Die Anzahl der Verbrechen, die in Österreich von Asylsuchenden verübt wurden, ist im Vergleich zum Vorjahr um 38,8 Prozent gestiegen. Handelt es sich um eine Anhäufung von Zufällen, oder befindet sich die Integrationspolitik in Österreich in einer Sackgasse?
Ereignisse der vergangenen Wochen und Monate ließen aufhorchen: Übergriffe in Wien am Praterstern häuften sich, in Linz wurde ein 17-jähriges Mädchen vergewaltigt. Immer wieder als Schuldige im Fokus: Asylwerber. Auch die aktuelle Kriminalstatistik des Innenministeriums zeichnet kein ermutigendes Bild. Ist die Integration hierzulande auf dem richtigen Weg?
Kein Kompromiss: Rechtsstaat als Basis
Ein heiß umstrittenes Thema bei der Integration von Zuwanderern ist das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Religionen – der "Clash of religions". Franz Wolf, Geschäftsführer des Integrationsfonds Österreich meint dazu, dass es entscheidend sei zu vermitteln, dass die Basis unseres Zusammenlebens der Rechtsstaat und unsere gemeinsamen Werthaltungen bilden. So steht es auch im offiziellen Folder, der den Flüchtlingen in die Hände gedrückt wird.
Religion könne für Integration durchaus eine Brücke sein, findet Wolf, ergänzt aber: "In Österreich gibt es Religionsfreiheit. Was uns verbindet, sind die Werte unserer Verfassung. Was religiöse Symbole im öffentlichen Raum angeht, hat der Verfassungsgerichtshof 2011 entschieden, dass das Anbringen von Kreuzen in Kindergärten oder Schulen als Symbol der abendländischen Geistesgeschichte zu werten ist und damit keine Präferenz einer religiösen Glaubensüberzeugung darstellt."
Im Integrationsprozess würden österreichische Grundwerte des Zusammenlebens in Werte- und Orientierungskursen für Flüchtlinge, die seit Anfang des Jahres in ganz Österreich vom ÖIF (Österreichischer Integrationsfonds) abgehalten werden, vermittelt.
Lehrerin den Handschlag verweigern?
Immer im Fokus der Diskussion: der Umgang mit Frauen. In der Schweiz beschäftigt derzeit ein Fall die Medien, in dem zwei Schüler ihrer Lehrerin aus religiösen Gründen den Handschlag verweigern. Die Schulleitung gab ihre Zustimmung. Wolf sagt dazu: "Diskriminierung von Frauen darf nicht toleriert werden. Sich angemessen freundlich zu grüßen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein."
In den Wertekursen würden diese Grundregeln des Zusammenlebens, sowie die Gleichberechtigung von Mann und Frau, anhand von Beispielen erklärt. Es werde den Asylwerbern auch beigebracht, dass sie – als Menschen in einer Notlage – vom solidarischen Wohlfahrtsstaat unterstützt werden, aber alles daran setzen müssen, sich aus dieser Notsituation zu befreien.
Deutsch als wichtigste Grundlage
Doch: Wollen überhaupt alle Zuwanderer eine solche Integration? Wäre es nicht legitim zu sagen, ich möchte zwar hier leben, eingebürgert sein, aber meine eigenen Prinzipien und kulturellen Eigenheiten beibehalten?
Wolf meint, dass Integration nur über Begegnung funktioniere. Wenn ich aber die Sprache nicht beherrsche, kann ich mich nicht mit der Mehrheit verständigen, in keinen Kontakt mit ihr treten.
Ähnliches gilt auch für die Werte unseres Landes. Es müssen Maßnahmen gesetzt werden, die Parallelgesellschaften explizit vermeiden. Gerade unbeschäftigte Jugendliche, die – obwohl sie hier Schutz finden - keine Zugehörigkeit zu Österreich empfinden, sind anfällig für Radikalisierung.
Sorge vieler Österreicher berechtigt?
Viele Österreicher befürchten, dass die heimische Integrationsarbeit nicht funktioniere. Ist die Sorge berechtigt? "Integration passiert jedenfalls nicht von alleine und darf nicht dem Zufall überlassen werden", erklärt Wolf und nennt eine Reihe von Maßnahmen des Staates, etwa im Bereich der Sprachförderung. Der ÖIF-Chef räumt aber auch ein, dass es gerade im Bereich Bildung noch viel zu tun gebe. Besonderer Integrationsbedarf bestehe natürlich in der Schule und im Kindergarten.
Umfragen der letzten Jahre haben gezeigt, dass das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zunehmend positiv wahrgenommen wurde. In den letzten Monaten habe sich diese Wahrnehmung aufgrund der aktuellen Ereignisse wieder verschlechtert. "Wenn wir die Herausforderungen der Flüchtlingsintegration nicht in den Griff bekommen, wird sich der aktuelle Trend der Verschlechterung fortsetzen", sagt Wolf.
Leistungskürzung für Integrationsunwillige
Wer sich nicht integrieren wolle, für den könne er sich Kürzungen der Leistungen vorstellen. Doch wie definiert sich eigentlich gelungene Integration? Wann kann man davon sprechen, dass jemand in Österreich angekommen und integriert ist? "Wesentliche Teile von Integration sind erfüllt, wenn Menschen die deutsche Sprache beherrschen und am Arbeitsmarkt tätig sind", so Wolf. Weiter sei der gesellschaftliche Austausch wie das Engagement in Vereinen, der aktive Kontakt mit Nachbarn oder der Schule und die Identifikation mit unserer Gemeinschaft wichtig.
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