Geld, Waffenlieferungen, Luftangriffe, Soldaten. Die Mittel, mit denen ausländische Mächte in den syrischen Bürgerkrieg eingreifen, unterscheiden sich erheblich – genau wie ihre Ziele. Die wichtigsten Staaten und ihre Strategie im Überblick.

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Der syrische Bürgerkrieg zählt weltweit zu den kompliziertesten Konflikten, was nicht zuletzt auf die Existenz der Terrormiliz "Islamischer Staat" zurückzuführen ist.

Seit seinem Ausbruch im Jahr 2011 haben sich ganz unterschiedliche Staaten aus ganz unterschiedlichen Motiven zum Eingreifen entschlossen.


Einige liefern Waffen, andere schicken Soldaten oder Militärausbilder, wieder andere fliegen Luftangriffe.

Was wollen die Staaten? Was treibt sie zu einem Engagement in Syrien?

Russland

Russland ist von jeher ein treuer Unterstützer Syriens, die Allianz rührt noch aus Sowjetzeiten.

Zum einen ist es für Moskau entscheidend, als Gegengewicht zu den USA einen Verbündeten im Nahen Osten zu haben, zum anderen gibt es an der syrischen Mittelmeerküste einen russischen Marinestützpunkt.

Seit Beginn des Bürgerkrieges erhält Diktator Baschar al-Assad Waffenlieferungen aus Russland, seit Oktober fliegen die Russen auch Luftangriffe auf syrische Rebellen.

Diese trafen bisher vorwiegend gemäßigte Gruppen und offenbar kaum – anders als von Wladimir Putin behauptet – die Terrormiliz "Islamischer Staat".

Russland will mit seinem Eingreifen die eigene Bedeutung gegenüber den USA erhöhen und nach der Isolation durch die Ukraine-Krise auf die weltpolitische Bühne zurückkehren.

Zudem soll eine Friedenslösung erzwungen werden. Moskau beharrte zuletzt nicht mehr dezidiert auf Assads Machtverbleib.

Türkei

Die Syrienpolitik der mehrheitlich sunnitischen Türkei wird durch zwei Ziele bestimmt: der Sturz Assads und der Wille, unbedingt einen Kurdenstaat zu verhindern.

Das Aufkommen des IS, der auch die Kurden und Assad schwächte, war für die Türken strategisch wertvoll.

Bei der Einreise von Dschihadisten nach Syrien und Waffenschmuggel über die türkisch-syrische Grenze schauten sie offenbar nicht so genau hin.


Zudem sollen IS-Kämpfer in grenznahen türkischen Krankenhäusern behandelt worden sein. Zuletzt behauptete Wladimir Putin, die Türkei - und dabei Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan höchstselbst - sei am Ölschmuggel und somit indirekt an der Finanzierung der Terrormiliz beteiligt.

Indizien dafür gibt es schon länger, aber Ankara dementiert vehement. Russlands Eingreifen zu Gunsten Assads wird von der Türkei abgelehnt, möglicherweise kam es auch deswegen zum Abschuss eines russischen Kampfjets.

Iran

Der schiitische Iran zählt zu den wichtigsten Unterstützern Assads, der zur ebenfalls schiitischen Volksgruppe der Alawiten gehört.

Gemeinsam mit der Hisbollah-Miliz aus dem Libanon bildet man eine schiitische Achse. Iran unterstützt die syrische Regierung mit Geld, Waffen, Ausrüstung und Soldaten.

Die sogenannten iranischen Revolutionsgarden kämpfen mit Hisbollah-Kämpfern an der Seite Assads gegen Rebellengruppen.

Ohne diese Hilfe wäre das Regime längst entmachtet worden, sind sich Experten einig. Der Kampf gegen den IS in Syrien wird vom Iran als zweitrangig betrachtet, der Nachbar Irak wurde allerdings schon mit Soldaten und Luftangriffen unterstützt.

Die direkten oder indirekten Unterstützer der radikal-sunnitischen Miliz sind sogleich die ärgsten Feinde Teherans, etwa Saudi-Arabien.

Saudi-Arabien

Saudi-Arabien war lange Zeit ein großer Unterstützer der Terrormiliz "Islamischer Staat".

Der Grund: Als Erzfeind des schiitischen Iran und dessen Verbündeten, Baschar al-Assad, half die Königsdynastie aus Riad allen sunnitischen Gruppen in Syrien.

So wurden auch die sogenannte Eroberungsarmee (Dschaisch al-Fatah) oder die salafistische Rebellenformation Ahrar asch-Scham aufgerüstet.


Vor rund einem Jahr haben sich die Saudis aber entschlossen, zumindest die offizielle Unterstützung für den IS einzufrieren.

Es gibt im eigenen Land, dessen radikal-wahhabitische Auslegung des Islam mit der des IS vergleichbar ist, viele Sympathisanten der Miliz. Riad hat diese Gefahr erkannt, fürchtet den Aufbau terroristischer Strukturen.

Als Verbündeter der USA und aufgrund des ausschweifenden Lebensstils der Königsfamilie werden die Saudis von radikalen Muslimen als unislamisch betrachtet.

Seit 2014 sind sie mit anderen arabischen Staaten wie Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten an US-Luftschlägen gegen den IS beteiligt.

USA

Die USA wollten sich nach den Tiefschlägen in Afghanistan und Irak möglichst lange aus dem Syrienkrieg heraushalten.

Gemäßigte Rebellen und die kurdischen Streitkräfte wurden mit Geldern, Waffen und Militärausrüstung unterstützt – mit mäßigem Erfolg.

Seit 2014 fliegen die USA mit einer internationalen Allianz Luftangriffe gegen den IS, den Einsatz von Bodentruppen schließt Präsident Barack Obama weiter aus.

Eine Nachkriegsordnung könne aus US-Sicht nur ohne Assad erfolgen, der für Fassbomben- und Giftgasangriffe gegen die Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht wird. Das Hauptziel ist aber die Vernichtung des "Islamischen Staats".

Frankreich

Auch Frankreich ist seit 2014 an Luftschlägen gegen den IS beteiligt, zunächst nur im Irak.


Nach den Terroranschlägen in Paris hat Präsident Francois Hollande das französische Engagement in Syrien deutlich ausgebaut. Dutzende Angriffe wurden auf die inoffizielle IS-Hauptstadt Rakka geflogen.

Zudem reiste Hollande zuletzt um den halben Globus, um eine breite Allianz gegen die Dschihadisten zu schmieden. Alle wissen: Ohne den Einsatz von Bodentruppen ist der IS nicht zu besiegen. Aber wer soll diese Bodentruppen stellen?

Großbritannien

Großbritannien war bisher fast ausschließlich an Luftangriffen der US-geführten Koalition gegen den IS im Irak beteiligt. Das britische Unterhaus lehnte einen Syrien-Einsatz bisher ab. Das änderte sich mit den Anschlägen von Paris.

Die britische Luftwaffe griff nun erstmals auch Stellungen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien an. Das britische Parlament hatte kurz zuvor mit deutlicher Mehrheit eine Ausweitung des Kampfeinsatzes auf das Bürgerkriegsland gebilligt.

Der Sieg gegen den IS ist das Nahziel, eine Nachkriegsordnung mit Präsident Assad ist für die Briten schwer vorstellbar.

Deutschland

Das aufgrund seiner Vergangenheit militärisch zurückhaltende Deutschland hat sich bisher aus dem Syrienkrieg herausgehalten.

Auch in der Merkel-Regierung haben die Anschläge in Frankreich und die wachsenden Bedrohung durch deutsche Syrien-Heimkehrer zu einem Umdenken geführt.

Mit Aufklärungstornados, Luftbetankung, einer Fregatte und Stabspersonal soll Frankreich zunächst für ein Jahr im Kampf gegen den IS unterstützt werden.

Rund 1.200 Soldaten werden daran beteiligt sein. Der Bundestag soll am Freitag über den Kabinettsbeschluss abstimmen.

Was das Assad-Regime betrifft, setzt die Bundeskanzlerin auf eine Nachkriegsordnung ohne den Diktator.

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