Trumps Abschiebepolitik sorgt weiter für rechtliches Chaos in den USA. Ein Bundesrichter droht wegen eines wohl illegalen Abschiebeflugs mit einer Anklage. Besonders ein Fall sorgt öffentlich für Aufsehen.

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Die US-Regierung hat nach Auffassung eines Bundesrichters mit umstrittenen Abschiebeflügen die Justiz missachtet. Bundesrichter James Boasberg erklärte am Mittwoch, die US-Regierung habe eine Anordnung von ihm "vorsätzlich oder leichtfertig missachtet", als sie die Abschiebeflüge ausgeführt habe.

Er hatte vor einigen Wochen angeordnet, die Abschiebungen vorerst zu stoppen, solange die rechtliche Grundlage dafür noch gerichtlich geprüft werde. Die Flieger hoben trotzdem ab. Jetzt erklärte Boasberg, es bestehe ein hinreichender Anfangsverdacht für ein mögliches Strafverfahren gegen Mitglieder der Regierung wegen Missachtung des Gerichts.

Trumps Regierung habe nun die Möglichkeit, sich zu erklären, hieß es weiter. Sollte dies nicht geschehen, werde das Gericht den Fall zur Anklage an die Staatsanwaltschaft übergeben, kündigte Boasberg an.

Venezolaner wurden nach El Salvador geflogen

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte kürzlich mehr als 200 venezolanische Migranten nach El Salvador abgeschoben und dafür teilweise ein 1798 verabschiedetes Gesetz gegen "ausländische Feinde" angewandt. Die US-Regierung warf den Venezolanern vor, Mitglieder der Drogenbande Tren de Aragua zu sein.

Auf diesem von der Regierung von El Salvador zur Verfügung gestellten Bild werden angebliche Kriminelle nach ihrer Abschiebung aus den USA in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht. © picture alliance/dpa/Regierung von El Salvador

Verwandte und die venezolanische Regierung sprachen dagegen von unschuldigen Migranten. Die Betroffenen werden im Hochsicherheitsgefängnis namens Cecot untergebracht. Im Gegenzug zahlt Washington der Regierung von El Salvador eine Millionensumme.

Bundesrichter Boasberg hatte am 15. März Abschiebeflüge auf Grundlage des über 200 Jahre alten Gesetzes verboten. Das Weiße Haus argumentierte in der Folge aber, die Flugzeuge seien zum Zeitpunkt der richterlichen Anordnung bereits in der Luft gewesen. Die Migranten wurden in ein berüchtigtes Großgefängnis in El Salvador gebracht.

Am 8. April hob der Oberste Gerichtshof das Verbot mit knapper Mehrheit auf. Die Verfassungsrichter entschieden jedoch, dass es den abgeschobenen Migranten entgegen den Angaben der Trump-Regierung ermöglicht werden müsse, ihre Ausweisung gerichtlich anzufechten.

Regierung wegen versehentlicher Abschiebung unter Druck

Der prominenteste Fall ist der von Kilmar Ábrego García, den die US-Regierung offenbar versehentlich abgeschoben hat. Sie hatte eingeräumt, dass die Abschiebung des Migranten nach El Salvador das Ergebnis eines "Verwaltungsfehlers" gewesen sei.

Der abgeschobene Kilmar Abrego Garcia stammt aus El Salvador und war US-Medien zufolge als Teenager etwa um 2011 herum auf der Flucht vor Bandenkriminalität in die USA eingereist. Obwohl sein Asylantrag 2019 abgelehnt wurde, erhielt er Schutz vor Abschiebung wegen drohender Verfolgung und laut US-Medien auch eine Arbeitsgenehmigung. Dennoch wurde der 29 Jahre alte Familienvater dann Mitte März im Bundesstaat Maryland festgenommen und kurz darauf abgeschoben.

Der Oberste Gerichtshof der USA wies die Regierung vergangene Woche an, sich für Ábrego Garcías Freilassung aus dem Gefängnis in El Salvador und für seine Rückkehr in die USA einzusetzen. Die Trump-Regierung lehnt dies aber ab.

Republikaner wollen Ábrego García als kriminell darstellen

Stattdessen versucht Trump mit einem Medienspektakel Stimmung gegen den abgeschobenen Familienvater zu machen. Das Weiße Haus kündigte inmitten der aufgeheizten Debatte spontan einen Presseauftritt mit einem "Ehrengast" an, verriet aber nicht, wer kommt.

Vor die Kameras trat schließlich die Mutter einer im Bundesstaat Maryland getöteten Frau. Sie war von einem illegal in die USA eingereisten Mann aus El Salvador brutal ermordet worden. Der Fall hat nichts mit der Abschiebung von Abrego Garcia zu tun, lediglich das Herkunftsland des Täters und Maryland als Schauplatz dienen als Verbindung.

Das Weiße Haus beantwortet Fragen nach der Rechtmäßigkeit der Abschiebung seit Tagen mit Verweis auf die brutale Ermordung der Joggerin und versucht, Medien und Demokraten als empathielos darzustellen.

"Dies ist die Art von Kriminellen, die Präsident Trump aus unserem Land entfernen möchte", sagte die völlig aufgelöste Mutter im Briefing-Raum des Weißen Hauses vor Journalisten und schilderte die schreckliche Tat im Detail. Sie betonte, Abrego Garcia sei ein "illegaler Ausländer, Mitglied der MS-13-Bande und ausländischer Terrorist, der in sein Heimatland abgeschoben wurde".

Sie zitierte aus Gerichtsdokumenten, wonach Abrego Garcia bei der Festnahme, die 2019 zu seiner Asyl-Anhörung führte, Kleidung mit Bandensymbolik getragen habe und gemeinsam mit zwei mutmaßlichen Bandenmitgliedern festgenommen worden sei.

Außerdem habe es in der Vergangenheit Vorwürfe wegen häuslicher Gewalt gegen ihn gegeben. Im Anschluss an ihren Auftritt herrschte Schweigen im Briefing-Raum. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt umarmte die Mutter, die beiden verließen zügig das Podium.

Demokraten: Keine Beweise für Straftat

Die betroffene Frau – seine Ehefrau – verteidigte Abrego Garcia daraufhin öffentlich gegen die Vorwürfe. Auch der demokratische Senator Chris van Hollen setzt sich für eine Freilassung und Rückkehr von Abrego Garcia ein. "Es gibt keinerlei Beweise dafür, dass er eine Straftat begangen hat, und auch von den Vereinigten Staaten wurden keine Beweise dafür vorgelegt", sagte der Demokrat.

Deshalb habe er gegenüber dem salvadorianischen Vizepräsidenten deutlich gemacht, dass die Trump-Regierung "offensichtlich gegen Anordnungen amerikanischer Gerichte" verstoße – und gefragt, wie El Salvador unter diesen Umständen weiterhin an der Inhaftierung festhalten könne. (lko)

Verwendete Quellen

  • Deutsche Presse-Agentur
  • Agence France Presse
Teaserbild: © picture alliance/dpa/Regierung von El Salvador