Die Parteichefs der neu angelobten Regierung zeigten sich bei ihrem ersten gemeinsamen TV-Auftritt einig. Die "Parameter" hätten sich seit dem gescheiterten ersten Anlauf einer Regierungsbildung geändert.
Die Parteichefs von ÖVP, SPÖ und NEOS haben am Montagabend im ORF ihren ersten gemeinsamen TV-Auftritt nach der Angelobung der neuen Bundesregierung absolviert. Einmal mehr betonten die Parteiobleute den gefundenen Kompromiss der Dreierkoalition. ÖVP-Obmann und Kanzler Christian Stocker strich unter anderem das Thema Migration hervor, bei dem man sich im Regierungsprogramm auf einen sofortigen Stopp beim Familiennachzug geeinigt habe. "Sofort heißt jetzt", sagte Stocker dazu.
Das gelte ungeachtet der teils geäußerten Zweifel, ob ein solches Vorgehen mit EU-Recht vereinbar sei. "Es gibt eine Klausel: Wenn Österreich überlastet ist, dann gibt es diese Möglichkeit." Sobald Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) die entsprechende Verordnung verfasst hat, werde man dies umsetzen. Es habe ja "keinen Sinn, der Bevölkerung vorzuspielen, dass alles eitel Wonne sei, aber in Wahrheit funktioniert es nicht", verteidigte er das Vorhaben.
Auch Meinl-Reisinger verwies auf die Überforderung der Systeme, insbesondere des Bildungswesens. Babler betonte, wichtig sei auch gewesen, dass man über "Integration ab dem ersten Tag" spreche.
"Parameter" seit erstem Anlauf geändert
Dass die Dreierkoalition zwei Anläufe gebraucht hat und schlussendlich doch noch möglich geworden ist, begründete Meinl-Reisinger damit, dass sich auch die "Parameter" geändert hätten. Die NEOS hatten im Jänner ja als erste die damaligen Koalitionsgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und den Pinken verlassen. "Das was im Jänner nicht möglich gewesen wäre, ist jetzt möglich geworden." Gefragt, ob auch sein damals zurückgetretener Vorgänger
FPÖ-Chef
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Dass gerade die NEOS aber auch die ÖVP der SPÖ und vor allem deren Vorsitzenden Babler das Scheitern der ersten Verhandlungsrunde zum Vorwurf gemacht hatten, ließ dieser am Tag der Angelobung an sich abperlen: "Ich blicke in die Zukunft. Es hat offenbar einen Prozess gebraucht und man hat gesehen, was mit Herbert Kickl gedroht hätte." Man habe nun zu dritt "sehr zügig" eine Einigung und einen Kompromiss gefunden, sagte er.
"Wir bilden eine Bundesregierung und ich bin sehr zuversichtlich, dass das eine gute Regierung wird", sagte auch Stocker. Zu den gescheiterten Gesprächen mit der FPÖ meint er: "Manchmal darf man in einer Geschichte ein Kapitel nicht auslassen, damit die Geschichte wieder stimmt. Herbert Kickl hätte die Chance gehabt, sich als Regierungschef wieder neu zu erfinden", dies sei letzten Endes aber nicht so gewesen.
Keine Bezeichnung für die Dreierkoalition
Einen bestimmten Namen wollten alle drei Parteichefs der Koalition nicht geben. "Gemeinsam das Richtige tun" sei das Motto, "ich habe dazu keinen Namen", so Stocker. "Im Zweifelsfall sind wir die Dreierkoalition", sagte Meinl-Reisinger.
Bemüht waren im Gespräch alle drei, allfällige Trennlinien zu umschiffen. "Wir haben ein gemeinsames Programm. Das ist weder ein hundertprozentiges SPÖ-Programm, noch ein hundertprozentiges ÖVP-Programm, noch ein hundertprozentiges NEOS-Programm. Sondern ein guter Kompromiss", sagte Babler etwa zu der Anmerkung, dass der von ihm ausgewählte Finanzminister Markus Marterbauer in der Vergangenheit für Erbschafts- und Vermögenssteuern eingetreten war. "Die SPÖ hat Forderungen, aber wir sind jetzt in einer Regierung und das gilt auch für die SPÖ."
Meinl-Reisinger will mit Marterbauer "auf einen Kaffee gehen"
Meinl-Reisinger sagte dazu, sie habe sich mit Marterbauer bereits ausgemacht, "dass wir einander treffen und auf einen Kaffee gehen". Man habe sich geeinigt und es ist natürlich ein "Ringen um einen Kompromiss". Das Regierungsprogramm gehe aber "über den kleinsten gemeinsamen Nenner hinaus."
Das Gemeinsame wurde auch beim Thema Budget betont. "Es gilt, das Defizitverfahren zu vermeiden", unterstrich Stocker dazu einmal mehr. "Wir haben Maßnahmen, die nicht unbedingt die ÖVP vorgeschlagen hätte, aber es gibt einen Kompromiss", sagte er. Das Sparvorhaben auch in der Verwaltung und den Ministerien sei "sehr ambitioniert".
Alle drei wollen naturgemäß die gesamte Legislaturperiode durchdienen. Meinl-Reisinger verwies darauf, dass man in vielen Bereichen ja über die Legislaturperiode hinaus gedacht habe, nicht nur bei der Budgetkonsolidierung - etwa auch bei den Pensionen. "Es ist der Anspruch unserer gesamten Regierung, fünf Jahre zusammenzuarbeiten", ergänzte Babler. (APA/bearbeitet von ng)