90 Zeugen, 14 Richter, 152 Seiten Wahlanfechtung: Der Verfassungsgerichtshof beschäftigt sich ab heute mit der Frage, ob die Stichwahl zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen wiederholt werden muss.

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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit der Befragung der Zeugen zur FPÖ-Anfechtung der Bundespräsidentenwahl begonnen. 14 Richter entscheiden darüber ob die Stichwahl vom 22. Mai zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen aufgehoben werden soll. Insgesamt werden bis Donnerstag 90 Vertreter von Wahlbehörden befragt.

Am Montag werden Mitglieder der Bezirkswahlbehörden Südoststeiermark, Innsbruck-Land, Villach-Stadt, Kitzbühel, Villach-Land und Schwaz befragt. Die folgenden Tage sind Zeugen aus den Bezirken Landeck, Wien-Umgebung, Hermagor, Hollabrunn, Wolfsberg, Freistadt, Liezen, Bregenz, Kufstein, Graz-Umgebung, Gänserndorf, Leibnitz, Völkermarkt und Reutte geladen.

VfGH-Präsident Gerhart Holzinger bezeichnete die Verhandlung in seiner Vorbemerkung wegen des öffentlichen Interesses als "große Herausforderung" für alle Beteiligten. Anders als bei anderen Fällen fungiert nicht ein einzelner Verfassungsrichter als Referent, sondern es gibt ein Richterteam.

Wahlwiederholung: Ganz oder gar nicht

Experten gehen davon aus, dass die Wahl entweder zur Gänze oder gar nicht wiederholt wird. "Wenn es zu einer Wiederholung kommt, ist zu erwarten, dass die gesamte Stichwahl wiederholt wird", sagte Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk der "Presse".

Nur die Briefwähler neu abstimmen zu lassen, sei in der Praxis unmöglich: Es lasse sich im Nachhinein nicht feststellen, wer seine Wahlkarte mit der Post geschickt habe und wer damit regulär in sein Wahllokal gegangen sei. "Eine isolierte Wiederholung der Briefwahl wäre nur möglich, wenn es ein zentrales Wählerregister gäbe."

Großzügiges Urteil möglich

"Wenn die Vorwürfe stimmen, wird sicher aufgehoben", glaubt Funks Juristenkollege Heinz Mayer. Und auch Verfassungsjurist Theo Öhlinger urteilt: "Wenn das in dem Ausmaß stimmt, ist das sehr wahrscheinlich."

Öhlinger geht im Gespräch mit der "Presse" davon aus, dass die Verfassungsrichter großzügig urteilen werden: "Wenn sich herausstellt, dass die Unregelmäßigkeiten sich der kritischen Zahl an Stimmen nähern, werden sie sich nicht krampfhaft bemühen, das unbedingt auf bestimmte Wahlbezirke zu beschränken."

Ludwig Adamovich, von 1984 bis 2002 Präsident des VfGH, bezeichnete die zu beurteilenden Sachverhalte in einem "Standard"-Interview als "sehr komplex. "Es steht ja nicht ein einzelner Vorwurf im Raum, sondern eine Vielzahl von Behauptungen, die viele Gremien im Wahlverfahren hinterfragen. Die Quantität und die Qualität der Vorwürfe sind also sehr hoch." (ank)

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