Anders als 2017, als Trump zum ersten Mal ins Weiße Haus einzog und im ganzen Land Millionen von Menschen dagegen protestierten, ist es dieses Mal vergleichsweise still und leise. Das heißt jedoch nicht, dass es keinen progressiven Widerstand gibt.
Als
Millionen von Menschen demonstrierten damals gegen Trumps rechte Agenda. Allein am "Women’s March" im Januar 2017 in Washington, D.C. nahmen Hunderttausende teil. Neue Initiativen formierten sich in der Folge, etwa die "Indivisible"-Bewegung. Plötzlich wurde auch in großen Medien über das Konzept der "Antifa" gesprochen, also über antifaschistischen Widerstand.
Dieses Mal nun, nach Trumps zweitem Wahlsieg, scheint die Opposition kleiner und leiser. Zur Amtseinführung in der vergangenen Woche kamen lediglich rund 50.000 Gegendemonstranten in die Hauptstadt. Auch die Proteste an anderen Orten der USA fielen vergleichsweise übersichtlich aus. Man hört weniger von spektakulären Aktionen oder neu gegründeten linken Gruppen. Wie erklärt sich dieser Unterschied zu damals?
Normalisierung von Trump
Klar ist: Es hat eine Art Normalisierung stattgefunden. Nach acht Jahren schockiert Trump nicht mehr so sehr wie am Anfang. Man hat sich an die radikalen Vorstöße, seine vulgäre Sprache, die reaktionäre MAGA-Show auf eine gewisse Weise fast gewöhnt.
Zur Normalisierung gehört auch, dass sich bestimmte rechte Positionen weiter in der Mitte verankert haben. In den Bereichen Immigration und Grenzschutz etwa setzt auch die Demokratische Partei deutlicher auf Restriktionen. Laut Umfragen befürwortet die Mehrheit der Amerikaner mittlerweile eine Mauer zu Mexiko. Insofern spiegelt der reduzierte, sichtbare Protest wohl zum Teil auch politische Verschiebungen wider. Zumindest bei manchen Themen lässt sich ein Rechtsruck feststellen.
Es gibt jedoch noch einen anderen Grund, warum in diesen Tagen weniger Protest erkennbar ist: Die linke Opposition hat sich in den vergangenen Jahren strategisch verändert. Aus einer Erschöpfung heraus über große Demos, die kaum etwas bewegen, wird verstärkt auf lokale, längerfristige Basisarbeit gesetzt. Und insbesondere, wenn es um den Schutz von undokumentierten Immigranten geht, suchen Aktivisten gerade nicht die Öffentlichkeit.
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Anti-Abschiebe-Netzwerke
In vielen Städten gibt es Netzwerke, die sich Trumps Abschiebe-Agenda entgegenstellen. Ziel ist es, die betroffenen Einwanderer, von denen manche bereits seit Jahrzehnten im Land leben, zu warnen, über die eigenen Rechte aufzuklären und zu schützen. Um staatliche Repressionen zu vermeiden, findet ein wesentlicher Teil dieser Arbeit jenseits von Presseerklärungen und Social-Media-Kampagnen statt.
Ziel ist es, einen Pool von Menschen zu haben, die mobilisiert werden können, sobald sich ankündigt, dass Beamte der Bundesabschiebebehörde ICE ein Viertel oder einen Arbeitsplatz anvisieren. Die Netzwerke werden oft von linken Community-Gruppen angetrieben, manchmal in Kooperation mit Kirchen und NGOs. Die Kommunikation läuft über private Chatgruppen und nicht-öffentliche Treffen.
Wobei punktuell auch Social Media zum Einsatz kommt. In der vergangenen Woche kursierten Videos auf TikTok, in denen vor Abschiebe-Razzien gewarnt wurde – und das auf verschlüsselte Weise. Um einer politischen Zensur zu entgehen, sprachen Nutzer über Themen wie Essen oder Tiere, und hielten gleichzeitig handgeschriebene Schilder mit Informationen zu Razzien hoch.
Sanctuary Cities
Wie effektiv die Anti-Abschiebe-Netzwerke sind, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen. Fest steht jedenfalls, dass mancher linker Widerstand derzeit auch unentdeckt bleibt, weil er im Verborgenen geschieht.
Von Vorteil ist es, dass sich viele demokratisch regierte Städte als sogenannte "Sanctuary Cities" verstehen, also als Schutzorte für undokumentierte Immigranten. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass lokale Behörden nur sehr begrenzt mit den Bundesbehörden zusammenarbeiten.
Einen verlässlichen Schutz bieten jedoch auch die "Sanctuary Cities" nicht, wie die vergangene Woche bereits gezeigt hat. In New York und anderen Städten fanden Razzien statt. Ziel der Trump-Regierung ist es, durch eine hohe Taktung Abschreckung zu erreichen.
Wie das Heimatschutzministerium mitgeteilt hat, sollen Migranten nun sogar in Schulen und Kirchen festgenommen und anschließend deportiert werden. Man kann davon ausgehen, dass diese Praxis zu größerem Widerstand führen wird.
Neue Gewerkschaftsbewegung
Schaut man sich die US-Linke als Ganzes an, haben Gewerkschaften in den vergangenen Jahren an Wichtigkeit zugelegt. Die Zahl der Streiks hat zugenommen. Bei Unternehmen wie Amazon und Starbucks haben sich erstmals überhaupt Gewerkschaften gebildet.
Im Wahlkampf warnten diverse Organisationen, etwa die United Auto Workers und United Electric, explizit vor der menschenfeindlichen Politik Trumps. Und auch nach dessen Wahlsieg nehmen einige Gewerkschaften klare Stellung. Die Union of Painters beispielsweise bietet seinen migrantischen Mitgliedern rechtliche Hilfe an.
Man spürt, dass die Gewerkschaftsbewegung neuen Schwung hat – und auch längerfristiger plant. Bereits jetzt laufen Vorbereitungen für einen Generalstreik im Mai 2028.
Linke Gruppen gewinnen Mitglieder
Einige linke Basis-Gruppen haben in den vergangenen Monaten Aufwind erhalten. Bei den Democratic Socialists of America (DSA) beispielsweise sind seit Trumps Wiederwahl mehrere Tausende Neumitglieder dazugekommen. Die Meetings sind spürbar voller und energischer. Die DSA, zu der auch Kongressmitglieder wie Alexandria Ocasio-Cortez und Rashida Tlaib gehören, sind die größte sozialistische Organisation in den USA.
Ezra Levin, Mitgründer und Geschäftsführer von Indivisible, sagte kürzlich, dass die Organisation seit November 2024 so viele neue Ortsgruppen registriert habe wie seit acht Jahren nicht. Das Indivisible Movement legt einen Fokus darauf, progressive Kandidaten in lokalen Wahlen zu unterstützen. Auch bei den Midterms 2026 will die Organisation aktiv mitmischen.
Eine andere Ebene des Widerstands ist die juristische. Nachdem Trump am Tag seiner Amtseinweihung das Ende des Rechts auf die US-Staatsbürgerschaft per Geburt angekündigt hatte, legten 22 demokratisch regierten Bundesstaaten Klage ein. Viele von Trumps Plänen werden vor Gericht angefochten werden.
Kampf um Grundrechte und für Minderheiten
Was juristische Opposition betrifft, spielt die American Civil Liberties Union (ACLU) eine entscheidende Rolle. Die Bürgerrechtsorganisation, die es seit über 100 Jahren gibt, klagt immer wieder, um Grundrechte zu sichern und Minderheiten zu schützen.
Des Weiteren: Ähnlich wie die Anti-Abschiebe-Netzwerke agieren auch Gruppen, die in republikanisch geführten Bundesstaaten dafür sorgen, dass Schwangere Abtreibungen durchführen können. Aktivistinnen verschicken Medikamente und helfen bei dem Transport an Orte, an denen Abtreibungen legal sind; bewegen sich damit oftmals im legalen Graubereich.
Abschließend kann man also festhalten, dass zwar weniger große Demos stattfinden als vor acht Jahren, aber es durchaus viele Menschen in den USA gibt, die sich Trumps Programm entgegenstellen.
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