US-Präsident Donald Trump errichtet weltweit Handelsschranken und torpediert den freien Handel. Andernorts tun sich Staaten als Reaktion darauf zusammen, die eigentlich als erbitterte Rivalen gelten – als wirtschaftliche Sicherheitsmaßnahme gegenüber den USA.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Felix Lill sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Dass ausgerechnet die chinesische Staatszeitung "Global Times" jüngst einen überraschend wohlwollenden Ton gegenüber Japan und Südkorea anschlug, ist bezeichnend.

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In einem Artikel von Ende März hieß es: "Zusammenarbeit zwischen China, Japan und Südkorea bietet eine stabilisierende Kraft inmitten des Gegenwinds der Globalisierungsgegner." Illustriert war der Beitrag mit drei ineinandergreifenden Zahnrädern, versehen mit Symbolen für E-Mobilität, Künstliche Intelligenz und gegenseitigen Handschlag.

Ostasiatischer Freihandel gegen die Zollpolitik

An einem trilateralen Freihandelsabkommen wird seit Kurzem konkret gearbeitet: Die drei größten Volkswirtschaften Ostasiens streben nichts Geringeres an als eine gemeinsame Handelszone. Ende März kamen hohe Regierungsvertreter in Seoul zusammen und erklärten laut "DW", "eng für weitreichende und hochrangige" Gespräche kooperieren zu wollen, um ein "vorhersehbares Umfeld für Handel und Investitionen" zu schaffen. Grundlage soll das Regelwerk der Welthandelsorganisation sein.

Ohne die aggressive Zollpolitik der US-Regierung wäre ein solcher Schritt kaum denkbar gewesen. Doch mittlerweile berichten auch Medien in Japan und Südkorea hoffnungsvoll über das Projekt, werden Produkte aus beiden Ländern doch seit Anfang April mit hohen US-Einfuhrzöllen belegt. Auch China leidet massiv unter Trumps neuer Handelspolitik.

Der US-Präsident verfolgt mit seinen Zöllen ein klares Ziel: Die eigene, in vielen Bereichen schwächelnde US-Wirtschaft soll vor ausländischer Konkurrenz geschützt und gleichzeitig zur Rückverlagerung von Produktionsstätten ins Inland animiert werden. "Viele Länder haben uns ausgenutzt, auf Weisen, wie viele von uns es gar nicht für möglich gehalten hätten, über viele, viele Jahrzehnte", erklärte der Präsident kürzlich, wie etwa "Firstpost" berichtet. "Und das muss aufhören."

Teilweise funktioniert diese Strategie: Einige Unternehmen denken über US-Standorte nach. Doch in vielen Fällen hat die Zollpolitik ungewollte Nebeneffekte: Produkte werden für amerikanische Verbraucher teurer und wichtige Handelspartner beginnen, sich neu zu orientieren.

Diplomatischer Drahtseilakt von China, Japan und Südkorea

Während Südkorea und Japan sich parallel um bilaterale Vereinbarungen mit den USA bemühen, liefern sich Washington und Peking einen Handelskrieg mit immer neuen Gegenzöllen. Doch diese unterschiedlichen Taktiken ändern nichts an der regionalen Dynamik. Die drei ostasiatischen Länder eint vor allem ein wachsendes Misstrauen ob der wirtschaftspolitischen Verlässlichkeit der USA.

"Das internationale Umfeld wird zunehmend instabil", erklärte Japans Wirtschaftsminister Yoji Muto laut "nationthailand.com". "Es ist äußerst wichtig, die regelbasierte Weltwirtschaft zu stärken." Der Verweis auf die Welthandelsorganisation und globale Handelsregeln lässt sich als indirekte Kritik an der US-Regierung lesen – und als Bekenntnis zu einer multilateralen Ordnung, von der sich Trump zunehmend entfernt.

Dabei ist die historische Belastung zwischen den drei Ländern erheblich. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Korea ebenso wie ein Teil Chinas japanische Kolonie. Noch heute sorgt die unterschiedliche Aufarbeitung dieser Zeit regelmäßig für diplomatische Spannungen. Veröffentlichungen japanischer Schulbücher, die Kriegsverbrechen verharmlosen, führen immer wieder zu Protesten, Boykottaufrufen und gegenseitiger Empörung.

Auch in der Gegenwart bestehen tiefe politische Gräben: Südkorea und Japan sind demokratische Staaten mit starker US-Bindung. China hingegen ist eine autoritäre Einparteienregierung, die im Koreakrieg den kommunistischen Norden unterstützt hat. Dass sowohl Südkorea als auch Japan US-Militärbasen beherbergen, sorgt zusätzlich für Spannungen mit Peking.

Pragmatische Annäherung aus wirtschaftlicher Not

Trotz aller Differenzen eint die drei Länder ein strukturelles Problem: Sie alle haben gegenüber den USA deutliche Handelsüberschüsse. Höhere Zölle auf den Export in die Vereinigten Staaten treffen Japan, China und Südkorea besonders hart. Ein erleichterter Handel untereinander könnte die Verluste teilweise auffangen – zumal sich Waren zwischen Nachbarstaaten deutlich günstiger und schneller transportieren lassen als über den Pazifik.

Für Koichi Nakano, Politikprofessor an der Sophia Universität in Tokio, ist die Annäherung überfällig: "Man muss mit China reden. Japan muss die Realität akzeptieren. Und China ist auch schon länger bereit, das zu tun", sagte er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Tatsächlich gab es bereits 2017, während Trumps erster Amtszeit, Pläne für einen Staatsbesuch von Chinas Präsident Xi Jinping in Japan. Damals verhinderte die Corona-Pandemie die Umsetzung. Nun stehen die Zeichen erneut auf Annäherung – womöglich entschlossener als je zuvor.

Verwendete Quellen