Eine knappe Stichwahl, Ungereimtheiten bei der Wahl - und dann die Anfechtung durch die FPÖ: Wie stehen die Chancen, dass Österreich bald noch einmal wählt? Wir haben beim Verfassungsjuristen Harald Eberhard nachgehakt.
Als "exorbitant hoch" stuft der Kandidat der FPÖ,
Was sind die nächsten Schritte?
Harald Eberhard: Die Wahlanfechtung ist ja bereits im Laufen. Die FPÖ hat den Antrag beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Nun fordert der Verfassungsgerichtshof alle Akten von der Bundeswahlbehörde an, um sie zu prüfen. Darin werden nun alle Rechtswidrigkeiten geprüft, egal ob es eine zu frühe Auszählung, die Stimmabgabe durch nicht wahlberechtigte Personen oder sonstige behauptete Mängel sind.
Anscheinend basiert die Anfechtung der FPÖ unter anderem darauf, dass 120.000 Stimmen zu früh ausgezählt wurden. Ich kenne die Schrift nicht, aber sollte sie nur darauf basieren, dann hat die Anfechtung wohl wenig Chancen.
Warum?
Wenn Stimmen zu früh ausgezählt werden, dann ist das für sich genommen eine Rechtswidrigkeit. Laut Gesetz sind Wahlanfechtungen aber nur dann erfolgreich, wenn die Rechtswidrigkeiten eine Auswirkung auf das Ergebnis haben. Nur weil eine Stimme zu früh gezählt wurde, wurde sie ja nicht inhaltlich falsch ausgezählt, sondern nur zum falschen Zeitpunkt. Die Stimmen sind deswegen nicht anders zu werten.
Kann es zu einer Wiederholung der Wahl kommen? Wie wahrscheinlich ist das?
Es kommt wie gesagt darauf an, ob neben der zu frühen Auszählung noch andere Rechtswidrigkeiten im Antrag beim Verfassungsgerichtshof geltend gemacht wurden. Werden noch andere Mängel gefunden, so muss die Wahl in einzelnen Sprengeln möglicherweise wiederholt werden. Das aber wie gesagt auch nur dann, wenn die Mängel eine Auswirkung auf das Wahlergebnis haben - so sieht es das Gesetz vor.
Mit anderen Worten: Wenn in einem Sprengel mit 1.000 Einwohnern 70 Prozent für
Bis wann wird der Verfassungsgerichtshof entscheiden?
Der VfGH muss jetzt innerhalb von vier Wochen, also bis bis zum 6. Juli, zu einem Ergebnis kommen - das ist genau zwei Tage vor der offiziellen Angelobung. Wenn keine Rechtswidrigkeiten festgestellt werden, dann wird Alexander Van der Bellen ganz normal am 8. Juli angelobt.
Freilich hat der VfGH in seiner Vorjudikatur zu einer ähnlichen Frist angedeutet, dass diese auch über überschritten werden kann, wenn es aufgrund der Komplexität des Verfahrens erforderlich ist.
Wird dann die Angelobung verschoben, wenn das Verfahren länger dauert?
In diesem Fall endet trotzdem die Amtszeit von Heinz Fischer, und es würde nach überwiegender Ansicht die in der Verfassung vorgesehene Vertretungsregelung greifen, in diesem Fall durch das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten. Das könnte theoretisch auch für einen längeren Zeitraum der Fall sein.
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