Seit einer Woche wird eine russische Band in Thailand festgehalten. Den Mitgliedern droht die Abschiebung – Menschenrechtler warnen vor Folter und Verfolgung. Dabei haben einige Mitglieder auch israelische Pässe.

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Die thailändischen Behörden planen offenbar die Abschiebung einer regimekritischen russisch-belarussischen Rockband – aber wohin, ist derzeit unklar. Die sieben Musiker von Bi-2, von denen mehrere auch einen israelischen Pass haben und zwei gar keine russischen Staatsbürger mehr sind, waren eigenen Angaben zufolge in der vergangenen Woche festgenommen und in Einwanderungshaft gebracht worden.

Während Medien zunächst berichtet hatten, dass die Musiker nach Russland abgeschoben werden sollten, wurde nun am Dienstagabend einer der Bandgründer – Jegor "Ljowa" Bortnik – nach Israel ausgeflogen, wie die Künstler berichteten. Bortnik verfügt zusätzlich über einen australischen Pass. "Der Rest der Gruppe sitzt immer noch in einem Migrationsgefängnis in einer engen Zelle mit 80 Personen", schrieben Bi-2 auf Facebook.

Der Band wird vorgeworfen, nicht über die gültigen Dokumente für den Auftritt auf Phuket verfügt zu haben. "Der Grund für die Festnahme waren falsch formulierte Unterlagen der Organisatoren", teilten Bi-2 auf mehreren sozialen Netzwerken mit.

Menschrechtler warnen vor Verhaftung und Folter

Menschenrechtler warnen, dass der im Exil lebenden Gruppe eine Abschiebung nach Russland wegen ihrer öffentlichen Kritik an der russischen Regierung gefährlich werden könnte. Bi-2 müsse mit Verfolgung rechnen, warnte Human Rights Watch (HRW) am Mittwoch.

"Die thailändischen Behörden sollten die inhaftierten Mitglieder von Bi-2 sofort freilassen und ihnen die Weiterreise ermöglichen", sagte Elaine Pearson, Asien-Direktorin von Human Rights Watch (HRW). "Unter keinen Umständen sollten sie nach Russland abgeschoben werden, wo ihnen wegen ihrer Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin und Russlands Krieg in der Ukraine eine Verhaftung oder Schlimmeres drohen könnte."

Die russische Regierung betrachte die Gruppe als Bedrohung für die nationale Sicherheit. "Nach ihrer Inhaftierung in Thailand sagte Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, dass die Gruppe angeblich 'Terrorismus gesponsert' habe, indem sie Russland verurteilt und die Ukraine öffentlich unterstützt habe", erklärte HRW.

Die thailändische Regierung sollte keines der Bandmitglieder nach Russland abschieben, forderte die Organisation. Bei einer gewaltsamen Rückführung drohten ihnen "höchstwahrscheinlich willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, mögliche Misshandlungen in der Haft, politisch motivierte Strafanzeigen und unfaire Gerichtsverfahren".

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Band Bi-2 kritisiert Wladimir Putin und den Angriffskrieg auf die Ukraine

Thailands Außenminister Parnpree Bahiddha-Nukara kündigte eine Untersuchung durch den Nationalen Sicherheitsrat an. Der Rat "untersucht die Angelegenheit und prüft Details wie die Namen und Nationalitäten der Bandmitglieder", sagte der Minister am Mittwoch vor Journalisten.

Die Musiker, die Russlands Präsident Wladimir Putin und dem Krieg in der Ukraine kritisch gegenüber stehen, waren vergangenen Woche nach einem Konzert auf der bei russischen Urlaubern beliebten thailändischen Ferieninsel Phuket festgenommen worden.

Sicherheitskräfte stehen Wache vor dem Immigrationsgefängnis
Der Großteil der Band Bi-2 sitzt in diesem Immigrationsgefängnis in Thailand fest. © dpa / Sakchai Lalit/AP

Örtliche Behörden erklärten, sie hätten vergangene Woche "sieben oder acht" Menschen festgenommen, weil diese ohne die nötige Arbeitserlaubnis aufgetreten waren. Ihnen drohe nun eine Ausweisung. Eine Polizeiquelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, vier oder fünf Menschen befänden sich in einer Haftanstalt in Bangkok.

Der Konzertveranstalter VPI Event erklärte, dass alle erforderlichen Genehmigungen für die Musiker eingeholt, der Band aber irrtümlich Touristenvisa ausgestellt worden seien. Normalerweise wendeten sich die Behörden "in solchen Fällen an den Organisator, um Sanktionen zu verhängen", erklärte VPI. Aber in diesem Fall richte sich "die Aufmerksamkeit ausschließlich auf die Künstler".

Konzertveranstalter: Russisches Konsulat wollte Auftritte der Band verhindern

Laut VPI hatte das russische Konsulat im Dezember eine Kampagne gestartet, um die Konzerte der Kreml-kritischen Band abzusagen. "Wir bemühen uns nach allen Kräften, die Künstler zu befreien, aber wir sehen uns (...) einem noch nie dagewesenen Druck ausgesetzt", erklärte der Veranstalter.

Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zeigte sich bei X besorgt angesichts der "Situation der in Belarus geborenen Rockband Bi-2". Sie forderte Thailand auf, "eine Lösung" zu finden, um "die Freiheit der Band zu gewährleisten". Es sei eindeutig, dass Russland hinter den Plänen zur Abschiebung der Band stecke. (AFP/ank)

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