendung waren beide froh. Auch, nichts Neues sagen zu müssen, denn schon das Wiederholen der auswendig gelernten Phrasen vermittelte sogar über die TV-Screens viel Mühsamkeit.
Einen siegessicheren Abschlusssatz formulierte Van der Bellen: "Ich werde mich freuen, den 3. Nationalratspräsidenten bei mir in der Hofburg begrüßen zu dürfen." Alles in allem bleibt eines zu sagen: Vermutlich kannte man die Positionen des künftigen Präsidenten Österreichs noch nie so genau und gut wie im Wahlkampf 2016.
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