Hilfsorganisationen laufen Sturm gegen eine Aktivierung der Asyl-Notverordnung in den kommenden Wochen. Die burgenländische Landesregierung befürchtet indes Probleme, sollte die Notverordnung nicht bald greifen.

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Die UNO hat Österreich "eindringlich" davon abgeraten, die geplante Asyl-Notverordnung zu aktivieren. Das geht aus einer Stellungnahme des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) vor, die GMX.at vorliegt.

In der Asyl-Notverordnung wird etwa dargelegt, warum die innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung gefährdet sind, sollte Österreich erneut mit ähnlich hohen Flüchtlingszahlen wie 2015 konfrontiert werden.

Das UNHCR weist "erneut eindringlich auf die flüchtlingsrechtlich problematischen Auswirkungen" der Verordnung hin. Auch Menschen, "die aus Kriegsgebieten geflohen sind", hätten dann "keine Möglichkeit mehr auf Schutz in Österreich", urteilt das UNHCR. Vielmehr würden die meisten dann "in die Nachbarländer zurückgeschickt", und zwar "ohne rechtsstaatliche Mindestgarantien".

Zudem befürchtet die Organisation, dass weitere Staaten dem Beispiel Österreichs folgen könnten. "Für Flüchtlinge in Europa wäre es dann noch schwieriger, Schutz vor Verfolgung und Krieg zu finden", glaubt Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich.

Das Flüchtlingshochkommissariat kritisiert die Grenzverfahren, die laut Verordnung von Polizisten statt Asylbeamten durchgeführt werden sollen. Die Polizisten sollen dann über eine Zurückweisung oder Einreise entscheiden.

Hilfsorganisationen gegen Verordnung

Auch das Rote Kreuz und SOS Mitmensch sprechen sich dezidiert gegen die Notverordnung aus. "Die öffentliche Ordnung und der Schutz der inneren Sicherheit sind durch Asylwerber nicht gefährdet", sagt Werner Kerschbaum, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes.

Zudem vermisse man "objektiv überprüfbare Kriterien in den Bereichen Schule, Arbeitsmarkt, Gesundheit und Justiz, nach denen die Notverordnung ausgerufen werden soll". Das Rote Kreuz habe jahrzehntelange Erfahrung in der Bewältigung von Katastrophen, Notständen und Krisensituationen und sehe derzeit "keine Anzeichen für eine ernsthafte und besorgniserregende Notsituation".

Hans Niessl stellt sich gegen Christian Kern

"Krone.at" hatte zuvor berichtet, dass sich der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) entgegen der Linie seines Parteichefs Christian Kern für einen Erlass der Notverordnung innerhalb der kommenden Wochen ausgesprochen habe.

In einem Schreiben der burgenländischen Landesregierung, das dem Online-Portal vorliegt, heißt es, "bei gleichbleibender oder steigender Anzahl" an Asylanträgen seien ernste Probleme zu befürchten.

Die Landesregierung sieht demnach das Funktionieren von Grundversorgung, Wohnbedarf, Gesundheit, Sozialhilfe, Familien- und Jugendhilfeschutz sowie den öffentlichen Verkehr in Gefahr. Die aktuelle Situation bringe zudem eine "enorme budgetäre Belastung" mit sich.

Anfang September hatte sich die Koalition auf einen gemeinsamen Text für die Asyl-Notverordnung geeinigt. Derzeit wird der Entwurf begutachtet.

Wann die Notverordnung aktiviert werden soll, darüber sind sich SPÖ und ÖVP uneins. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will die Maßnahme möglichst bald ergreifen, Kanzler Kern möchte lieber abwarten: Er geht davon aus, dass die Obergrenze von 37.500 Asylanträgen für das Jahr 2016 vielleicht gar nicht erreicht wird.

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