Washington/Kiew/Moskau - Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist in den frühen Morgenstunden von heftigem Raketenbeschuss erschüttert worden. Die örtliche Militärverwaltung und die Rettungsdienste berichteten auf Telegram über Brände in mehreren Stadtteilen, unter anderem auf den Dächern von Wohnhäusern sowie in einem Industriegebiet. Ob es sich dabei um Raketeneinschläge oder Schäden durch herabgefallene Trümmer abgefangener Geschosse handelt, war zunächst unklar. Nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko wurde im Stadtteil Obolon ein Mensch getötet, mindestens drei weitere wurden verletzt.

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Die ukrainische Luftabwehr hatte zuvor vor dem Anflug ballistischer Raketen aus nordöstlicher Richtung gewarnt. In sozialen Medien berichteten etliche Menschen über laute Explosionen in Kiew.

US-Regierung schickt hochrangige Vertreter nach Moskau und Kiew

Kurz vor dem dritten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine schickt US-Präsident Donald Trump unterdessen hochrangige Mitglieder seiner Regierung nach Russland und in die Ukraine. So konnte der US-Sondergesandte für den Nahen Osten, Steve Witkoff, in Russland die Freilassung des dort inhaftierten US-Staatsbürgers Marc Fogel erwirken. Trump begrüßte Fogel nach dessen Ankunft in Washington, wie auf einem Video des Weißen Hauses zu sehen war.

Der Lehrer war 2021 an einem Moskauer Flughafen festgenommen und später wegen Drogenschmuggels zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Trump, Witkoff und weitere Berater hätten mit Moskau einen "Austausch" vereinbart, der ein "Zeichen des guten Willens" seitens der Russen sei, so das Weiße Haus. Was die russische Seite im Gegenzug bekam, wurde offengelassen.

Trump schickt Finanzminister Bessent in die Ukraine
US-Präsident Trump will Finanzminister Bessent in die Ukraine schicken. (Archivbild) © dpa / Evan Vucci/AP/dpa

Trumps Sonderbeauftragter für Geiselangelegenheiten, Adam Boehler, sagte dem Sender CNN, man erwarte am heutigen Mittwoch die Freilassung eines weiteren US-Bürgers.

Freilassung als Zeichen für Fortschritte bei Verhandlungen

Fogels Freilassung sei "ein Zeichen dafür, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen, um den brutalen und schrecklichen Krieg in der Ukraine zu beenden", hieß es in der Mitteilung aus dem Weißen Haus. Weitere Details wurden nicht genannt. Unklar blieb auch, mit wem Witkoff in Russland gesprochen hat.

Der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Dmitri Peskow, hatte in den Stunden zuvor einen Besuch Witkoffs im Kreml dementiert. Man habe keine Informationen zu einem Eintreffen des US-Diplomaten. "Es sind keine Kontakte geplant", sagte Peskow.

Der "New York Times" zufolge war Witkoff mit einem Privatjet nach Moskau gereist. Demnach handelt es sich um die erste bekannte Reise eines hochrangigen US-Beamten nach Moskau seit November 2021 - also wenige Monate vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Seinerzeit war der damalige CIA-Direktor Bill Burns für Gespräche in Russland.

US-Finanzminister reist nach Kiew

Zudem schickte Trump seinen Finanzminister Scott Bessent für Gespräche über ein Ende des russischen Angriffskriegs in die Ukraine. Bessent werde sich dort mit Präsident Wolodymyr Selenskyj unterhalten, kündigte Trump über sein Online-Sprachrohr Truth Social an. Der Krieg müsse enden und bald werde es so weit sein. Es gebe zu viel Tod und Zerstörung. "Wenn Amerika stark ist, herrscht Frieden in der Welt", fügte der Republikaner in Großbuchstaben hinzu.

Internationaler Gipfel für Religionsfreiheit in Washington
US-Vizepräsident J.D. Vance soll zur Münchner Sicherheitskonferenz an diesem Wochenende kommen. (Archivbild) © dpa / Rod Lamkey/AP/dpa

Trump nannte keinen genauen Zeitpunkt für Bessents Reise. Zuletzt hatte der US-Präsident besonderes Interesse an seltenen Mineralien in der Ukraine gezeigt und US-Hilfen für das von Russland angegriffene Land an Zugang zu dort lagernden Rohstoffen geknüpft. Selenskyj hatte deutlich gemacht, dass er sich für westliche Hilfe erkenntlich zeigen wolle, und in diesem Zusammenhang Seltene Erden und andere Bodenschätze genannt. Die Ukraine wehrt sich seit fast drei Jahren mit westlicher Unterstützung gegen die russische Invasion.

Am Freitag hatte Trump ein Treffen mit Selenskyj in Washington in dieser Woche in Aussicht gestellt und betont, selbst nicht in die Ukraine reisen zu wollen.

Trumps Verteidigungsminister zu Ukraine-Tagung erwartet

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth soll heute bei einem Treffen der Ukraine-Partner in Brüssel dabei sein, wo über die weitere Unterstützung des Landes beraten wird. Im Nato-Hauptquartier kommen am Nachmittag (14.30 Uhr) Verteidigungsminister im Format der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe zur Koordinierung von Waffenhilfen zusammen.

Für Medienberichte, wonach der von Trump eingesetzte Ukraine-Unterhändler Keith Kellogg am Donnerstag kommender Woche in die Ukraine reisen wird, gibt es weiterhin keine Bestätigung. Allerdings werden Vertreter der Trump-Regierung noch vor der Münchner Sicherheitskonferenz in der Ukraine erwartet. Zu der am Freitag beginnenden und am Sonntag endenden Sicherheitskonferenz soll US-Vizepräsident J.D. Vance nach München kommen.

Selenskyj macht sich für Ausbau der Atomenergie stark

Die Verhandlungen mit den USA waren in Selenskyjs abendlicher Videobotschaft nur ein Randthema. Kiew sei auf die Gespräche vorbereitet, sagte der ukrainische Staatschef. Vor dem Hintergrund der ständigen russischen Angriffe auf die Energieversorgung der Ukraine war das Hauptthema seiner Botschaft die Ankündigung, die Atomkraft auszubauen.

US-Verteidigungsminister Hegseth
Pentagon-Chef Pete Hegseth kommt erstmals zu einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe und der Nato-Verteidigungsminister nach Brüssel. © dpa / Michael Probst/AP/dpa

"Die Ukraine wird noch zwei Reaktorblöcke am AKW Chmelnyzkyj zubauen können, und das sind mehr als zwei Gigawatt Strom für die Ukraine", sagte Selenskyj. Zuvor hatte das Parlament in Kiew den Kauf von zwei Atomreaktoren sowjetischer Bauart von Bulgarien auf den Weg gebracht.

Der Ausbau des AKW Chmelnyzkyj werde es der Ukraine erlauben, im Winter ohne Stromimporte auszukommen, versicherte Selenskyj. Natürlich gebe es auch Widerstand gegen das Projekt. "Aber das sind die Stimmen, für die billige Energie in der Ukraine einfach unvorteilhaft ist – sie füllen ihre Taschen oder die (derjenigen), von denen sie abhängig sind, mit teurerer Energie als Atomenergie."

Die Ukraine hat durch den systematischen russischen Beschuss von Energieanlagen inzwischen gut die Hälfte ihrer Kapazitäten verloren. Bereits kurz nach Kriegsbeginn war das im Südosten des Landes liegende leistungsstärkste Kernkraftwerk Europas, das AKW Saporischschja, von russischen Truppen besetzt worden. Es steht nach wie vor unter Kontrolle der Russen.  © Deutsche Presse-Agentur

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