Alexander Van der Bellen, Rudolf Hundstorfer, Andreas Khol, Norbert Hofer, Irmgard Griss und Richard Lugner diskutierten in der "Runde der Kandidaten zur Bundespräsidentenwahl ein letztes Mal ihre Positionen.
Es war einer der intensivsten Wahlkämpfe der letzten Jahrzehnte, der Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016. Am Sonntag werden die Wähler entscheiden, wer als neues Staatsoberhaupt Österreichs in Frage kommt.
Sechs Kandidaten stehen zur Wahl, die am Donnerstag bei der abschließenden ORF-Elefantenrunde bei Ingrid Thurnher zu Gast waren:
Vorweg: In der "Runde der Kandidaten zur Bundespräsidentenwahl" blieben Überraschungen aus. Interessant zu beobachten jedoch war, dass alle Kandidaten in ihrem Verhalten den derzeit kolportieren Umfragewerten entsprachen. Und ob tief oder hoch, auf die Frage, wie sie mit ihrem Wahlkampf zufrieden seien, antworteten sie unisono: sehr.
Selbstlob bei Wahlkampf-Fazit
Für Irmgard Griss war der Wahlkampf etwas zu rau und persönlich. Sie hätte mehr Fairness erwartet, gestand sie.
Einer, der Konfrontationen bekanntlich nicht scheut, ist FPÖ-Kandidat
Selbstzufrieden zeigten sich auch SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol von der ÖVP. Letzterer zeigte sich vom Engagement der Jungen angetan: "Die These von der Politverdrossenheit der Jugend wurde widerlegt."
Etwas differenzierter betrachtete Alexander Van Der Bellen die vergangenen Monate: "Man kann nicht alles richtig machen, aber wir haben es ganz gut gemacht. Über vier Monate bei Umfragen in der Pole-Position zu stehen ist ganz gut."
Angesprochen auf die Debatte rund um seine Unabhängigkeit obgleich er von den Grünen unterstützt wird, sagte er: "Ich wollte von Anfang an das Überparteiliche des Amtes betonen."
Tagespolitik: "Aufgabe ist nicht die Schlagzeige des nächsten Tages"
Besonders eifrig diskutiert wurden im Wahlkampf die Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten des Bundespräsidenten. Auch wenn viele Ankündigungen und Vorhaben in den Bereich der Wahlkampfpolemik fallen, so hat die Stimme des Präsidenten dennoch Gewicht.
Zur Vorsicht vor polemischen Ansagen in der Rolle als Staatspräsident riet Van der Bellen: "Aufgabe des Bundespräsidenten ist es nicht, um die Schlagzeile des nächsten Tages zu kämpfen."
In die Tagespolitik würde er sich nicht einmischen, die doch zu flexibel und schnelllebig sei. Überhaupt: Ein Präsident solle diplomatisch wirken und sich vornehm zurückhalten. Mit dieser Meinung war Van der Bellen weitgehend alleine.
"Präsident ist nicht der Super-Bundeskanzler"
Hundstorfer und Khol beteuerten, dass man viel "hinter der Tapetentür" machen könne. Gespräche seien wichtig.
Khol: "Der Bundespräsident hat die Macht des Wortes, muss sie aber sehr dosiert einsetzen. Der Präsident ist nicht der Super-Bundeskanzler."
Anders sahen das Griss, Hofer und
Der Kompetenz-Check: Was darf man von den Kandidaten erwarten?
Doch auch in der Elefantenrunde stand der Fokus auf den Kompetenzen des Bundespräsidenten. Hier stellte Hundstorfer klar: "Als Präsident ist man nicht die Regierung."
Man könne aber durch Gespräche dafür sorgen, dass wichtige Punkte umgesetzt werden. Er jedenfalls glaube an die überzeugende Kraft des Wortes, sagte er und verweigerte selbiges Richard Lugner, mit der Begründung: "Sie verzeihen, dass ich auf solche Einwände nicht mehr eingehe, dafür ist das Amt viel zu wichtig."
Wichtig genug, um eine Regierung zu entlassen? Dazu Khol: "Der Präsident ist keiner, der mit der Regierung in Konflikt steht. Doch wenn gar nichts mehr geht, kann er den Kanzler entlassen." Er würde sich als Sicherheitspräsident positionieren.
Allgemeiner fiel die Antwort von Norbert Hofer aus: "Man muss alles nutzen was man hat." Angesprochen auf die Forderung seiner Partei, wonach man das Präsidentenamt abschaffen bzw. mit dem Bundeskanzler vereinen sollte, davon wollte er nichts mehr wissen.
Van der Bellen zur FPÖ: "Schaden von Österreich abwenden"
"Ich habe bemerkt, dass viele mit den Rechten und Pflichten des Präsidenten gar nicht vertraut sind und wohl keiner von uns glaubt, dass der Bundespräsident allmächtig ist", relativierte Van der Bellen. Einmal mehr wiederholte er, dass er die FPÖ nicht angeloben werde.
Als Präsident würde Hofer wohl alles dafür tun, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wohl schleunigst Kanzler werden könne, sagte der langjährige Grünen-Chef und ergänzte: "Ich werde mich mit besten Wissen dafür einsetzen, diesen Schaden von Österreich abzuwenden."
In Sachen Kompetenzen fanden Griss und Lugner eine gemeinsame Linie. Beide würden sich für mehr Unabhängigkeit einsetzen und versuchen, die Parteipolitik aus der Besetzung diverser Ämter hinauszudrängen.
Ob das in diesem Amt gelingen würde? Sowohl für Griss und Lugner war klar: ja, der Präsident könne das. Wie genau? Eine Antwort blieben beide schuldig.
Das Gesicht Österreichs: Wie reisefreudig ist der künftige Präsident?
Ob zu Besuch bei der Queen in London, beim Papst in Rom oder in anderen Ländern – zu den Pflichten eines Präsidenten gehört die Kompetenz, das Land nach außen zu vertreten. Vorausgesetzt der Präsident wird von dem jeweiligen Land eingeladen.
Einer, der Reisen bekanntlich über alles liebt, ist Richard Lugner. Er würde sich auch im Ausland für den Fortschritt der österreichischen Wirtschaft einsetzen sowie Friedensmissionen unterstützen, wie er sagte.
Reisefreudig wäre aber auch Van der Bellen, der zuvor mit dem Außenministerium eine Strategie für die kommenden sechs Jahre entwickelt würde: "Der Präsident hat eine andere Funktion als Kanzler oder Außenminister. Er ist neutraler nicht parteigebunden." Er hoffe seine 30 Jahren Wirtschaftserfahrung einbringen zu können.
Weniger reisefreudig gab sich FPÖ-Kandidat Hofer. Er würde sich als Präsident auf die Nation konzentrieren, außer: "Wenn es bei den Reisen um rein österreichische Interessen geht." So würde es auch ÖVP-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol halten.
Rudolf Hundstorfers Antwort überraschte. Der langjähriger Gewerkschafter würde einen Fokus auf die Wirtschaft setzen: "Mir ist es wichtig auf Wirtschaftskontakte zu setzen und vor allem Start-up Unternehmen hineinzunehmen."
Einem ganz anderen Schwerpunkt würde sich Griss widmen, nämlich Afrika. Von dort, sagte sie, sei die nächste große Migrationswelle zu erwarten.
Der Bundespräsident als Oberbefehlshaber des Bundesheers
Hierbei galt die erste Frage Griss: Ob im Falle eines weiblichen Präsidenten die Zeit auch reif für Wehrpflicht für Frauen sei? "Nein", sagte Griss und betonte, dass sie sich gut vorstellen könne die Funktion als Oberbefehlshaberin wahrzunehmen.
Einer, der nie beim Bundesheer war, aber eine gewagte Meinung dazu vertrat: Richard Lugner. In seinen Augen haben Frauen nichts beim Bundesheer verloren: "Die haben was anderes zu tun, nämlich Kinder zu bekommen."
Hofer: "Heer wurde finanziell ausgehungert"
Dezenter drückte sich Khol aus. Für ihn ist die Wehrpflicht unumstößlich. Als Präsident würde er sich für eine Aufstockung des Budgets einsetzen. Nämlich um 210 Millionen Euro.
Ähnlich formulierte es Hofer: "Ich glaube, dass der Wehrdienst der richtige Weg ist. Wir brauchen aber mehr finanzielle Mittel. Das Heer wurde finanziell ausgehungert und ist an der Grenze der Leistungsfähigkeit."
Klar für ein Berufsheer sprach sich Van der Bellen aus. Eine Anfrage auf Verlängerung des Präsenzdienstes, wie sie derzeit diskutiert wird, würde er ablehnen. Er stellte klar: "Das Bundesheer darf keine polizeilichen Maßnahmen übernehmen."
Auch Hundstorfer würde "zur Stunde" den Präsenzdienst nicht verlängern. Er korrigierte allerdings: "Man weiß nie, was in zwei Jahren sein wird."
Österreich und seine Neutralität
Bei Prognosen zur Neutralität tat sich Hundstorfer leichter und sagte auf die Frage, ob er einen Einsatz in Syrien billigen würde: "Kein europäisches Land wird Bodentruppen in Syrien einsetzen. Ich bin froh, dass wir die Neutralität haben." Wohlwissend, wie er zugab, dass "wir schon unseren Beitrag zur Sicherung von EU-Außengrenzen leisten müssen."
Solidarischer zeigte sich Khol: "Wir sollten daran festhalten, dass wir keine fremden Truppen im Land haben. Ich glaube aber, dass ein gemeinsamer Schutz der EU-Außengrenzen wichtig sein wird."
Auch für Van der Bellen wäre Auslandseinsätze denkbar, allerdings nur mit Uno-Mandat.
Gänzlich gegen einen Einsatz des Bundesheeres im Ausland sprach sich Hofer aus: "Ich möchte nicht, dass Österreicher auf einem Schlachtfeld sterben, wo sie nichts verloren haben."
Ob sich Österreich auf Dauer aus solchen Konflikten heraushalten könne, wollte Griss nicht beurteilen, sprach sich aber klar für die Neutralität aus.
"Wird einen Dreier geben": Auf was sich die Kandidaten freuen
Zwar ist das Amt des Bundespräsidenten mit vielen Pflichten behaftet, doch bietet es auch viele schöne Momente. Die große Schlussfrage an die Kandidaten: Auf was freuen sie sich denn am meisten?
Von fast allen wurde der Opernball erwähnt, den wohl keiner so gut kennt wie Richard Lugner. Der würde sich als Staatsmann aber nicht auf Busenwunder und Fernsehstars konzentrieren, sondern auf international angesehene Staatsgäste. Wörtlich sage er: "Ich würde Gäste einladen, die man kennt. Nicht so wie den finnischen Präsidenten dieses Jahr."
Mit dabei wäre Hundstorfer, der als begeisterter Ballbesucher mit 16 bis 17 Bällen pro Jahr, nicht nur beim Opernball antanzen würde, sondern auch dem Kultursommer viel abgewinnen könnte. Als Belastung sehe er die vielen Veranstaltungen jedenfalls nicht, sagte er.
Ganz anders Khol :"Mit Freude würde ich es nicht machen, aber so, dass alle zufrieden wären."
Und während Griss laut überlegte, die Neujahrsansprache vielleicht öfter als einmal zu halten, freute sich Van der Bellen auf die Salzburger Festspiele.
Der übrigens sorgte auch für einen amüsanten Abschluss, als er, auf die Frage, wen er im Rennen um die Hofburg vorne sehe, meinte: "Es wird wohl einen Dreier geben."
Interviews mit allen Kandidaten:
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