Es könnte seine bislang tödlichste Entscheidung werden. Donald Trumps Anordnung zum Streichen der USAID-Gelder hat bereits jetzt Folgen für Millionen Menschen weltweit. Hilfsorganisationen schlagen Alarm und senden einen Hilferuf nach Europa.
Es sind verzweifelte Appelle, die Europa aus der ganzen Welt erreichen. Hilfsorganisationen sprechen von einer globalen Finanzierungskrise mit tödlichen Folgen. Ohne die Gelder der USAID (US-Behörde für internationale Entwicklung), die US-Präsident
Was das konkret bedeutet, sieht man in Äthiopien. Dort sind die USA mit einer Milliarde Dollar jährlich das größte Geberland. Neben langfristigen Projekten, wie der Ausbildung von Ärzten, sind darunter auch lebenswichtige Nothilfen wie die Versorgung mangelernährter Kinder.
Besonders hart trifft es die Region Afar im Norden Äthiopiens. Die Menschen in dem ländlichen Gebiet können sich auch aufgrund des Klimawandels kaum noch selbst versorgen. Um ihre Kinder zu ernähren oder vor Malaria zu schützen, sind sie auf Hilfsorganisationen wie das UN-Kinderhilfswerk Unicef angewiesen. Unicef betrieb dort bislang 30 mobile Kliniken. Doch 23 davon mussten bereits schließen – laut Unicef wegen der weltweiten Kürzungen bei Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit.
"Wenn man ein Kind im Arm hält, das im Begriff ist, an einer Krankheit zu sterben, die völlig vermeidbar und behandelbar ist, dann ist das einfach herzzerreißend."
Die stellvertretende Unicef-Exekutivdirektorin Kitty van der Heijden besuchte vergangene Woche die Region in Äthiopien und berichtet von den Folgen der Finanzierungskrise: "Wenn man ein Kind im Arm hält, das im Begriff ist, an einer Krankheit zu sterben, die völlig vermeidbar und behandelbar ist, dann ist das einfach herzzerreißend", sagt sie.
Was macht die neue Bundesregierung?
Unicef-Pressesprecherin Christine Kahmann fordert gegenüber unserer Redaktion deshalb, dass Deutschland Verantwortung übernimmt: "Die Bundesregierung ist ein starker Partner für internationale Zusammenarbeit und sollte dies dringend bleiben."
Doch auch Deutschlands Hilfe steht auf der Kippe. Die Union würde das Entwicklungsministerium gerne abschaffen und ins Auswärtige Amt eingliedern. Damit würde Deutschland dem Beispiel Großbritanniens folgen. Dort wurde das Entwicklungsministerium schon 2020 abgeschafft. Seitdem ist Großbritannien deutlich weniger in der Entwicklungszusammenarbeit aktiv.
Schulze will Entwicklungsministerium erhalten
Bundesentwicklungsministerin
In der Entwicklungszusammenarbeit geht es schon lange nicht mehr nur darum, das Leid auf der Welt zu mindern. Deutschland knüpft mit seiner Hilfe auch strategische wirtschaftliche Verbindungen in den globalen Süden. Davon sollen langfristig beide Seiten profitieren.
Trotz ihrer Argumente scheint Schulze aktuell eher einen Abwehrkampf zu führen, als einen neuen Impuls zu setzen. Selbst wenn die SPD sich in den Verhandlungen durchsetzen sollte, so kann sie wohl höchstens den aktuellen Entwicklungsetat von elf Milliarden Euro erhalten. Damit könnte Deutschland zwar seine jetzige Hilfe fortführen, aber nicht dazu beitragen, die riesige Finanzierungslücke von 50 Milliarden Euro zu schließen, die Trump durch die USAID-Kürzung verursacht hat.
EU kann Lücke "nicht alleine schließen"
Auch von der EU sind keine großen Sprünge zu erwarten. Auf Anfrage unserer Redaktion sagt die stellvertretende Vorsitzende des Entwicklungsauschusses im Europäischen Parlament, Hildegard Bentele (CDU), dass man auf die Kürzungen reagiert habe. So wolle man ein insgesamt 140 Millionen Euro umfassendes Hilfspakets für die afrikanische Region bereitstellen.
Diese Summe reicht aber bei weitem nicht aus, wenn man bedenkt, dass durch den Rückzug der USA in Äthiopien eine Milliarde jährlich fehlen werden. Bentele räumt deshalb ein, dass die EU die entstandene Lücke "angesichts der Haushaltslage nicht alleine schließen kann". Die Investitionen in Verteidigung und Sicherheit hätten demnach die Ressourcen für Entwicklungshilfe "weiter begrenzt".
Sie schlägt vor, neue Partner stärker in die Entwicklungszusammenarbeit einzubinden. Dafür zieht sie insbesondere die Golfstaaten als potenzielle Unterstützer in Betracht. Sie sind bereits relevante Geberländer in der Entwicklungspolitik, vor allem in arabischen und muslimischen Regionen. Dass sie jetzt aber in großem Stil in die Bresche springen, ist eher unwahrscheinlich.
Gericht stoppt USAID-Abwicklung vorerst
Mit seinem Vorgehen hat Trump auch gegen die US-Verfassung verstoßen, urteilte zuletzt ein Bundesrichter. So müssen USAID-Angestellte zumindest wieder Zugang zu ihren beruflichen E-Mails, Gehaltszahlungen und den elektronischen Systemen bekommen.
Damit können sie nun wenigstens versuchen, die Scherben aufzusammeln, die das plötzliche Abwickeln der Behörde und das Einfrieren der Gelder verursacht haben. An der grundsätzlichen Entscheidung der US-Regierung ändert das aber nichts. Die meisten Projekte sind bereits eingestellt oder werden es bald sein.
Die tödlichen Folgen davon sind jetzt schon zu erahnen. Die UN warnte am Montag davor, dass allein das Einstellen der AIDS-Programme zu über sechs Millionen zusätzlichen Toten in den nächsten vier Jahren führen könne – wenn die US-Gelder nicht ersetzt werden. Und danach sieht es aktuell aus.
Verwendete Quellen
- Schriftliche Anfrage bei Christine Kahmann (Unicef)
- Unicef: Statement der stellvertretenden UNICEF-Exekutivdirektorin Kitty van der Heijden
- Schriftliche Anfrage bei Hildegard Bentele (CDU)
- Guardian: "The impact has been devastating": how USAid freeze sent shockwaves through Ethiopia
- afp
- Handelsblatt: Interview mit Svenja Schulze