• Die EU-Kommission hat beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantragt, Polen mit finanziellen Sanktionen zu belegen.
  • Hintergrund ist die fortgesetzte Tätigkeit einer Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern.
  • Polen kritisiert die beantragten Sanktionen scharf.

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Die EU-Kommission verschärft mit einem Antrag auf finanzielle Sanktionen gegen Polen ihr Vorgehen gegen die Justizreformen des Landes. Hintergrund ist insbesondere die fortgesetzte Tätigkeit der Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern, wie die Brüsseler Behörde am Dienstag mitteilte. Sie ist nach Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.

"Die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs (...) wurden in Polen nicht vollständig umgesetzt", erklärte die zuständige Vizekommissionspräsidentin Vera Jourova zur Beantragung der Finanzsanktionen. Deswegen gehe man nun den nächsten Schritte, um der Situation Rechnung zu tragen. "Die Justizsysteme in der gesamten Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein", kommentierte Kommissionschefin Ursula von der Leyen.

Barley fordert Sperrung von EU-Geldern für Ungarn und Polen

Kurz vor der Vorstellung des jährlichen Rechtsstaatsberichts der EU-Kommission fordert die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley, dass EU-Gelder für Ungarn und Polen gesperrt werden. In beiden Staaten gebe es mit bei den demokratischen Prinzipien Defizite.

Über den Antrag auf finanzielle Sanktionen muss nun der Europäische Gerichtshof (EuGH) entscheiden. Ihre Höhe könnte sich theoretisch auf ein tägliches Zwangsgeld in sechsstelliger Höhe belaufen. In einem anderen Fall hatte der EuGH Polen 2017 eine Strafzahlung in Höhe von mindestens 100.000 Euro pro Tag angedroht. Damals hatte das Gericht Polen angewiesen, die Abholzung des geschützten Urwalds Bialowieza einzustellen.

Die Kommission hatte der nationalkonservativen PiS-Regierung in Warschau zuletzt ein Ultimatum bis Mitte August gesetzt, um eine weitere Eskalation des Streits zu verhindern. Davor hatte der EuGH Mitte Juli geurteilt, dass Polen mit der Disziplinarkammer gegen europäisches Recht verstößt.

Zudem wurde das Land mit einer einstweiligen Anordnung aufgefordert, die Bestimmungen auszusetzen, mit denen die Disziplinarkammer ermächtigt wird, über Anträge auf Aufhebung der richterlichen Immunität sowie über Fragen zur Beschäftigung und Pensionierung von Richtern zu entscheiden. Der Beschluss betraf zudem noch weitere Bestimmungen des polnischen Rechts, die die Unabhängigkeit von Richter betreffen.

Polen hatte daraufhin angekündigt, dass die umstrittene Disziplinarkammer in ihrer derzeitigen Form abgeschafft werden soll. Sie arbeitet derzeit aber noch weiter alte Fälle ab. Nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP gab es bei der Kammer im August 66 bereits laufende Verfahren gegen Richter, davon 19 Disziplinarverfahren und 24 Verfahren um die Aufhebung der richterlichen Immunität.

Polens Vize-Justizminister spricht von "Akt der Aggresion"

Polen hat die Sanktionen scharf kritisiert. Die EU-Kommission blockiere rechtswidrig die Corona-Hilfen für Polen und beantrage Zwangsgelder, schrieb Vize-Justizminister Sebastian Kaleta am Dienstag auf Twitter. "Das sind Akte der Aggression."

Nach der Verabschiedung des gemeinsamen Haushalts würden die EU-Organe nun zur "rechtswidrigen Attacke" übergehen, so Kaleta weiter. Auch Deutschland, Spanien, Rumänien und Frankreich hätten in den vergangenen zwei Jahren Urteile des EuGH nicht anerkannt.  © dpa

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