Washington scheint eine militärische Eskalation vermeiden zu wollen. Die USA üben anderweitig Druck aus. Aus Teheran kommen unterdessen Friedensangebote und schrille Warnungen.
Die USA werfen dem Iran vor, "blutrünstig" zu sein - setzen nach den Angriffen auf saudische Ölanlagen aber zunächst auf härtere Sanktionen und die Entsendung zusätzlicher Truppen in den Nahen Osten. Der zusätzliche Druck werde Teherans Wirtschaft tiefer in einer Krise stürzen und den Iran dazu zwingen, dem Terrorismus abzuschwören und "ein normales Land" zu werden, sagte US-Außenminister Mike Pompeo am Sonntag dem Sender CBS. "Wir wollen eine friedliche Lösung" des Konflikts, auch wenn der Iran "offenbar blutrünstig ist und einen Krieg will", erklärte Pompeo. Aus Teheran kamen unterdessen widersprüchliche Signale.
Irans Präsident Hassan Ruhani kündigte bei einer Militärparade in Teheran eine Initiative für Sicherheit und Frieden in der Straße von Hormus an. Mit der "Koalition der Hoffnung" will der Iran allein mit einer Koalition der Golfstaaten für die Sicherheit der kommerziellen Schifffahrt sorgen. "Die Einmischung von außen ist für den Persischen Golf problematisch und gefährlich", sagte Ruhani. Der Iran wolle Differenzen überwinden, um Freundschaft und Bruderschaft mit allen Staaten in der Region zu erreichen, so Ruhani, der am Mittwoch bei der UN-Vollversammlung in New York sprechen soll. Durch die Meerenge von Hormus wird fast ein Drittel der weltweiten Ölexporte verschifft.
Irans Außenminister: "Bin nicht zuversichtlich, dass wir Krieg vermeiden können"
Ein Krieg im Nahen Osten könnte Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zufolge jedoch unvermeidbar sein. Im Gespräch mit CBS sagte er auf die Frage, ob er zuversichtlich sei, dass ein Krieg verhindert werden könne: "Nein. Nein, ich bin nicht zuversichtlich, dass wir Krieg vermeiden können." Es werde nicht der Iran sein, der einen Krieg beginnen werde, sagte Sarif. Er warnte jedoch, dass sich der Iran entschlossen wehren werde. Es könne in solch einem Fall "keinen begrenzten Krieg" geben, drohte er. Die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) hatten am Samstag für den Fall eines Angriffs mit einem "Krieg ohne Grenzen" gedroht.
Sarif betonte am Sonntag erneut, der Iran sei trotz gegenteiliger Vorwürfe der US-Regierung nicht der Urheber der Angriffe auf Ölanlagen vom 14. September. Der Iran würde eine unabhängige Untersuchung der Angriffe unter Führung der Vereinten Nationen unterstützen, erklärte er. Dies würde Teherans Unschuld beweisen.
Saudi-Arabien beschuldigt den Iran
Die vom Iran unterstützen Huthi-Rebellen aus dem Jemen hatten sich zu dem Angriff bekannt. US-Außenminister Pompeo erklärte jedoch, es sei "verrückt" zu glauben, die Huthis hätten einen so komplexen Angriff alleine durchführen können. Pompeo sprach von "einem der größten Angriffe auf die globale Energieversorgung" und wies erneut Iran die Schuld zu. Auch Saudi-Arabien hat den Iran beschuldigt.
Die am Freitag (Ortszeit) beschlossene Verlegung zusätzlicher US-Truppen in den Nahen Osten sei defensiver Natur, so Verteidigungsminister Mark Esper. Die Verstärkung soll demnach auf die Abwehr von Luft- und Raketenangriffen ausgerichtet sein. Sowohl Saudi-Arabien als auch die Vereinigten Arabischen Emirate hätten um Unterstützung gebeten. Esper betonte, die USA wollten keinen Krieg. Gleichzeitig sagte er: "Uns stehen andere militärische Optionen zur Verfügung, sollten sie nötig sein." Militärkreisen zufolge soll es bei der Verstärkung eher um Hunderte als um Tausende Soldaten gehen.
Verzicht auf Vergeltungsschläge
Die US-Regierung verhängte zudem wegen angeblicher Finanzierung terroristischer Aktivitäten neue Sanktionen gegen Irans Zentralbank und Staatsfonds. "Wir haben jetzt alle Einkommensquellen des Irans abgeschnitten", sagte Finanzminister Steven Mnuchin. Die USA warnten alle Regierungen, nicht mehr mit Irans Zentralbank zu kooperieren.
Manche Republikaner warfen Trump unterdessen vor, der Verzicht auf Vergeltungsschläge könnte von den Iranern als Freibrief für weitere Provokationen missverstanden werden. "Ich hoffe, der Präsident wird auch eine militärische Option präsentieren", sagte Senator Lindsey Graham, ein enger Trump-Verbündeter, am Sonntag dem Sender Fox News.
Die Angriffe in Saudi-Arabien hatten Hoffnungen zunichte gemacht, dass es am Rande der UN-Vollversammlung in New York zu einem Treffen zwischen Trump und Ruhani kommen könnte. Trump sagte am Sonntag erneut, es sei nichts permanent ausgeschlossen, aber es gäbe derzeit "keine Pläne" für ein Treffen mit dem Iran. Diplomaten zufolge war für Mittwoch allerdings ein Treffen zwischen dem Iran und den Ländern des Atomabkommens von 2015 geplant - wenn auch ohne die USA. An dem Treffen sollen demnach die Außenminister aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, China und dem Iran teilnehmen.
Einseitige Aufkündigung des Atomabkommens
Seit der einseitigen Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA vor gut einem Jahr haben die Spannungen zwischen Washington und Teheran immer weiter zugenommen. Die USA wollen den Iran mit Sanktionen dazu bewegen, einem neuen Abkommen mit strengeren Auflagen zuzustimmen und die Unterstützung von Terrorgruppen in der Region einzustellen. Die US-Sanktionen haben die wichtige Öl- und Gasförderung des Irans getroffen und eine Wirtschaftskrise ausgelöst. Teheran will das Atomprogramm nun allerdings wieder hochfahren.
(dpa/fra)
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