In ihrer Heimat herrscht Krieg. Viele Jugendliche haben Frieden nie erlebt und werden von ihren Familien fort geschickt, damit sie in Österreich eine Zukunft haben. Doch was erwartet sie hier?
Politische Unruhen, Verfolgung, Gewalt und Krieg: Das bedeutet einen täglichen Kampf ums Überleben. Viele Familien vertrauen ihre Söhne Schleppern an, um sie zu schützen. Große Summen werden für eine Reise ins Ungewisse gezahlt. Die Töchter bleiben meist zu Hause - zu hoch ist das Risiko, dass sie vergewaltigt, verschleppt oder verkauft werden.
Traumatisiert von den Ereignissen in ihrer Heimat müssen die Burschen auch auf der Flucht unvorstellbare Strapazen überstehen. Wie viele Länder sie durchquert haben, wohin ihre Reise sie geführt hat, wissen sie meist nicht. Sie verstehen die Landessprache nicht, sind mit der Kultur nicht vertraut und haben sie keinen Kontakt zu ihren Familien - und oft keine Ahnung, ob ihre Eltern überhaupt noch leben. Nichts ist sicher.
1.800 minderjährige Flüchtlinge im Jahr
Nach Österreich gelangen jährlich etwa 1.800 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie werden zunächst ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen gebracht, stellen dort ihren Asylantrag und werden nach einer formalen ersten Prüfung auf betreute Einrichtungen in ganz Österreich verteilt. Dort verbringen sie die Zeit, bis über ihren Asylantrag entschieden wird - oder sie volljährig werden.
Der Verein "menschen.leben" betreibt in Salzburg vier Wohngemeinschaften für jugendliche Flüchtlinge. Im Stadtteil Schallmoos sind 16 Jugendliche untergebracht. Sie kommen vorwiegend aus Afghanistan, zwei Bewohner aus Armenien und Syrien. Sie alle sind zwischen 16 und 18 Jahre alt und bleiben im Schnitt zwei Jahre in der Einrichtung.
Die Unterbringung in Vier-Bett-Zimmern ist beengt und sehr einfach. Es gibt eine gemeinsame Küche und zwei Gemeinschaftsbäder. Rund um die Uhr sind Betreuer anwesend. Sie versuchen, den Burschen ein wenig familiäre Geborgenheit und Halt zu geben, und kümmern sich um ihre Ausbildung.
200 Stunden Deutsch sind zu wenig
Für jeden der Burschen werden 200 Stunden Deutschkurs bezahlt. Das reicht aber häufig nicht aus: Viele der Jugendlichen haben in ihrer Heimat nie eine Schule besucht. Jene, die Lesen und Schreiben gelernt haben, beherrschen oft eine andere Schrift und müssen die unsere neu erlernen.
Aufgrund der Schulpflicht in Österreich müssen sie vom ersten Tag an eine Schule besuchen. Ohne Sprachkenntnisse haben sie aber kaum Chancen, dem Unterricht zu folgen. Enttäuschungen sind also programmiert. Dabei sind die Burschen durchaus motiviert. Ist die Schulpflicht erfüllt, haben sie meist keine Möglichkeit, den ersehnten Schulabschluss zu machen. Dann müssen sie untätig auf ihren Asylbescheid warten - denn arbeiten dürfen sie nicht. Nur in besonders günstigen Fällen können die Jugendlichen eine Lehre beginnen.
10 Euro im Monat für die Freizeit
Geld steht nur wenig zur Verfügung: Dem österreichischen Staat sind die jungen Flüchtlinge deutlich weniger wert als österreichische Kinder in Betreuungseinrichtungen: zwischen 39 Euro und 77 Euro werden pro Tag für Verpflegung, Unterbringung und Betreuung gezahlt. Zusätzlich gibt es pro Monat 10 Euro für Freizeitaktivitäten und 40 Euro für den persönlichen Bedarf sowie jährlich 150 Euro für Bekleidung. Mit Erreichen der Volljährigkeit müssen die Burschen die Einrichtungen verlassen und mit noch weniger auskommen. Da bleibt kein Geld, auch nicht für zusätzliche Deutschkurse, Lernförderung oder Kurse.
Engagierte Betreuer versuchen, das Beste für die jungen Menschen herauszuholen, doch in dem engen finanziellen und rechtlichen Korsett bleibt vieles Wunsch. Integration findet kaum statt. Die jugendlichen Flüchtlinge führen ein isoliertes Leben, ohne Zugang zu unserer Gesellschaft. Sie wachsen auch hier in Unsicherheit heran - und mit dem Gefühl, nicht willkommen zu sein. Als Erwachsene werden sie wahrscheinlich hier bleiben. Dann hat unser Asylsystem aus ihnen schlecht ausgebildete Migranten gemacht, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft haben.
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