Irmgard Griss, Norbert Hofer, Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol, Richard Lugner oder Alexander Van der Bellen: Sie haben sich noch nicht entschieden, bei wem Sie am Sonntag ihr Kreuzerl machen wollen? Wir vergleichen die Positionen der Kandidaten.

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Bis zu eine Million wahlberechtigte Österreicherinnen und Österreicher sind sich einer aktuellen Umfrage zufolge noch unsicher, wem sie bei der Bundespräsidentenwahl 2016 ihre Stimme geben sollen. Gehören Sie dazu?

Falls ja, finden Sie hier Antworten aller sechs Kandidaten (in alphabetischer Reihenfolge) zu ihren Positionen in der Flüchtlingskrise, zu einer möglichen Entlassung der Regierung und der Angelobung einer FPÖ-Regierung. Zudem widmen wir uns dem Geschichtsverständnis der Kandidaten und ihren größten Aufregern.

Irmgard Griss

Motto: "Unabhängig. Für Österreich."

Flüchtlinge: Was die Flüchtlingsdebatte betrifft, unterstützt Griss die Verschärfung der Grenzkontrollen. Sie räumt aber gleichzeitig ein, dass es Österreichs europarechtliche und internationale Verpflichtung sei, Menschen die Asyl beantragen, diese Möglichkeit auch zu geben.

Regierung entlassen: Die Regierung entlassen würde Irmgard Griss nur in einer "absoluten Extremsituation".

FPÖ-Regierung angeloben: Eine Regierung mit FPÖ-Beteiligung angeloben würde die Präsidentschaftskandidatin dann, wenn die Partei von Heinz-Christian Strache auf Platz eins läge oder eine absolute Mehrheit hätte.

Geschichtsverständnis: In einem "Falter"-Interview trifft Griss einige Aussagen, die für Aufsehen sorgen. Die Bevölkerung sei in der Nazi-Zeit "in einem Zwiespalt" gewesen. "Nehmen Sie die Bauern: Die hatten es plötzlich viel besser, weil sie sich neue Maschinen leisten konnten", sagt Griss, die weiter meint: "Es war nicht so, dass die Nazis von Anfang an nur ein böses Gesicht gezeigt hätten."

In der Sendung "Die 2 im Gespräch erklärt Griss später, was gemeint war: Dass das "böse Gesicht" nicht für alle von Anfang an erkennbar gewesen sei.

Größter Aufreger: Viel diskutiert wurden die auf Griss' Geheiß vernichteten Gesprächsprotokolle der von ihr geleiteten Hypo-Kommission und ihre Aussage zur ihrer "normalen" Beamtenpension von 9.000 Euro.

Norbert Hofer

Motto: "Flagge zeigen mit Norbert Hofer"

Flüchtlinge: Für Norbert Hofer führt kein Weg an einer Sicherung der EU-Mitgliedsstaaten vorbei. Notwendig seien dafür Soldaten sowie ein Ausbau der Grenzzäune – aber kein Schusswaffen-Einsatz, wie er der Austria Presse Agentur sagt.

Regierung entlassen: Der FPÖ-Kandidat drohte während des Wahlkampfs mehrfach damit, die Regierung zu entlassen. "Wenn die Regierung bei ihrem Kurs bleibt - in der Flüchtlingsfrage, bei der Pflege, der Wirtschaft und den Spitälern -, würde ich ein Gespräch mit ihr führen. Wenn das nicht taugt, steht am Ende die Entlassung an", sagt Hofer den "Vorarlberger Nachrichten".

Geschichtsverständnis: Hofer ist Ehrenmitglied einer Mittelschulverbindung, die sich zur österreichischen Eigenstaatlichkeit bekennt, sich aber auch auf "das deutsche Vaterland, unabhängig von bestehenden staatlichen Grenzen" beruft.

Laut einer Festschrift aus dem Gründungsjahr 1994 "lehnt die Burschenschaft die geschichtswidrige Fiktion einer 'österreichischen Nation' ab". Hofer sagt aber: "Für mich ist Österreich von meinem Gefühl her eine Nation."

Größter Aufreger: Laut dem Magazin "News" existiert eine im April 2015 verfasste eidesstaatliche Erklärung eines Geschäftsmannes, derzufolge Hofer einem potenziellen Investor aus dem Iran die österreichische Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt haben soll, wenn er Geld in eine Stiftung, der Hofer vorstand, einzahlt. Hofer bestreitet die Vorwürfe.

Rudolf Hundstorfer

Motto: "Mit Sicherheit. Für Österreich."

Flüchtlinge: Hundstorfer strebt in der Flüchtlingskrise eine europäische Lösung an. Italien und Griechenland müssten unterstützt werden.

Es müsse aber auch klar sein, dass Österreich nicht jedes Jahr hunderttausend Flüchtlinge aufnehmen könne. Es gebe, bei allem Verständnis zu helfen, Kapazitätsgrenzen, erklärt der SPÖ-Kandidat in einem Interview mit dem ORF.

Regierung entlassen: Die Regierung zu entlassen, hieße laut Hundstorfer Staatsnotstand. Damit darf man seiner Ansicht man nicht spekulieren.

Würde die Regierung jedoch gegen die Verfassung agieren, wäre das ein Punkt, an dem er die Regierung entlassen würde, wie Hundstorfer im Gespräch mit "Neuwal.com" sagt.

FPÖ-Regierung angeloben: Als Bundespräsident möchte Hundstorfer keiner Regierung die Angelobung verweigern. "Der Bundespräsident kann nicht als Einzelperson den Mehrheitswillen überrollen", sagt der SPÖ-Präsidentschaftskandidat im "Kurier".

Geschichtsverständnis: Seiner Meinung nach gibt in unserem Land ein antifaschistisches Selbstverständnis und er will sich bemühen, dieses im Rahmen seiner Möglichkeiten weiter voranzutreiben, sagt Hundstorfer dem "Standard". Im Wahlkampf attackierte er den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer aufgrund dessen Ehrenmitgliedschaft in der Burschenschaft "Marko-Germania zu Pinkafeld".

Größter Aufreger: Wenn es um einen Skandal und Rudolf Hundstorfer geht, muss man ins Jahr 2005 zurückgehen. Als sich die Bawag bei hochriskanten "Karibik-Geschäften" verspekulierte, wurde bekannt, das Hundstorfer als stellvertretender ÖGB-Chef ein Papier unterschrieb, das dem Gewerkschaftsbund die Schulden der Bawag in Höhe von 1,53 Milliarden Euro übertrug.

Die Bawag, deren Eigentümer der ÖGB war, konnte so für einen späteren Verkauf attraktiver erscheinen. "Ich wusste nicht, was ich da unterschrieb", sagte Hundstorfer später dazu.

Kürzlich musste sich Hundstorfer für einen Tweet eines Mitarbeiters seiner Parteizentrale entschuldigen. Ein SPÖ-Angestellter hatte dem nach einem Unfall gehbehinderten FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer Helmut Qualtingers "Krüppellied" gewidmet.

Andreas Khol

Motto: "Österreich stärken"

Flüchtlinge: Der ÖVP-Präsidentschaftskandidat steht klar hinter der von der Regierung festgelegten Obergrenze für Flüchtlinge. Dem ORF sagt Andreas Khol: "Der Großteil der Bevölkerung hat immer stärker Angst, weil wir so viele Flüchtlinge ins Land nehmen."

Regierung entlassen: Davon hält Khol sehr wenig. "Der Bundespräsident ist nicht Troublemaker, sondern Troubleshooter. Er darf es nicht auf Verfassungskonflikte anlegen. Die Regierung ist in Einheit mit dem Präsidenten zu sehen", sagt er dem "Kurier".

FPÖ-Regierung angeloben: Khol würde als Präsident den Chef der stärksten Partei mit der Regierungsbildung beauftragen. Sollte Heinz-Christian Strache die Nummer eins sein, würde er auch diese Regierung angeloben.

Geschichtsverständnis: Für Erstaunen sorgt der ÖVP-Kandidat mit seinen historischen Ansichten. "Das Land Österreich war ein Opfer des Nationalsozialismus, viele Österreicher waren aber auch Täter", sagt er im ATV-Polit-Talk "Klartext".

Den wegen seiner SA-Vergangenheit umstrittenen Bundespräsidenten Kurt Waldheim verteidigt Khol als "Ehrenmann und aufrechten Christdemokraten".

Größter Aufreger: Einen Aufreger aus dem Jahr 1995 thematisierte kürzlich das Magazin "Profil". Das Nachrichtenmagazin war seinerzeit mit dem Titel "Kardinal Hans Hermann Groer hat mich sexuell missbraucht" erschienen.

Am Wochenende davor habe Andreas Khol, damals Klubobmann der ÖVP, Parteianwalt Michael Graff mobilisiert, deshalb einen Beschlagnahmeantrag gegen "Profil" zu verfassen. Dieser Vorwurf ist dem Magazin zufolge von Khol niemals dementiert worden.

Richard Lugner

Motto: "Lugner for President"

Flüchtlinge: Bei der Flüchtlingspolitik vertritt Lugner eine sehr harte Linie. Heinz Fischer hätte seiner Meinung nach mit allen Staaten reden müssen, die eine Schengen-Außengrenze haben. "All diese Staaten hätten mit ihren Panzern und Kanonen die Grenzen sichern können", sagt Lugner dem "Standard".

Regierung entlassen: Eine neuerliche Koalition von SPÖ und ÖVP würde Lugner nicht mehr angeloben, der aktuellen Regierung würde er jedoch noch eine Chance geben.

FPÖ-Regierung angeloben: Eine FPÖ-Regierung würde er ebenso angeloben wie eine Regierung der SPÖ mit den Grünen.

Geschichtsverständnis: Zum Dritten Reich sagt Lugner: "Die Österreicher waren 1939 mehrheitlich dafür, dass der Nationalsozialismus kommt, aber sie haben nicht gewusst, was da alles dranhängt".

Größter Aufreger: Der Unternehmer hat keine politischen Skandale verursacht, sondern eher Aufreger in den Boulevardmedien - etwa Streits mit (ehemaligen) Partnerinnen in diversen Reality-Formaten.

Alexander Van der Bellen

Motto: "Mutig in die neuen Zeiten"

Flüchtlinge: Alexander Van der Bellen hat Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Obergrenze für Flüchtlinge angemeldet und stuft die Flüchtlingskrise nicht ausschließlich als Belastung ein. Er sieht auch eine "Chance für Österreich, hier junge, intelligente Arbeitskräfte im Laufe der Zeit zu integrieren", wie er dem ORF sagt.

Regierung entlassen: Die Regierung zu entlassen, wäre für den ehemaligen Grünen-Chef "sehr schwer vorstellbar. Das war seit 1929 nie der Fall. Das müsste etwas extrem Gravierendes sein. Ich hoffe, dass ich vor so eine Entscheidung nie gestellt werde", sagt er in einem Interview mit den "Salzburger Nachrichten".

FPÖ-Regierung angeloben: Eine von der FPÖ geführte Regierung würde Alexander Van der Bellen nicht angeloben. Er hätte "große Bedenken", einer Partei die Kanzlerschaft zuzugestehen, welche das vereinte Europa untergraben wolle.

Geschichtsverständnis: Was sein Geschichtsverständnis betrifft, hat sich Van der Bellen immer klar und deutlich gegen Faschismus und den Nationalsozialismus ausgesprochen.

Größter Aufreger: Der frühere Grünen-Abgeordnete hat trotz einer jahrzehntelangen Politkarriere keine Skandale auf seinem Buckel. Allerdings könnten es Nichtraucher als Skandal betrachten, wenn Van der Bellen als starker Raucher das höchste Amt des Landes bekleiden würde.

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