Zölle in Kraft, Zölle pausiert – Donald Trump hält die Welt in Atem. Nun soll 90 Tage lang verhandelt werden. Die Kehrtwende des US-Präsidenten sorgt für Kurssprünge an der Wall Street.
Nur eine Woche nach seinen beispiellosen Zollankündigungen gegen die ganze Welt hat der US-Präsident
"The Art of the Deal" ist der Titel eines Buchs, in dem Trump mithilfe eines Ghostwriters bereits 1987 schilderte, wie er zum "brillanten Unternehmer" wurde. Als "zweitbestes Buch nach der Bibel" pries Trump das Werk einmal. Es zahle sich aus, "ein wenig wild zu sein", schreibt der Immobilien-Erbe in seinem fast 400 Seiten starken Buch. Und wie er es genießt, wenn die ganze Welt vor ihm auf die Knie fällt und um ein Gespräch bettelt.
Genau diese Strategie hat Trump offenbar wieder angewandt: Verbündete wie Gegner flehten ihn um Milde im Zollstreit an. Seine Unterstützer bejubeln den Republikaner. Der Präsident sei "Deal Maker in Chief" - frei übersetzt der größte aller Geschäftemacher, schrieben seine Unterstützer im Onlinedienst X.
Trump: Deal zu Zöllen mit jedem möglich – auch China
Trotzdem macht sich in Europa Erleichterung breit. Denn der Republikaner hat die gerade erst in Kraft getretenen US-Zölle von 20 Prozent auf die meisten EU-Produkte kurzerhand auf zehn Prozent halbiert. Und er hat erstmals unzweideutig gesagt, dass er Lösungen anstrebt und nicht einen fortgesetzten Handelskrieg.
Ein Deal sei "mit jedem" Handelspartner möglich, betonte Trump. Das gelte sogar für das widerspenstige China, das er wegen der ab Donnerstag greifenden Vergeltungszölle mit einem Aufschlag von 125 Prozent belegte.
Der deutsche Kanzler-in-spe führte Trumps Umdenken auf die "Entschlossenheit der Europäer" zurück. Äußerungen aus der US-Regierung lassen diesen Schluss nicht zu. Trump habe "von Anfang an" so handeln wollen, sagte sein Finanzminister Scott Bessent.
Kehrtwende sorgt für Kurssprünge
Vielleicht hatte der Präsident aber auch nicht mit so massiven Einbrüchen an der US-Börse und so scharfer Kritik wie in den vergangenen Tagen gerechnet. Selbst Trump-nahe Milliardäre und Republikaner gingen auf Distanz.
Seine Kehrtwende veranlasste die Wall Street dagegen zu einem Kursfeuerwerk. Der Dow Jones Industrial machte die Kursverluste der vergangenen drei Handelstage innerhalb von Minuten wett und schloss mit einem Plus von 7,87 Prozent bei 40.608,45 Punkten. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Ende um 9,52 Prozent auf 5.456,90 Zähler aufwärts. Der von den großen Technologieaktien dominierte Nasdaq 100 gewann gar 12,02 Prozent auf 19.145,06 Punkte.
Mit der Einführung der Zölle hatte der Präsident die Talfahrt überhaupt erst ausgelöst. In den vergangenen Tagen hatte die Angst, dass die Zölle die US-Wirtschaft abwürgen könnten, die Kurse nach unten gedrückt.
Kritiker befürchten Marktmanipulation
Trump selbst sagte zur Begründung für sein überraschendes Umschwenken, "die Leute" seien etwas unruhig und "ein bisschen ängstlich" geworden. Einige Kritiker sprechen allerdings auch von Marktmanipulation. Der demokratische Senator Adam Schiff schrieb auf der Plattform X, Trumps Hin und Her bei den Zöllen und die Marktschwankungen lieferten "gefährliche Möglichkeiten für Insider-Handel".
Derweil gibt es keine Hinweise, dass der 78-jährige Trump das Tempo drosselt, das er in den ersten zehn Amtswochen an den Tag gelegt hat. Kurz nach seinem Tritt auf die Zollbremse trat der Präsident vor dem Weißen Haus mit Rennfahrern auf, die dort ihre rasanten Autos präsentierten. Höchstgeschwindigkeiten aushalten zu können sei eben "genetisch bedingt", scherzte Trump. (afp/dpa/bearbeitet von ng)