Er möchte dafür sorgen, dass Österreich als weltoffen, modern und innovativ wahrgenommen wird, für Gesamteuropa pocht er aber auf mehr Solidarität: Die SPÖ schickt am 24. April Rudolf Hundstorfer ins Rennen für das Bundespräsidentenamt. Das Interview.
Seinen Sessel als Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat Rudolf Hundstorfer (SPÖ) geräumt. Der Wiener und ehemalige Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) kandidiert für das Amt des Bundespräsidenten. Alle seine bisherigen Stationen würden in diese Aufgabe miteinfließen, sagt er im Interview mit unserer Redaktion.
Herr Hundstorfer, Sie sind einstimmig von Ihrer Partei als Kandidat für das Bundespräsidentenamt nominiert worden. Inwieweit hilft Ihnen dieser Umstand nun im Wahlkampf?
Rudolf Hundstorfer: Natürlich hilft es, Unterstützung und Rückhalt in einem so großen Ausmaß zu erfahren. Von Menschen, die hinter einem stehen, kann man in einem Wahlkampf gar nicht genug haben.
Inwieweit werden Ihre Erfahrungen als Sozialminister in das neue Amt miteinfließen?
Nicht nur meine Erfahrungen als Sozialminister, auch die als Gewerkschafter, als Gemeinderatsvorsitzender und auch jene als Kanzleilehrling – alle bisherigen Stationen meines Lebens werden in das neue Amt einfließen. Denn alle diese Erfahrungen haben mich geprägt. Ich bekenne mich zu meinen Wurzeln, diese will und kann ich auch im höchsten Amt der Republik nicht leugnen. In meinen bisherigen Funktionen war es wichtig, mit Vertretern und Vertreterinnen verschiedenster Interessen in Dialog zu treten und diese Interessen auch überparteilich zu repräsentieren. Das ist auch im Amt des Bundespräsidenten wichtig.
Was haben Sie Ihren Gegnern voraus?
Ich habe schon oft bewiesen, dass ich die Menschen vertreten und mit allen reden kann. Das ist eine meiner Stärken. Insbesondere als Sozialminister, aber auch als ÖGB-Präsident, habe ich das Zusammenführende, das Ausgleichende – das Brückenbauen – gelernt und praktiziert. Das zeichnet mich aus. Ebenso, dass ich immer aufstehen werde, wenn unser solidarisches Sozialsystem ins Wanken zu geraten droht. Die Eigenschaften der anderen Kandidaten will ich nicht qualifizieren.
Sie haben 2015 den Big-Brother-Award "Lifetime" verliehen bekommen - mit dem Vorwurf, die Überwachung von sozial schwachen Mitbürgern durch übergreifende Datensammlung mittels Arbeitsämter und Gesundheitswesen in besonderem Maße vorangetrieben zu haben. Wie stehen Sie zu diesem Preis?
Als Konsumentenschutzminister war mir Datenschutz immer ein Anliegen. Ich habe etwa immer die Arbeit des Internet-Ombudsmanns und der Watchlist Internet unterstützt. Dieser Preis wurde mir im Übrigen nicht als Person und auch nicht für meine Funktion als Sozialminister zugesprochen.
Die SPÖ muss laut Umfrageergebnissen ja im Moment insgesamt Verluste hinnehmen. Welche Aktionen sind geplant, um unentschlossene Wähler bis zur Wahl im April für Sie zu gewinnen?
Bei dieser Wahlbewegung geht es um ein überparteiliches Amt, für das ich kandidiere. Ich trete an, um zu gewinnen und die Menschen davon zu überzeugen, dass ich der Richtige für dieses Amt bin. Ich werde daher in nächster Zeit sehr viel in ganz Österreich unterwegs sein, um mit möglichst vielen Menschen das persönliche Gespräch zu suchen.
Wer ist Ihr Wähler?
Dieses Land hat eine bunte Vielfalt an Menschen und Meinungen. Ich möchte alle ansprechen: die junge genauso wie die ältere Generation, die Arbeiter und Arbeiterinnen, Angestellten, Beamten, Selbstständigen. Als Gewerkschafter, als ÖGB-Präsident und als Minister habe ich gelernt, mit allen in Dialog zu treten.
Österreich hat ja eine Obergrenze für Flüchtlinge eingeführt. Wie stehen Sie zu dieser Maßnahme?
Allen ist klar, dass Österreich und zwei, drei andere Länder nicht alle Flüchtlinge aufnehmen können, die nach Europa wollen. Die Bundesregierung musste etwas tun und hat wie Schweden oder Holland mit dem Richtwert ein Signal gesetzt. Das, was die österreichische Bevölkerung im Vorjahr geleistet hat, kann nicht ewig so weitergehen. Diese Signal richtet sich vor allem an die EU: Es müssen mehr Anstrengungen für gemeinsame Lösungen unternommen werden. In Österreich müssen wir jetzt einmal die Menschen, integrieren, die bereits da sind.
Was erwarten Sie von der EU?
Was wir brauchen, ist eine Stärkung des gemeinsamen Europas. Derzeit driftet Europa leider auseinander. Oft wird aus nationalistischen und populistischen Motiven gegen die Europäische Union polemisiert. Populisten sind jedoch Vereinfacher und bieten nur scheinbar Lösungen an. Kein Land darf vergessen, wie viel es von der EU profitiert hat und muss auch seinen Verantwortungen nachkommen. Krisen machen nicht vor Landesgrenzen halt. Wir können sie nur durch Zusammenhalt und Solidarität innerhalb Europas bewältigen.
Wie möchten Sie Ihr Land repräsentieren?
Mir liegt Österreich als Sozialstaat sehr am Herzen. Das österreichische Sozialsystem gehört zu den besten der Welt und genießt einen hervorragenden Ruf. Bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sind wir europaweit Vorreiter, da kommen laufend Delegationen, um sich unsere Best-Practice-Modelle anzuschauen.
Ich möchte, dass Österreich als das weltoffene, moderne und innovative Land wahrgenommen wird, das es ist. Das aber gleichzeitig auf sozialen Ausgleich setzt und zeigt, dass hierzulande Sozialstaat und erfolgreiches Unternehmertum keine Widersprüche sind, sondern zusammengehören. Österreich soll auch weiterhin ein Land der sozialen Sicherheit sein. Ich wünsche mir, dass alle die gleichen Chancen haben und niemand zurückgelassen wird. Denn das macht sozialen Zusammenhalt aus.
Welchen Kanzler hätten Sie gerne an Ihrer Seite und warum?
Mit Werner Faymann verbindet mich eine gute Zusammenarbeit und ein freundschaftliches Verhältnis. Er hat bewiesen, dass er auch in schwierigen Zeiten ein guter Kanzler ist. Faymann hat Österreich sicher durch die Wirtschaftskrise geführt und setzt sich in der Flüchtlingskrise auf innenpolitischer wie auf EU-Ebene für Menschlichkeit und Ordnung ein.
Was wäre Ihr schlimmster Albtraum in Bezug auf den Wahlausgang?
Ich bin angetreten, um zu gewinnen. Da gilt es auch, Ruhe zu bewahren und die Wahlbewegung professionell zu bestreiten. Von hypothetischen Szenarien lassen ich mich nicht beirren.
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