• Tödliche Schießereien gehören in den USA zum Alltag. Regelmäßig kommt daher der Ruf nach schärferen Waffengesetzen.
  • Das will US-Präsident Biden mit mehreren Verfügungen erreichen. Für mehr braucht er aber die Zustimmung des Kongresses.
  • Update vom 9. April, 11:30 Uhr: Während Biden das Waffenrecht verschärfen will, lockert der Bundesstaat Tennessee die ohnehin schon laxen Gesetze zum Tragen von Waffen.

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Im südlichen US-Bundesstaat Tennessee brauchen die meisten Erwachsenen ab Juli für das verdeckte oder offene Tragen von Pistolen keinen besonderen Waffenschein mehr. Es dürfe für gesetzestreue Bürger nicht schwierig sein, von ihrem von der Verfassung geschützten Recht zum Tragen einer Waffen Gebrauch zu machen, erklärte der republikanische Gouverneur Bill Lee.

Das von ihm am Donnerstag (Ortszeit) unterzeichnete Gesetz erlaubt es den meisten Bürgern, die mindestens 21 Jahre alt sind und ihre Handfeuerwaffen rechtmäßig besitzen, diese ohne weitere Genehmigung in der Öffentlichkeit zu tragen. Der örtlichen Zeitung "Tennessean" zufolge lehnten führende Vertreter der Sicherheitskräfte die Lockerung des Waffenrechts ab.

Die Gesetzesänderung gilt aber nicht für größere Waffen wie Gewehre. Die Neuregelung verschärft zudem unter anderem auch die maximale Haftstrafe für den Diebstahl bestimmter Waffen von 30 Tagen auf 180 Tage.

US-Präsident Biden: "Es ist lange überfällig, dass wir handeln"

In den USA erlauben einige der 50 Bundesstaaten das offene oder verdeckte Tragen von Waffen, ohne dafür eine besondere Genehmigung oder Ausbildung zu erfordern. Im Vergleich zu Europa ist das Waffenrecht in den USA allgemein sehr lax.

US-Präsident Joe Biden hatte am Donnerstag angesichts der vorherrschenden Schusswaffengewalt in den USA nachdrücklich für eine Verschärfung des Waffenrechts geworben. "Waffengewalt in diesem Land ist eine Epidemie", sagte Biden bei der Vorstellung verschiedener Maßnahmen, mit denen er das Waffenrecht etwas strenger machen will.

Es sei auf internationaler Ebene auch ein Grund zur Scham für die Vereinigten Staaten. "Es ist lange überfällig, dass wir handeln." Der Präsident forderte den Kongress mit Nachdruck auf, schärfere Waffengesetze zu beschließen.

Biden will mit Hilfe des Justizministeriums unter anderem gegen sogenannte "Geisterwaffen" vorgehen, die einfach im Internet gekauft und schnell zusammengebaut werden können, aber keine Seriennummer haben - was die Strafverfolgung im Falle eines Verbrechens erschwert. Für eine grundlegende Verschärfung der Waffengesetze ist der Präsident aber auf den Kongress und vor allem den Senat angewiesen.

"Ghost Guns" seien für Sicherheitskräfte ein zunehmendes Problem, hieß es aus dem Weißen Haus. Biden wies das US-Justizministerium an, innerhalb von 30 Tagen eine Vorschrift vorzulegen, um deren Verbreitung einzudämmen. Das Ministerium soll unter anderem auch Muster-Gesetzgebung für Bundesstaaten erarbeiten, wonach Gerichte auf Antrag bestimmten Personen zeitweise ihre Waffen entziehen können, wenn diese für sich oder andere eine Gefahr darstellen.

In mehreren Bundesstaaten gibt es solche Gesetze bereits. Bidens Regierung wünscht sich dies jedoch flächendeckend und will durch die Mustergesetzgebung den Staaten den Weg dahin erleichtern.

109 Schusswaffentote - pro Tag

Außerdem sprach er sich dafür aus, Kriegswaffen wie Sturmgewehre zu verbieten. Niemand brauche Kriegswaffen mit 100 Schuss Munition, mahnte er. Biden beklagte, Beileidsbekundungen von Kongressmitgliedern nach tödlichen Schussattacken reichten nicht aus. "Genug mit den Gebeten - es ist Zeit zum Handeln."

Vor wenigen Wochen hatten zwei schwere Angriffe in den USA für Entsetzen gesorgt. In und um die Stadt Atlanta im Bundesstaat Georgia hatte ein Angreifer in drei Massagesalons Mitte März acht Menschen erschossen. Wenige Tage später tötete ein Schütze in einem Supermarkt in der Stadt Boulder im Bundesstaat Colorado zehn Menschen.

In den USA kommt es regelmäßig zu tödlichen Zwischenfällen mit Schusswaffen, die dort leicht zu kaufen sind. Die Gesundheitsbehörde CDC verzeichnete in ihrer jüngsten Statistik aus dem Jahr 2018 insgesamt 39.740 Schusswaffentote in den USA - also etwa 109 Tote pro Tag. Während der Pandemie und der Beschränkungen des sozialen Lebens waren blutige Schießereien etwas seltener geworden. Beobachter beklagten angesichts der zwei schweren Attacken innerhalb weniger Tage jedoch die Rückkehr zu einer düsteren "Normalität" in den USA.

Auch in den vergangenen Tagen kam es zu diversen weiteren tödlichen Schussattacken. Erst am Mittwoch tötete ein Schütze im Bundesstaat South Carolina fünf Menschen, darunter einen Arzt, dessen Ehefrau und zwei Enkel. Die Kinder waren laut US-Medien fünf und neun Jahre alt.

Waffengegner soll Chef von Aufsichtsbehörde werden

Um der Waffengewalt auch auf Postenebene zu begegnen, will Biden den Waffengegner David Chipman zum Chef der Aufsichtsbehörde ATF (Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives) machen, die in den USA unter anderem den illegalen Einsatz und Verkauf von Feuerwaffen bekämpft. Chipman war zuletzt ein Berater des Giffords-Zentrums, das sich für strengere Waffengesetze einsetzt.

Rufe nach schärferen Waffengesetzen gibt es nach jeder größeren Schussattacke in den USA - jedoch bislang ohne größeren Erfolg. Strengere Überprüfungen von Waffenbesitzern und das Verbot von Kriegswaffen werden schon seit Längerem diskutiert, fanden bislang jedoch nicht die nötigen Mehrheiten im Kongress. Viele Republikaner lehnen eine Verschärfung der Gesetze ab. Die Waffenlobby ist in den Vereinigten Staaten sehr mächtig.

Biden sind damit - wie auch zum Beispiel dem früheren demokratischen Präsidenten Barack Obama - teils die Hände gebunden. Die Verfügungen eines Präsidenten haben nur begrenzten Einfluss. Für weitreichendere Veränderungen müsste der Gesetzgeber handeln. Die Demokraten haben derzeit in beiden Kammern des US-Kongresses eine knappe Mehrheit, wären im Senat aber auf Stimmen der Republikaner angewiesen. (dpa/AFP/mko)

Dieser Artikel wurde erstmals am 8. April um 13:51 Uhr veröffentlicht und später aktualisiert.

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