Am 4. Dezember wählt Österreich seinen neuen Bundespräsidenten. Kandidat Alexander Van der Bellen äußert sich kurz vor der Wahl über Hitler-Vergleiche, TTIP und den Umgang mit heimischen Erdogan-Fans.
Kurz vor der Abstimmung ist der Wahlkampf der beiden Bundespräsidenten-Kandidaten noch in vollem Gange. In einem Interview mit dem "Standard" äußerte sich der Bundespräsidentschaftskandidat
"Der Hitler-Vergleich ist nicht nur boshaft, er bedeutet auch eine Verniedlichung des Hitlerismus und des Nationalsozialismus.", sagte
Demonstrationsverbot gegen Erdogan-Anhänger mit Vorsicht genießen
Mit Sorge betrachtet Van der Bellen auch die Demonstranten, die in Österreich für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf die Straße gehen. "Wenn damit für die Einschränkung der Meinungsfreiheit, der Medienfreiheit und implizit gegen die Rechte eines Teils der türkischen Bevölkerung, der Kurden, mitdemonstriert wird, ist das gar nicht in Ordnung.", erklärt Van der Bellen.
Für ein grundsätzliches Verbot dieser Demonstrationen spricht sich Van der Bellen allerdings nicht aus. Falls er Bundespräsident wird, würde er lieber die Organisatoren zu Gesprächen einladen und den Grund für den Protest ermitteln.
Auch einen EU-Beitritt der Türkei in den kommenden sechs Jahren sieht Van der Bellen als problematisch. "In den nächsten sechs Jahren ist der Beitritt wohl ausgeschlossen. Egal, ob die Türkei jetzt die rote Linie überschreitet oder nicht. Die Einführung der Todesstrafe wäre so eine." Dabei spielen auch die Gedanken an den Abbruch der Beitrittsgespräche eine Rolle.
"Ähnliche Überlegungen gibt es immer, wenn wir mit unsympathischen Regimen sprechen. Manchmal stellt sich aber heraus, dass ein Minimum an Konsens erzielt werden kann – deswegen brauchen wir bei dem Zeithorizont keine Tür zuzuschlagen. Denn damit helfen wir weder den Journalisten noch den Kurden noch den Frauen in der Türkei."
Abwägung der TTIP-Verhandlungen unter Präsident Trump
Die Pläne des designierten US-Präsidenten Donald Trump, TTIP und andere Freihandelsabkommen aufzuheben, sieht Van der Bellen mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei davon auszugehen, dass das Freihandelsabkommen mit den USA nicht zustande kommt, was der Exportwirtschaft schaden wird.
Andererseits sollte man auch auf die berechtigten Bedenken der regional ansässigen Bauern eingehen. "Und das muss man, falls doch weiterverhandelt werden sollte, alles behutsam abwägen, wie Heinz Fischer sagen würde.", sagte Van der Bellen gegenüber "Standard". (arg)
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