Der iranische Chefdiplomat Mohammed Dschawad Sarif gilt als moderate Stimme in Teheran. Ein früherer US-Außenminister nannte ihn einst einen "Patrioten". Die Regierung von Donald Trump hingegen hat kein gutes Wort für ihn übrig - und nimmt Sarif nun ins Visier. Der kontert mit beißendem Spott.
Mit Sanktionen gegen den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hat die US-Regierung die Spannungen zwischen beiden Ländern weiter verschärft. Sarif setze die "rücksichtslose" Agenda von Irans oberstem Führer Ajatollah Ali Chamenei um und sei der "wichtigste Sprecher des Regimes in der Welt", erklärte US-Finanzminister Steven Mnuchin. Durch die Maßnahmen werden mögliche Vermögen Sarifs in den USA eingefroren, außerdem dürfen US-Bürger fortan keine Geschäfte mit ihm machen.
Bolton spricht von bedeutsamer Entscheidung
Trumps Regierung wirft dem Iran vor, nach Atomwaffen zu streben und in mehreren Ländern des Nahen Ostens Terrororganisationen zu unterstützen. Zwar hat Trump mehrmals erklärt, er sei wie im Falle Nordkoreas bereit, mit den Iranern zu verhandeln. Die Beilegung der Differenzen zwischen beiden Ländern dürfte durch die Sanktionierung des als moderat geltenden Chefdiplomaten Sarif aber nochmals schwieriger geworden sein.
Irans Außenminister reagiert prompt
Der iranische Außenminister reagierte prompt auf die Sanktionen und bezeichnete sie auf Twitter als wirkungslos. Er und seine Familie hätten keinerlei Besitz außerhalb des Irans. "Danke, dass sie mich als so eine große Bedrohung ihrer Agenda wahrnehmen", fügte er sarkastisch hinzu. Die Begründung der US-Regierung für die Sanktionen sei, dass er der wichtigste Sprecher des Irans auf der Weltbühne sei. "Ist die Wahrheit wirklich so schmerzhaft?", fragte er auf Twitter.
Im Juni hatten die USA bereits Sanktionen gegen Irans obersten Führer Chamenei und mehrere hochrangige Angehörige der Revolutionsgarden verhängt. Schon damals kündigte die Regierung an, auch Sarif auf die Sanktionsliste setzen zu wollen.
Aus Regierungskreisen in Washington verlautete, Sarif könne weiterhin zum Sitz der Vereinten Nationen in New York reisen. Die Vereinigten Staaten würden sich an ihre Verpflichtungen unter den entsprechenden UN-Vereinbarungen halten.
Trotz des jüngsten Affronts wird die US-Regierung die internationale Kooperation zu zivilen Atomprojekten im Iran vorläufig weiter in Grenzen erlauben. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung wurde laut Bolton erneut um 90 Tage verlängert - wie zuletzt im Mai. Dabei geht es um Projekte an den iranischen Atomanlagen Arak, Fordow und Buschehr. Somit können Russland und europäische Staaten dort weiter mit dem Iran kooperieren - mit dem Ziel, den nicht-militärischen Charakter der Aktivitäten vor Ort sicherzustellen. Die Aktivitäten würden täglich und "sehr, sehr genau" überwacht, sagte Bolton dem Nachrichtensender Fox Business.
USA waren einseitig aus dem Atomdeal ausgestiegen
Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Atomdeal ausgestiegen. Mit harten Sanktionen gegen den iranischen Öl- und Bankensektor wollen sie die Führung in Teheran seitdem dazu zwingen, einem neuen Atomabkommen mit härteren Auflagen zuzustimmen. Der Ölsektor ist die Haupteinnahmequelle des Landes. Das Atomabkommen soll die Islamische Republik davon abhalten, Nuklearwaffen zu entwickeln.
Sarif gilt als einer der Architekten der Vereinbarung. Der in Teheran geborene Diplomat hat in San Francisco studiert, besitzt einen Doktortitel in Politologie von der Universität Denver und spricht perfekt Englisch. Außerdem war er von 2002 bis 2007 Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York, wo er schon damals mehrere inoffizielle Treffen mit US-Politikern hatte.
Im Zuge der Verhandlungen für das Abkommen entwickelten Sarif und sein damaliger US-Kollege John Kerry eine gut funktionierende Arbeitsbeziehung, was angesichts der jahrzehntelangen Feindschaft zwischen beiden Ländern bemerkenswert war. Der Demokrat Kerry nannte Sarif einen "Patrioten". Trumps Regierung indes hat kein gutes Wort für den 59-Jährigen übrig. So bezeichnete Außenminister Mike Pompeo Sarif und den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani im Februar auf Twitter als "Frontmänner einer korrupten religiösen Mafia". (mgb/dpa)
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