Beim Wiener Verein "Not in God's Name" wird im wahrsten Sinne des Wortes gegen die Radikalisierung gekämpft: Mittels Kampfsport wird versucht, Jugendliche zu erreichen und ihnen Ziele und Vorbilder zu geben. Die ORF-Sendung "Thema" berichtete über die Initiative und beleuchtete dabei, was junge Menschen an Propaganda anspricht.

Mehr aktuelle News

Gegründet wurde der Verein "Not in God's Name" von Politikwissenschaftler Alexander Karakas. Der 36-jährige Österreicher mit türkischen Wurzeln bemerkte, welche Faszination Kampfsport auf Dschihadisten ausübt. "Somit habe ich versucht, das umzudrehen und die Kampfsportler als positive 'Role Models' zu nehmen", erklärt er.

"Es sind mehrheitlich Muslime, die den Dialog mit anderen Religionen leben und Radikalisierung im Namen Gottes – deshalb 'Not in God's Name' – ablehnen." Die Kämpfer werden zu Vorbildern aus der eigenen Community, denen man nicht nur bei Kämpfen begegnet, sondern auch über Social Media folgt – und damit bilden sie einen Gegenpol zur IS-Propaganda im Internet.

Die Methoden der IS-Propaganda

Der Islamische Staat versucht mit einer Vielzahl an Videos, Jugendliche auf seine Seite zu ziehen. Die Filme sind teils aufwendig gemacht und erinnern in ihrem schicken Glanz mitunter an aufregende Hollywood-Spektakel.

"Die perfekten Videobearbeitungen haben mich sehr stark fasziniert", erklärt ein ehemaliger IS-Sympathisant im anonymen Interview. Interessant sei aber auch der Inhalt der Filme: "Es wurde in den Videos immer wieder die Situation und das Leid der Bevölkerung dargestellt", heißt es. "Auch wurde versprochen, ein Leben vor Ort zu führen ohne jegliche Sorgen."

"Man spricht die Sprache der Jugendlichen", meint Dschihadismus-Experte Thomas Schmidinger zur IS-Propaganda. Es gebe Videos, die "cool" seien, ebenso wie "Prediger-Videos". "Jeder findet in dieser Fülle das, was er sucht."

Vorbilder aus der eigenen Gemeinschaft

"Junge Leute, die sich radikalisieren wollen, hören nicht auf Politiker oder Plakate", meint Alexander Karakas. Überhaupt erreichen viele Medien diese Jugendlichen gar nicht, weil sie sie nicht wahrnehmen oder aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse gar nicht verstehen. "Deshalb ist unser Ansatz ein authentischer, weil er aus den eigenen Reihen kommt."

Weil die Kampfsportler in ihrer Gemeinschaft als Helden angesehen werden, erreichen ihre Worte die anderen. "Islam bedeutet nicht, dass man in den Krieg geht", lautet beispielsweise die Botschaft des Kampfsportlers Karim Mabrouk, einem Sportstudenten, der nebenbei als Trainer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet.

Die Initiative half beispielsweise dem Iraker Murtja al-Sabti, der bereit war, in den Krieg zu ziehen, um seine Heimat gegen den IS zu verteidigen. Da er arbeitslos war, hatte er auch das Gefühl, keinen Grund zum Hierbleiben zu haben. Ein Gespräch mit einem Freund brachte ihn zu Karakas' Verein, wo er Halt fand. "Jetzt hab' ich auch alles: Ich hab' Arbeit, ich hab' Training", erklärt er. "Jeder ist stolz auf mich."

Die Initiative "Not in God's Name" stößt auf mehreren Ebenen auf Interesse: Karakas soll bald nach Molenbeek fahren, jenem Brüsseler Stadtteil, aus dem unter anderem die Drahtzieher der Paris-Attentate stammen. Vielleicht kann sein Projekt auch hier Jugendlichen eine Alternative aufzeigen.

Auch Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Bundesministeriums für Inneres, begrüßt Karakas' Verein, nachdem der Staat erst bei strafrechtlicher Relevanz eingreifen könne. Zuvor läge die Verantwortung bei Familie, Freunden und der Schule. "Hier ist die Frage der Deradikalisierung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und keine ausschließliche Aufgabe der Polizei", erklärt er.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.