Mehr als ein Drittel der Stimmen verbuchte der blaue Kandidat Norbert Hofer im ersten Wahlgang für sich. Er wolle ein aktiver Präsident sein, bekräftigte er nach der Wahl. Wie könnte sich Österreich verändern, würde Hofer wirklich Präsident?
Das erste Mal in der Geschichte der zweiten Republik bekommt Österreich einen Bundespräsidenten, der nicht von einer der beiden ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP gestellt wird.
Nach dem überraschend eindeutigen Sieg von FPÖ-Mann
Während sich ein Drittel der Bevölkerung über den Rechtsruck freut, blicken viele besorgt in die Zukunft. Schon kurz nach der Wahl am Sonntag wurden Stimmen laut, wonach im Falle einer Präsidentschaft von Hofer Sanktionen und Neuwahlen zu befürchten seien.
Laut Trendanalyse der Suchmaschine Google waren die Suchanfragen zum Thema "Auswandern" so hoch wie nie zuvor. Sogar ein "Öxit" (das heimische Pendant zum Grexit, also den Ausstieg Österreichs aus der EU) wurde diskutiert.
Doch auch wenn Hofer am Sonntag den ersten Platz belegt hat: Ein Sieg ist es erst, wenn er am 22. Mai die Mehrheit der Stimmen bekommt. Für Politberater und Politikexperte Peter Plaikner ist Hofers Einzug in die Hofburg noch nicht sicher.
"Ich traue Alexander Van der Bellen und seinen Leuten durchaus zu, sich so breit aufzustellen, dass er auch bürgerliche Kreisen sowie alles links der Mitte für sich vereinen kann", sagt der Experte. Eine "gemähte Wiese" sei die Stichwahl für den blauen Kandidaten keineswegs. Doch Prognosen sind in der aktuellen Lage schwierig.
Sanktionen vorstellbar, aber kaum realistisch
Was, wenn Hofer die Mehrheit erhält? Welche Folgen hätte es für Österreich und das internationale Ansehen, wenn ein Rechtspopulist das Land vertritt? Dass Hofers Auftreten international eine andere Bedeutung haben würde als jenes Van der Bellens, müsse jedem klar sein, sagt Plaikner.
Bei Diskussionsrunden im Vorfeld der Wahl hat Hofer schon anklingen lassen, dass er sich mehr den nationalen Problemen widmen will als internationalen Angelegenheiten. Hofers Mitgliedschaft bei einer deutschnationalen Burschenschaft macht die Angelegenheit nicht besser, zumal diese in einer Festschrift Österreich als Nation gar nicht anerkennt.
Ob das international Wellen schlagen wird? Sanktionen seien vorstellbar, meint Plaikner, aber wohl kaum in großem Ausmaß zu befürchten. Möglich sei, dass es bestimmte Staatstreffen nicht zustande kommen würden.
An einen Imageschaden für Österreich glaubt der Politanalyst nicht: "Letztlich haben alle europäischen Staaten mit ähnlichen Verschiebungen im Links-Rechts-Spektrum zu tun. Das Links-Rechts-Schema löst sich allmählich auf."
Kein SPÖ-ÖVP-Präsident: Premiere in der 2. Republik
Spannender gestaltet sich die Situation national, denn das Verhältnis zwischen Präsident und Regierung wäre wohl getrübt. "Es ist eine Premiere in der 2. Republik, dass der Präsident als Gegenpol zur Regierung steht", sagt Plaikner.
Nur einmal gab es eine ähnliche Phase, im Jahr 1986. Damals gelobte Staatsoberhaupt Kurt Waldheim die Regierung Vranitzky I mit Franz Vranitzy (SPÖ) als Bundeskanzler und Norbert Steger (FPÖ) als Vizekanzler an. Nur sechs Monate später gab es Neuwahlen. Vergleichswerte fehlen somit.
Was jedoch passieren würde: "Es käme zu einer Stärkung des Amtes des Bundespräsidenten. Hofer hat die Möglichkeit seine Person in die Waagschale zu werfen und als Mahner aufzutreten", erklärt Politexperte Plaikner. Aufgrund der geringen Persönlichkeitswerte von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) würde ihm das gelingen.
"Amt wird überschätzt"
Kann Hofer die Regierung entlassen und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als Kanzler in Spiel bringen? "Das ist zielgerichtete Schwarzmalerei. Das würde kaum passieren", sagt Plaikner.
Natürlich könne die FPÖ aber in allen Diskussionspunkte ihre Figur des Bundespräsidenten ins Spiel bringen - was im Übrigen auch für die Grünen gelte.
Ist an dem Wahlkampfgetöse also womöglich weniger dran als angekündigt? "Das Amt wird derzeit schon unglaublich überschätzt. Bisher war der Präsident Staatsnotar. Natürlich wäre, ausgehend von der Verfassung, mehr möglich. Aber ob diese Möglichkeiten wirklich wahrgenommen werden ist fraglich", sagt Plaikner mit einem Verweis auf Thomas Klestil, der sich als Präsident stets gerne in die Tagespolitik eingemischt hat, doch letztlich auch nicht mit allen Wünschen durchkam.
Doch auch wenn Klestil politisch aktiv war, er war doch noch ein Mitglied der ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP, die sich damals noch das Land aufgeteilt haben, die es aber spätestens seit den Wahlen am Sonntag in der Form nicht mehr gibt.
Dennoch rät ihnen Plaikner nicht zum Rückzug: "Aus meiner Sicht haben sie ein Fenster von vier Wochen, in dem sie sich konstruktiv an einem Wahlgang beteiligen könnten. Damit die Bürger merken, dass das Staatswohl im Vordergrund steht, für die angeblich staatstragenden Parteien."
Hofer will als Präsident sein Amt ausreizen und würde wohl alle Möglichkeiten wahrnehmen würde, sich in die Tagespolitik einzumischen. Dass er damit aber plötzlich zu einem Super-Bundeskanzler aufsteigen würde, ist schon per Verfassung nicht möglich und gehört eher in die Wahlkampfschublade der FPÖ, die das Amt schon früher mit dem des Kanzlers zusammenlegen wollte.
Denn auch wenn über die vielen Rechte gesprochen wird, die der österreichische Bundespräsident hat, so hat dieser auch viele Pflichten, die Republik zu vertreten - und denen könnte sich auch Hofer nicht entziehen.
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