Nach der Aufhebung der Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl übernimmt am 8. Juli interimistisch das Nationalratspräsidium die Funktionen des Staatsoberhaupts - damit auch der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer. Riesig ist sein Spielraum nicht, nutzen könnte ihm die Funktion allemal.

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Am 8. Juli dankt Bundespräsident Heinz Fischer ab und die drei Nationalratspräsidenten - Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) - übernehmen als Kollegium seine Aufgaben. Damit ist Hofer ab Freitag sozusagen zu einem Drittel Präsident: jener Mann, der sich mit Alexander Van der Bellen neuerlich einen Wahlkampf um die Hofburg liefert.

Das Kollegium übt so lange die Funktionen des Bundespräsidenten aus, bis dieser neu gewählt ist. "Sie werden also nicht 'Bundespräsidenten', sondern haben als Mitglieder dieses Kollegiums gemeinsam mit den beiden anderen Präsidenten die Aufgabe zu erfüllen, die der Bundespräsident im Übrigen hat", differenziert der Verfassungsjurist Heinz Mayer.

Die Frage nach Hofers Kompetenzen

Es stellt sich die Frage, wie groß der Handlungsspielraum Hofers ist - beziehungsweise welche Kompetenzen ihm als Teil des Kollegiums zukommen. Schließlich hat er zu Beginn seines Wahlkampfes öffentlich mit dem Gedanken gespielt, die Bundesregierung zu entlassen, sollte er Bundespräsident werden.

Es sind jedoch nicht sehr viele Kompetenzen, die Hofer im Kollegium zuteilwerden. Dort gibt die Stimme des ranghöheren Präsidenten den Ausschlag. "Hofer könnte nur alleine entscheiden – und damit allenfalls auch die Bundesregierung entlassen – wenn die beiden anderen Nationalratspräsidenten verhindert sind. Dann hat er allein alle Kompetenzen des Bundespräsidenten auszuüben", sagt Mayer.

Ein eher unwahrscheinliches Szenario. In allen anderen Fällen hat er wie die beiden anderen Präsidenten eine Stimme im Kollegium, könnte im Zweifel also überstimmt werden.

Präsidium betont Überparteilichkeit

Zudem betonten Bures, Kopf und Hofer bei einer Pressekonferenz unisono, dass sie wie auch bisher in sehr kollegialer Art und Weise zusammenarbeiten und die Geschäfte des Bundespräsidenten objektiv und überparteilich führen wollen.

Als Nationalratspräsidentin übt Doris Bures den Vorsitz im Kollegium aus und wird auch dessen Sprachrohr nach außen sein.

Auch der Politikexperte Franz Fallend, der als Senior Scientist am Fachbereich Politikwissenschaft der Universität Salzburg tätig ist, vermutet, dass das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten seine Amtsbefugnisse zurückhaltend ausüben wird.

"Schließlich handelt es sich dabei ja um ein nicht durch Wahl legitimiertes Gremium nur für eine Übergangszeit", sagt Fallend. Er glaubt, dass Norbert Hofer bestrebt sein wird, zu demonstrieren, dass er ein geeigneter Bundespräsident wäre. Und das spräche eher dagegen, Konflikte heraufzubeschwören.

Hofer schließt Rücktritt aus

Einen Rücktritt als Dritter Nationalratspräsident schließt Norbert Hofer aus. Die Verfassung hat er diesbezüglich auf seiner Seite. Viele halten es dennoch für unvereinbar, dass Hofer als Kandidat zur Stichwahl agiert und schon jetzt die Funktionen des Bundespräsidenten mitausübt.

"Ich werde das Amt - wie auch bisher - streng überparteilich ausführen", betont Hofer. "Die Verfassung sieht in diesem Fall vor, dass die drei Präsidenten im Kollegium diese Aufgabe übernehmen und nicht einer alleine."

Diese "Doppelrolle" könnte dem FPÖ-Kandidaten im Wahlkampf in die Karten spielen, glaubt Politikexperte Franz Fallend: "Zugute kommt ihm, dass er sich schon jetzt als eine Art Übergangs-Präsident präsentieren kann und viel mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird", sagt Franz Fallend.

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