Israels Regierungschef hat mit der Entlassung des Schin-Bet-Chefs Ronen Bar sein Land in eine neue Krise gestürzt. Doch Massenproteste hindern ihn nicht daran, einen Nachfolger zu bestimmen.

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Inmitten des juristischen Streits wegen der Entlassung des Chefs des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet hat Regierungschef Benjamin Netanjahu einen Nachfolger bestimmt. Nach ausführlichen Gesprächen mit sieben qualifizierten Kandidaten habe sich der Premier entschieden, Eli Scharvit zum nächsten Direktor des Inlandsgeheimdienstes zu ernennen, erklärte Netanjahus Büro am Montag. Der Posten ist allerdings noch Gegenstand eines juristischen Tauziehens.

Die Entlassung des bisherigen Schin-Bet-Chefs Ronen Bar durch die Regierung ist umstritten und hatte Massenproteste ausgelöst. Netanjahu hatte Bars Entlassung mit einem "fortwährenden Misstrauen" gegenüber dem Geheimdienstchef und dem Versagen des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 begründet. Der Schin Bet hatte in einer Untersuchung hingegen Fehler der Regierung angeprangert, die das Massaker ermöglicht hätten.

Bar ermittelte gegen Netanjahu-Vertraute

Bar bezeichnete seine Entlassung als politisch motiviert. Die Beziehungen zwischen Netanjahu und Bar galten seit Längerem als belastet. Bar ermittelte unter anderem gegen Vertraute Netanjahus wegen angeblicher Beziehungen zu Katar.

Das Golfemirat gehört neben Ägypten und den USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas, soll aber auch Unterstützer der Terrororganisation sein.

Oberstes Gericht prüft Entlassung

Bars Entlassung wurde vom Obersten Gerichtshof des Landes auf Eis gelegt, das Gericht will sich bis zum 8. April mit mehreren Einsprüchen befassen. Es war laut Medien das erste Mal in Israels Geschichte, dass die Regierung den Leiter des Schin Bet entlässt.

Mit Blick auf den als Nachfolger ausgewählten Scharvit betonte Netanjahus Büro dessen militärische Erfahrung: Er habe 36 Jahre lang gedient, davon fünf Jahre als Marinekommandeur.

Netanjahu treibt Justizreform voran

Netanjahu steht mit der israelischen Justiz schon länger auf Kriegsfuß. So billigte das Parlament jüngst ein Gesetz, das laut Kritikern künftig mehr politischen Einfluss bei der Ernennung von Richtern ermöglichen würde, falls Klagen dagegen erfolglos bleiben sollten. Kritiker sehen durch das Vorhaben die Demokratie gefährdet. (afp/dpa/bearbeitet von lko)

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