In seiner zweiten Amtszeit agiert US-Präsident Donald Trump deutlich rigoroser. Statt auf erfahrene Berater setzt er auf radikale Ideologen und ultrarechte Aktivisten. Ein Überblick.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Katharina Ahnefeld sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Monate vor der US-Wahl 2024 warnte die Republikanerin Liz Cheney in einem Fernsehinterview eindringlich vor Donald Trump: "Falls er wieder gewählt wird, sind die Schutzschilder, die Leute, die ihn beim letzten Mal gestoppt haben, nicht mehr da." Damit sprach eine der wenigen verbliebenen Trump-Kritikerinnen ihrer Partei aus, was inzwischen als weitgehend unbestritten gilt: In seiner ersten Amtszeit verhinderten hochrangige Beamte einige von Trumps radikalsten Vorhaben. Denn 2016 überraschte den politischen Newcomer der eigene Wahlsieg so sehr, dass er, personell unvorbereitet, auf erfahrene Kräfte im Regierungsapparat angewiesen war.

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Das ist in seiner zweiten Amtszeit grundlegend anders. Mit dem radikalen Handbuch "Project 2025" der rechtskonservativen Denkfabrik Heritage Foundation und jahrelanger Vorbereitungszeit im Rücken, steht Trump ein personell und strategisch umgekrempelter Machtapparat zur Verfügung. Dr. Julia Simon von der Universität Bremen beschreibt im Gespräch mit unserer Redaktion die gefährliche Mischung: "Das Umfeld der Trump-Regierung ist teilweise geprägt von obskuren und durchaus extremistischen Einzelfiguren, die direkten Zugang zum Präsidenten und Regierungsinformationen haben. Das unterscheidet diese Regierung von allen vorherigen modernen US-Regierungen." Manche dieser Einzelfiguren seien in offiziellen Ämtern, andere hätten den zwar nicht, dafür aber einen besonders direkten Zugang zum US-Präsidenten.

Peter Navarro: In Fachkreisen isolierter "Architekt" des Zoll-Chaos

Als Handelsberater besetzt Peter Navarro einen offiziellen Posten im Weißen Haus – und das, obwohl seine ökonomischen Positionen unter Fachleuten geradezu als krude gelten. In seinen Büchern zitierte er wiederholt "Ron Vara", eine Figur, die sich später als frei erfunden herausstellte.

Peter Navarro gilt als Architekt von Trumps Zollpolitik. © IMAGO/Newscom / AdMedia/IMAGO/CNP/AdMedia

Bereits seit 2016 ist Navarro Teil des trumpschen Kosmos und bekannt für seine radikalen Ansichten zu Zöllen, China und Freihandel. Heute gilt er als "Architekt" des von Trump entfachten Zollchaos. Der bezeichnet seinen Berater laut der "New York Times" gerne als "mein harter Kerl in Sachen China".

Navarro verbüßte zwischen den beiden Amtszeiten Trumps wegen Missachtung des Kongresses eine viermonatige Haftstrafe. Jetzt ist sein Einfluss jedoch immens: Seine Weichenstellungen zu der erratischen US-Zollpolitik haben die Weltwirtschaft bereits jetzt erschüttert.

Christopher Rufo: Kulturkämpfer gegen das US-Bildungssystem

Der rechte Aktivist, Autor und Dokumentarfilmer Christopher Rufo sorgte durch seinen Feldzug gegen die Critical Race Theory (CRT) für nationales Aufsehen – Die CRT ist ein interdisziplinärer Theorieansatz zur Analyse von strukturellem Rassismus.

Christopher Rufo hat mit seinen Kampagnen schon eine Harvard-Präsidentin zu Fall gebracht. © IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Douglas R. Clifford

Rufo verzerrte diesen Diskurs zum Schreckbild einer "woken" Gesellschaft, wie unter anderem "Belltower News" analysierte. Seine Erzählung fand 2020 auch bei Trump Anklang, der die CRT per Dekret in Bundesbehörden verbot.

Rufo sieht insbesondere das Bildungssystem als ideologisches Schlachtfeld. Er propagierte die Abschaffung von Diversitäts- und Inklusionsprogrammen und forderte die Schließung des US-Bildungsministeriums. Der Harvard-Universität, die für ihn sinnbildlich für eine linke Elite steht, sagte er offen den Kampf an, wie unter anderem die Nachrichtenportale "Vox" und "Salon" berichteten. Seine Agenda hatte bereits personelle Konsequenzen. Beim Rücktritt von Harvard-Präsidentin Claudine Gay spielte er eine entscheidende Rolle.

Laura Loomer: Radikale Influencerin mit weitreichenden Empfehlungen

Sie bezeichnet sich als "stolze Islamophobin" und verbreitet Verschwörungsterzählungen wie die, dass 9/11 ein "Inside Job" gewesen sei: Laura Loomer, rechte Podcasterin und Online-Aktivistin, gehört zu den radikalsten Stimmen im Trump-Lager.

Laura Loomer ist selbst Trumps radikalem Umfeld manchmal zu radikal. © IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Gage Skidmore

Bei einem Treffen im Oval Office soll sie laut "New York Times" Beamte des Nationalen Sicherheitsrates als "illoyal" bezeichnet und damit deren Entlassung beeinflusst haben.

Selbst in Trump-nahen Kreisen sorgt Loomer für Irritation. Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene, ebenfalls bekannt für provokante Thesen, erklärte gegenüber CNN: "Loomers Wortwahl und der hasserfüllte Klang ihrer Bemerkungen machen mir Sorgen". Trump selbst dementierte eine direkte Einflussnahme, räumte aber ein: "Sie empfiehlt mir Dinge und Menschen – und manchmal höre ich auf diese Empfehlungen." Wer ins Visier ihrer Online-Kampagnen gerät, gilt unter ihren Fans übrigens als "geloomert".

Jack Posobiec: Verschwörungserzähler wird zum Staatsgast

Der Aktivist Jack Posobiec ist bekannt durch seine Rolle bei der Verbreitung der "Pizza-Gate"-Verschwörung – wonach Demokraten einen satanistischen Kinderhändlerring betreiben würden – und seine rassistischen und antisemitischen Thesen. Seine Teilnahme an offiziellen Auslandsreisen zeigt, dass er Zugang zu hochrangigen Regierungsmitgliedern hat.

Jack Posobiec begleitete verschiedene Minister auf deren Dienstreisen. © IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Dominic Gwinn

Im Februar durfte er Finanzminister Scott Bessent in die Ukraine begleiten. Zudem war er Teil der Presse-Delegation von Verteidigungsminister Pete Hegseth bei dessen erster Europa-Reise. Das berichteten zahlreiche US-Medien, unter anderem die "Washington Post". Der US-Fernsehsender NPR bewertet seine Nähe zur neuen Regierung als Teil eines Trends, bei dem rechtsextreme Medienakteure in offizielle Kontexte eingebunden werden.

Trumps Politikstil mit Folgen für Europa und die Demokratie

Neben Navarro, Rufo, Loomer und Posobiec wirken weitere umstrittene Figuren im Umfeld Trumps. So berief er die Fernsehpredigerin Paula White als spirituelle Beraterin ins Weiße Haus. Auch der christliche Musiker Sean Feucht, bekannt durch maskenlose Gottesdienste während der Covid19-Pandemie, zählt zu seinem erweiterten Kreis. Was alle diese Personen eint, ist die bedingungslose Loyalität zum US-Präsidenten. "Für Trump ist persönliche Loyalität bei der Auswahl seines Personals das entscheidende Kriterium. Ob die jeweiligen Personen nach wissenschaftlichen oder politischen Kriterien als radikal, ‚fringe‘ oder verrückt angesehen werden, ist ihm egal, solange sie die Funktion ausüben, für die er sie ausgewählt hat, und sie für ihn durchs Feuer gehen würden", sagt dazu Expertin Julia Simon.

Dabei folge der Republikaner auch keiner konsistenten politischen Linie, so Simon weiter. Für die Politikwissenschaftlerin nicht überraschend. "Trump ist kein hochideologischer oder politischer Mensch. Er hat seine Positionen in der Vergangenheit immer wieder geändert. Wer auch immer sein Ohr, seine Aufmerksamkeit gerade hat – und mit seinen persönlichen Interessen übereinstimmt – findet Gehör."

Diese politische Unberechenbarkeit mache die USA für Deutschland und Europa zu einem unsicheren Faktor – besonders in der Sicherheits- und Handelspolitik. Hinzu kommt: "Durch sein unbeständiges und eklektrisches Verhalten sind alle Augen immer auf ihn gerichtet", sagt Simon. Das verschiebe Machtverhältnisse: weg von traditionellen Institutionen, hin zu Einzelpersonen. Simon warnt: "Solche Dynamiken kennen wir nicht aus demokratischen, sondern autokratischen Systemen."

Über die Gesprächspartnerin

  • Dr. Julia Simon lehrt seit Oktober 2023 am Institut für Europastudien der Universität Bremen. Von Oktober 2024 bis März 2025 war sie als Gastprofessorin am John F. Kennedy Institut der FU Berlin tätig. Ihre Schwerpunkte sind unter anderem: Autokratisierung und (neo)liberale Demokratie in Europa und den USA und die (populistische) extreme Rechte. Von September 2022 bis Februar 2023 war sie Gastwissenschaftlerin an der University of California in Berkeley.

Verwendete Quellen