Erst die knappe Bundespräsidentenwahl, nun die Anfechtung durch die FPÖ: Österreich bleibt in den internationalen Schlagzeilen. Für Norbert Hofer scheinen vor allem die deutschen Nachbarn vorwiegend Spott übrig zu haben, einige halten die Anfechtung allerdings für "richtig und wichtig".

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Wer im Internet www.schlechterverlierer.de eingibt, wird direkt auf die Seite der ZDF-"heute-show" weitergeleitet. Dort zu sehen: ein weinender Norbert Hofer und ein Video der Muppet-Show-Variante des Liedes "Feelings" ("Mee-Mee").

Die Zeit: FPÖ hat höhere Ziele

So weit der satirische Spott unserer Nachbarn. Doch auch eine Qualitätszeitung wie die "Zeit" titelt: "Die FPÖ ist mehr als nur ein schlechter Verlierer". Mit ihrer Anfechtung der Wahl bringe die FPÖ nämlich die Nachricht unters Volk: "Der Sieg ist uns gestohlen worden."

Der Zeitung nach ist zu vermuten, dass das höhere Ziel der FPÖ aber ein anderes sei: "die Briefwahl in Verruf zu bringen. Schon lange ist sie der FPÖ ein Dorn im Auge. Denn dabei schneidet sie schlecht ab. Jene Österreicher, die per Post abstimmen, liebäugeln eher mit anderen Parteien."

Tagesanzeiger: "Besonders schlechter Verlierer"

Als "besonders schlechter Verlierer" wird die FPÖ im Kommentar des Schweizer "Tagesanzeiger" klassifiziert.

Die Niederlage einzugestehen - das wäre aus Sicht der richtige Weg gewesen, heißt es dort: "Stattdessen schürt er das Misstrauen und den Hass seiner Anhänger auf das sogenannte Establishment. Und er sichert sich gleich einen Ausweg aus dem Schlamassel: Sollte das Verfassungsgericht die Anfechtung ablehnen, dann aus Sicht der FPÖ nur deshalb, weil die Richter nicht genug Zeit hatten und nicht gründlich genug arbeiten konnten. 'Die Frist für die Überprüfung ist zu kurz', das weiß Strache heute schon. Nach dem Vertrauen in die Demokratie will die FPÖ nun auch das Vertrauen in die Justiz zerstören."

Deutschlandfunk: Straches Ziel - das Kanzleramt

Schon immer habe sich die FPÖ gern als "Außenseiter, als die Partei des kleinen Mannes inszeniert, die sich nichts bieten lässt, den Dingen auf den Grund geht", analysiert der "Deutschlandfunk", "nach dem Motto: 'die da oben', die etablierten Parteien, gegen 'uns da unten', die breite Wählerschaft der FPÖ. Auch wenn der Verfassungsgerichtshof die Wahlanfechtung ablehnt - der Eindruck, da müsse doch irgendwo gemauschelt worden sein, 'die anderen' hätten der FPÖ den Wahlsieg weggenommen, dieser Eindruck wird hängen bleiben".

Letztlich sei die Anfechtung aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu Straches eigentlichem Ziel: "der Regierungsbeteiligung, dem Kanzleramt."

Badische Zeitung: "FPÖ kann nur gewinnen"

Auch wenn sie nicht Recht bekommt, könne die FPÖ mit ihrer Anfechtung eigentlich nur gewinnen, so der Tonus der "Badischen Zeitung": "Ihren Dienst wird sie tun. Die Richter können so scharf und schlüssig argumentieren, wie sie wollen. Am Ende wird die FPÖ, werden die Hüter der neuen Gewissheiten, auch die Verfassungsrichter zum großen Schweigekartell rechnen. Wenn es dann gemäß der Polemik der Rechtspopulisten keine neutrale Instanz mehr in Österreich gibt, lässt sich alles anzweifeln: jedes Wahlergebnis, jede Tatsache, jede Uhrzeit."

Süddeutsche: "Wahlanfechtung ist richtig und wichtig"

Tatsächlich aber halten einige Kommentatoren die Anfechtung für richtig und wichtig: Die Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof nehme gerade Verschwörungstheoretikern den Wind aus den Segeln, liest man etwa in der "Süddeutschen Zeitung".

"Der Rechtsstaat zeigt außerdem, dass er Kritiker ernst nimmt", heißt es dort weiter, "Das System der Briefwahl-Stimmen ist in Österreich dringend überarbeitungsbedürftig, sowohl was das Prozedere als auch die Auszählung angeht. Man darf es nicht abschaffen, wie jetzt laute Stimmen in der FPÖ fordern, aber es muss vor der nächsten Wahl auf seine Fehleranfälligkeit geprüft werden."

NZZ: "Jeden Zweifel ausräumen"

In eine ähnliche Richtung geht die "Neue Zürcher Zeitung" mit ihrem Kommentar: Zweifel zu schüren, entspreche der Taktik der FPÖ: "Sie gebärdet sich so als Opfer und einzige Partei, die außerhalb eines korrumpierten Machtsystems stehe. So durchschaubar dies ist, verfängt es doch bei den Stammwählern, wie die Reaktionen in den sozialen Netzwerken seit der Wahl zeigen. Angesichts des knappen Resultats und der Tatsache, dass Wahlanfechtungen in Österreich relativ häufig sind, ist es dennoch sinnvoll, dass der Verfassungsgerichtshof nun jeden Zweifel an diesem Urnengang ausräumen kann." (af)

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