Österreich zögerte lang, die Massaker an Armeniern im Osmanischen Reich als Genozid einzustufen. Nun hat es klare Worte gegeben. Zwischen der Türkei und Österreich gibt es deshalb diplomatischen Ärger.
Die türkische Regierung hat gegen die Erklärung des Österreichischen Nationalrats zum "Völkermord" 1915 an den Armeniern protestiert und ihren Wiener Botschafter zu Beratungen zurückbeordert. Die Erklärung habe für "Empörung" gesorgt und werde die Beziehungen zwischen den beiden Ländern "dauerhaft beschädigen", zitiert die APA aus einer Stellungnahme des Außenministeriums.
"Wir lehnen so eine voreingenommene Haltung des österreichischen Parlaments ab", heißt es demnach weiter. Österreich habe den Versuch unternommen, "anderen einen Vortrag zu halten", was "in der heutigen Welt keinen Platz" habe. Das Ministerium bestätigte zudem, dass Botschafter Mehmet Hasan Gögüs aus Wien zu Konsultationen nach Ankara zurückgerufen worden sei.
"Pflicht der Türkei, sich Vergangenheit zu stellen"
Die Klubobleute aller sechs Parlamentsparteien - Andreas Schieder (SPÖ), Reinhold Lopatka (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Eva Glawischnig (Grüne), Waltraud Dietrich (Team Stronach) und Matthias Strolz (Neos) - hatten am Dienstag eine gemeinsame Erklärung vorgelegt, in der sie den Mord an Armeniern anprangern. Einen Völkermord müsse man auch als solchen bezeichnen.
Wörtlich heißt es in der Erklärung: "Aufgrund der historischen Verantwortung - die österreich-ungarische Monarchie war im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet - ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen." Und weiter: "Ebenso ist es die Pflicht der Türkei, sich der ehrlichen Aufarbeitung dunkler und schmerzhafter Kapitel ihrer Vergangenheit zu stellen und die im Osmanischen Reich begangenen Verbrechen an den Armeniern als Genozid anzuerkennen."
Im Ersten Weltkrieg waren Armenier im Osmanischen Reich als vermeintliche Kollaborateure mit dem Feind systematisch vertrieben und umgebracht worden. Zwischen 200.000 und 1,5 Millionen Menschen kamen nach Schätzungen ums Leben. Die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reichs lehnt die Bezeichnung "Völkermord" vehement ab.
Am 24. April wird in Armenien offiziell der Opfer der Massenmorde gedacht. Zwar räumt die Türkei ein, dass osmanische Truppen 1915 und 1916 armenische Christen umbrachten, sieht sich aber nicht in der Pflicht. 2009 versuchten sich die Türkei und Armenien an einer Aufnahme diplomatischer Beziehungen, es blieb jedoch bei einem Anlauf.
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