Wie schon in anderen Landtagswahlen und bei der Nationalratswahl steigen die NEOS in Salzburg sensationell ein. Sie haben sich nicht nur kürzlich mit dem Liberalen Forum medienwirksam "verheiratet", sondern vertreten auch ähnliche Ansätze. Das LIF kam seinerzeit über gute Anläufe nicht hinaus, den NEOS scheint mehr zu gelingen.
"Die Sehnsucht nach etwas Neuem ist so groß, dass die NEOS gar nichts falsch machen können", urteilt Politologe Peter Filzmaier. In einem Interview mit der "Kleinen Zeitung" versucht er den anhaltenden Erfolg der liberalen Jungpartei zu erklären. Tatsächlich scheint der Partei im Moment alles aufzugehen. Trotz eines relativ inhaltslosen Wahlkampfes ("Salzburg wachküssen") schafften es die NEOS bei den Salzburger Gemeinderatswahlen auf Anhieb auf mehr als zwölf Prozent.
Teils inhaltslose, jedoch immer emotionale Aufrufe nach liberaler Veränderung scheinen vor allem die junge urbane Wählerschaft zu mobilisieren - und sind bis dato das Erfolgsrezept der Partei. Das tot geglaubte liberal-bürgerliche Lager haben
Der Ausgangspunkt für Österreichs erstes "liberales Experiment" war denkbar anders. Im Februar 1993, als die Großparteien noch ihrem Namen gerecht wurden, gründete die ehemalige FPÖ-Abgeordnete Heide Schmidt das Liberale Forum (LIF). Dabei hatte das LIF "von Anfang an mit der schwach ausgeprägten gesellschaftlichen Verankerung des politischen Liberalismus in der Zweiten Republik zu kämpfen", sagt Politikexperte Stefan Bachleitner.
Achtungserfolge, aber nicht mehr
Dennoch, im Mai 1993 erzielte man einen ersten Achtungserfolg: Mit 5,12 Prozent zog das LIF in den niederösterreichischen Landtag ein. Bei den Nationalratswahlen im Oktober 1994 schaffte es die Partei mit 11 Mandaten ins Parlament. Erfolge bei den vorgezogenen Nationalratswahlen 1995, der Wiener Gemeinderatswahl 1996, und der EU-Parlamentswahl im selben Jahr folgten. Danach ging es jedoch rapide bergab: Im Oktober 1999 schaffte es das LIF nicht mehr in den Nationalrat. Heide Schmidt legte infolge im Jahr 2000 den Parteivorsitz zurück.
Fehlende finanzielle Ressourcen, die Ausrichtung auf eine einzige Führungskraft, eine schwache Abgrenzung zu den Grünen sowie unnützer Streit in politischen Randthemen - etwa beim Verbot von Kruzifixen in Schulen - waren die Hauptursachen für die Implosion der Partei. Kritiker nannten das LIF eine "antiklerikale Schwulen- und Haschischpartei". Laut Bachleitner "war es für das LIF eine fatale Strategie, sich über gesellschaftsliberale Nischen- und Reizthemen zu differenzieren". Jedoch war dies auch ein Resultat des liberalen Kurses der ÖVP: Wirtschaftsliberale Positionen hatten damals wenig Raum, da Wolfgang Schüssel eine extreme neoliberale Agenda forcierte.
Ausgangsposition für NEOS ist anders
Stefan Bachleitner zufolge finden die NEOS als Oppositionspartei deutlich günstigere Rahmenbedingungen vor als seinerzeit das LIF. "Der größte Unterschied zu 1993 besteht heute in der gesellschafts- und nicht zuletzt bildungspolitischen Verengung einer seit der schwarz-blauen Koalition 'angehaiderten' ÖVP." Die ideologischen Themenbereiche der NEOS sind breiter - manche Experten finden: verschwommener – angelegt. Im Gegensatz zu den straffen Themen des LIF schreckt das indes die Wähler nicht ab.
Wie schaut die Zukunft der NEOS aus? "Rosig bis Pink", glaubt Bachleitner. Die NEOS können nach Ansicht des Politikexperten zuversichtlich in die Europawahlen am 25. Mai gehen. Denn sie "profitieren vom starken Interesse der Medien - und eines immer mobileren Wahlvolks - an einer frischen politischen Kraft." Unter diesen Rahmenbedingungen dürften sie bei den nächsten Wahlen zwangsläufig Zugewinne für sich verbuchen – und müssen lediglich aufpassen, keine uneinlösbaren Erwartungshaltungen aufkommen zu lassen. Gleichzeitig berge jedes rasche Wachstum auch Gefahren in sich, mahnt Bachleitner: "Junge Bewegungen mit entsprechend unerfahrenen Mandatarinnen und Mandataren sind anfällig für Konflikte, Fettnäpfchen und taktische Fehler."
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