Das Rennen um die Hofburg läuft, und die Kandidaten verdeutlichen vor der Wahl am 24. April ihre Standpunkte. Am Sonntag nutzte Irmgard Griss ihren Auftritt bei Puls 4, um sich als Vorbild für Frauen zu profilieren und Kritik an der Flüchtlingspolitik zu üben.
Bis zum Urnengang am 24. April steht den Bundespräsidentschaftsanwärtern noch ein intensiver Wahlkampf ins Haus. Dazu gehört der Besuch der Puls 4-Sendung "Wie jetzt?", in der künftig jeden Sonntag diese Kandidaten 20 Minuten lang Rede und Antwort stehen: Alexander van der Bellen (Grüne),
Den Auftakt machte am Sonntagabend Irmgard Griss. Die gebürtige Steirerin, die am 13. Oktober ihren 70. Geburtstag feiert, bewirbt sich als unabhängige Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin. Sie ist die einzige weibliche Kandidatin, die eine reale Chance hat. Etwas mehr als 10.000 Unterstützer haben bis dato für sie unterschrieben. Dass sie eine Vorbildrolle für die weibliche Bevölkerung einnehme, sei ihr durchaus bewusst. Besonders im Falle eines Sieges: "Weil es ein Signal ist, dass es auch Frauen ins höchste Amt schaffen können, ohne von einer Partei unterstützt zu werden."
Neutral bleiben, Gespräche führen
Neutral bleiben und eine eigene Meinung bilden, das sind Grundsätze der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes. Dazu sei es unabdingbar Gespräche zu führen – mit jedem, wie Griss betonte.
Die aktuellen Verhandlungsgespräche mit der Türkei würde sie als Präsidentin jedenfalls unterstützen, auch wenn das Land in ihren Augen derzeit nicht reif für einen EU-Beitritt sei.
Auch den iranischen Präsidenten Hassan Rohani würde sie in Österreich empfangen: "Ich glaube, dass Gespräche generell wichtig sind. Es besteht immerhin eine Chance auf Gesinnungsänderung", sagte Griss und relativierte: "Gespräche dürfen dabei nicht automatisch als Billigung der Politik betrachtet werden."
Griss pocht auf Recht, Regierung zu entlassen
Ob sie denn die aktuelle heimische Politik billige? Jein. Auch wenn sie als Präsidentin die Möglichkeit hätte die Regierung zu entlassen – ein Recht des Bundespräsidenten, dem Griss übrigens oberste Priorität einräumt - so würde sie zur Zeit vorerst ein ernstes Gespräch führen: "Die Entlassung ist eine äußerste Maßnahme. Die Möglichkeit dazu stärkt die Position des Bundespräsidenten."
Dem Chaos, das hinsichtlich der Flüchtlingskrise jetzt vorherrscht, hätte sie keine Tore geöffnet: "Was jetzt geschieht, ist eine Folge des falschen Verhaltens im vergangenen Herbst. Ich hätte schon im Frühjahr 2015 einen Plan von der Regierung eingefordert. Denn es war damals schon klar, was auf uns zukommt."
Asylrecht für politische Verfolgte als Verpflichtung Österreichs
Zwar unterstütze sie eine Verschärfung der Grenzkontrollen, "dennoch müssen Menschen, die Asyl beantragen wollen, diese Möglichkeit haben. Das ist eine europarechtliche und internationale Verpflichtung Österreichs." Allerdings räumte Griss ein, dass es notwendig sei, die politischen Flüchtlinge von Wirtschaftsflüchtlingen zu unterscheiden. Eine Obergrenze in Bezug auf die Genfer Konventionsflüchtlinge könne es nicht geben. "Hätte man von Anfang an die Menschen registriert, hätte das eine bremsende Wirkung gehabt", sagte sie.
"AfD ist Sammelbecken von Unzufriedenen"
Zum Wahlsonntag in Deutschland, wo die AfD (Alternative für Deutschland) den Einzug in drei Landtage schaffte, meinte Griss: "Die AfD ist ein Sammelbecken von Unzufriedenen und Politverdrossenen. Viele Menschen fühlen sich von der Politik nicht ernst genommen." Wäre sie Bundespräsidentin, würde sie aktiv dafür sorgen, dass die österreichische Regierung ihre Arbeit macht und versprochene, im Regierungsprogramm festgelegte Punkte umsetzt.
Bargeld nicht in die Verfassung
Zum Vorschlag des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer, der das Bargeld in der Verfassung verankert sehen möchte, sagte die Rechtsexpertin: "Ich halte wenig davon alles in die Verfassung zu schreiben. Ich bin absolut dafür, dass das Bargeld bleibt, aber ich fürchte nicht, dass es abgeschafft wird. Solche Aussagen sind eher dazu da Angst zu schüren. Ich sehe aber keine Gefahr und deshalb keine Notwendigkeit für die Verankerung in der Verfassung."
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