An diesem Abend ist Fußball nicht mehr wichtig. Dass die deutsche Nationalmannschaft in Frankreich mit 0:2 verliert, ist nicht mal mehr eine Nebensache. Spieler, Fans, Verantwortliche stehen angesichts der schrecklichen Anschläge in Paris unter Schock. Nun ist die Nationalelf abgereist.

Mehr aktuelle News

Gegen 2:15 Uhr wird gemeldet, die deutsche Nationalmannschaft habe endlich das Stade de France verlassen.

Die Sicherheitskräfte fürchten, auch die DFB-Elf könnte Ziel eines Anschlags in Paris werden. Bereits am Nachmittag hatte es eine Bombendrohung im Hotel des Weltmeisters gegeben.

Der Mannschaftsbus wird als Transportmittel ausgeschlossen. Zu auffällig, heißt es. Stattdessen wird die Mannschaft angeblich mit Kleinbussen aus dem Stadion gebracht.

Angeblich.

DFB lässt Falschmeldung verbreiten

Denn offenbar handelt es sich bei dieser Information um eine Finte, eine Sicherheitsmaßnahme, um mögliche Attentäter auf eine falsche Spur zu führen. Stattdessen verharrt die deutsche Nationalmannschaft wohl die ganze Nacht im Stadion. Das melden nun mehrere Medien übereinstimmend.

Demnach sind Bastian Schweinsteiger und seine Teamkollegen in den frühen Morgenstunden zum Flughafen gebracht. Sie sollen um 9:00 Uhr in Deutschland landen.

Mitte der ersten Halbzeit waren in relativ kurzen Abständen zwei Explosionen zu hören. Laut ARD-Moderator Matthias Opdenhövel habe die Erde gebebt.

Joachim Löw sagte er in der ARD: "Natürlich hat mich der Knall an die Bombendrohung erinnert. Wir alle auf der Bank haben daran gedacht, weil wir heute Mittag schon in Schrecken versetzt wurden."

Dass sich gerade außerhalb des Stadions einer der schlimmsten Terrorakte der europäischen Geschichte abspielt, weiß zu diesem Zeitpunkt noch kaum jemand. Das Spiel läuft weiter. Eine Panik soll unbedingt vermieden werden.

Attentäter wollten ins Stadion

Wie die ARD berichtet, hätte einige Spieler der französischen Nationalmannschaft die Information gehabt, Attentäter hätten vergeblich versucht in das Stadion zu kommen. Man mag sich nicht ausmalen, was dann passiert wäre.

Nach dem Spiel herrscht lange Unsicherheit unter den 70.000 Zuschauern: Was ist los? Wann können wir hier raus?

Zunächst darf niemand das Stadion verlassen. Langsam erfahren auch die Fans, was an diesem Abend in Paris passiert ist. Dass eine Welle von Attentaten mindestens 120 Menschen in den Tod gerissen hat; dass auch in der Nähe des Stadions Bomben detoniert sind; dass es allein dort fünf Tote gegeben hat.

Die Fans rennen auf den Rasen, im Stadion sind sie sicher. Als sich die Lage langsam beruhigt, öffnen die Sicherheitsleute nach und nach die Ausgänge. Die Menschen begeben sich nach draußen. Manche singen die Marseillaise, die französische Nationalhymne. Alles läuft geordnet ab.

Fans singen die Marseillaise

Dieses Video zeigt die Evakuierung aus dem Stadion. © YouTube

Irgendwann ist das Stadion leer. Zurück bleiben nur einige Journalisten und die beiden Mannschaften.

"Spieler haben große Angst"

Laut Hendrik Große Lefert, dem Sicherheitsbeauftragten des DFB, habe man der Mannschaft empfohlen, in den Katakomben zu bleiben.

Teammanager Oliver Bierhoff beschreibt die Situation in der ARD: "Die Spieler sitzen in der Kabine und haben große Sorge und Angst." Allein Jerome Boateng, der in der Halbzeit in der Kabine geblieben war, war via Internet über die Anschläge informiert. "Die meisten Spieler haben nichts gewusst. Ich habe dann die Spieler informiert. Man hat gemerkt, wie geschockt sie waren."

Nicht mal mehr ein Jahr vor der Europameisterschaft in Frankreich lösen die Anschläge von Paris eine Sicherheitsdebatte aus. Doch noch ist die Zeit nicht gekommen, um über Fußball zu sprechen.

Paris betrauert seine Toten. In ganz Europa herrscht Fassungslosigkeit. Nun muss geklärt werden, was da genau passiert ist an diesem Abend, an dem es doch eigentlich nur um Fußball gehen sollte.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.