In der Causa Buwog könnte Karl-Heinz Grasser bald angeklagt werden, in anderer Sache spekuliert SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim über eine mögliche U-Haft für den Ex-Finanzminister. Gegen ihn liegen außerdem in zahlreichen anderen Fällen Verdachtsmomente vor. Eine Zusammenschau.

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Vor gut 14 Jahren wurde Karl-Heinz Grasser, damals noch Kandidat der FPÖ, als Finanzminister der Republik Österreich angelobt. Dabei erfolgte seine Bestellung überraschend, nachdem der damalige Bundespräsident Thomas Klestil die Angelobung von Thomas Prinzhorn als Finanzminister verweigert hatte. "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget", tönte der als Paradeschwiegersohn gepriesene Jungpolitiker Grasser in einer Rede. Und ließ Taten folgen.

Zahlreiche Privatisierungen von Staatsbetrieben gingen über die Bühne, 2002 wurde Grasser "Mr. Nulldefizit". Nach der Nationalratswahl 2002 trat Grasser aus der FPÖ aus und wurde im neuen Kabinett des damaligen Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel als parteiloser Finanzminister angelobt. Und dann begannen sie, die zahlreichen Skandale und Skandälchen rund um Grasser, die bis heute die Justiz, die Politik, die Bürger sowie die Medienwelt beschäftigen. Das Wort Unschuldsvermutung erfuhr eine Renaissance.

Eine Affäre jagt die nächste

In der "Homepage-Affäre" wird Karl-Heinz Grasser 2004 vorgeworfen, Spendengelder der österreichischen Industriellenvereinigung zur Erstellung seiner Website nicht versteuert zu haben. Er betont, die Spenden seien nicht an ihn, sondern an einen Verein gegangen. Konsequenzen erwachsen ihm nicht.

2006 werden die ÖVP-Parlamentarier in der "Novomatic-Affäre" förmlich überrumpelt, um eine Aufweichung des Glücksspielmonopols zu erreichen. Davon dürften der Spielautomatenkonzern Novomatic und die Telekom Austria profitiert haben. Walter Meischberger, Grassers Trauzeuge, soll von Novomatic 465.000 Euro erhalten haben, der Betrag sei aber an das Unternehmen Valora Solutions geflossen, an dem neben Meischberger auch Karl-Heinz Grasser selbst und Lobbyist Peter Hochegger beteiligt waren.

Das Magazin "Profil" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe, wie Karl-Heinz Grasser im Jahr 2006 die Österreichische Post AG an die Börse brachte. Auch davon profitierte angeblich die Beratungsgesellschaft Valora, an der Grasser selbst beteiligt war. Ein weiterer Vorgang aus seiner Amtszeit als Finanzminister also, der nun von der Justiz untersucht wird.

2011 wird bekannt, dass Grasser im Herbst 2010 Selbstanzeige bei der Finanz erstattet hat: Von 2002 bis 2008 - also während seiner Zeit als Finanzminister - hat er Einkünfte aus Spekulationsgewinnen und Dividenden nicht versteuert. Die Steuerschuld von 18.000 Euro begleicht Grasser in der Folge, doch wenn selbst der Minister nicht in der Lage ist, seine Hausaufgaben "supersauber" (O-Ton: Grasser) zu machen, hat das einen schalen Beigeschmack.

Ob Buwog oder Terminal Tower: Häufig liegen die Verdachtsmomente ähnlich. Der Ex-Finanzminister habe sich selbst bereichert: So lautet der Vorwurf. Für Grasser gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Überforderte Justiz?

Grassers ehemalige Politikerkollegen und Geschäftsfreunde haben sich zum Großteil von ihm abgewandt. Er selbst sieht sich als Opfer von Republik und Medien. Es scheint, als sei die österreichische Justiz überfordert. Monatelang wartete Österreich auf Akten aus Liechtenstein und der Schweiz. Die Staatsanwälte ermitteln zwar, bis heute liegt jedoch keine Anklage vor.

In der Causa Buwog soll sich das bald ändern. An anderer Stelle hat Grasser selbst einen Prozess angestrengt: gegen seinen früheren Steuerberater Peter Haunold und dessen Kanzlei Deloitte. Das Finanzamt vermutet, Grasser habe mit einem komplizierten Stiftungskonstrukt 4,9 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Grasser behauptet, Haunold habe das Konstrukt erdacht und ihn hintergangen - und klagt wegen Falschberatung auf 2,4 Millionen Euro Schadenersatz.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim mutmaßte, Karl-Heinz Grasser versuche, seinen eigenen Prozess zu boykottieren. Eigentlich sollte Grasser am Montag vor Gericht erscheinen, stattdessen ist er krank auf Capri.

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