Eine vom "Zentrum für politische Schönheit" errichtete "Gedenkstätte" ruft Empörung der jüdischen Gemeinde hervor. Die Aktion mit der Säule, die angeblich die Asche von Naziopfern enthält, sei nicht zu Ende gedacht. Nun rudern die Künstler zurück und entschuldigen sich.

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Nach heftiger Kritik von Verbänden, Institutionen und Einzelpersonen an einer Aktion der Gruppe "Zentrum für Politische Schönheit" (ZPS), will diese nun reagieren: Die vor dem Reichstag errichtete "Gedenkstätte", die nach Angaben des ZPS mit der Asche von Opfern des Nationalsozialismus gefüllt ist, soll teilweise verhüllt werden.

ZPS veröffentlicht Stellungnahme

In einer Stellungnahme der Gruppe im Internet heißt es: "Als erste Konsequenz verhüllen wir das Kernstück der Säule im Regierungsviertel, um dem Eindruck der 'Zurschaustellung' zu begegnen und schalten die Crowdfunding-Seite ab. Wir sagen auch den für Samstag geplanten Zapfenstreich, bei dem sich Menschen vor Ort treffen und der rechten Machtergreifung den Widerstand schwören sollten, schweren Herzens ab. Die Vorstellung, dass sich dort Menschen, die sonst auf einer Seite stehen, in Kundgebungen gegenüberstehen könnten, ist für uns nicht vorstellbar."

Es wurden auch Stimmen laut, die einen sofortigen Abbau der Installation forderten. Doch das gestaltet sich problematisch, denn was mit der Totenasche langfristig geschehen soll, ist unklar.

Das ZPS erklärt dazu auf seiner Webseite: "Wo soll der Inhalt denn hin? Zurück in den Wald, in das Versteck, das deutsche Nazischergen vor 75 Jahren ausgewählt haben? Auf einen jüdischen Friedhof, vielleicht in Berlin? Verbrannte Überreste von Menschen? Religion unbekannt? Schwer vorstellbar. Wo auf dieser Erde können diese Menschen ihre letzte Ruhe finden? Wir haben auf diese Fragen keine Antworten."

Das war zuvor passiert

Zuvor hatte der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Aktionskünstler kritisiert, die in Berlin eine "Gedenkstätte" nach eigenen Angaben mit der Asche von Naziopfern errichtet hatten.

Er riet dem ZPS, einen jüdischen Geistlichen zu konsultieren. "Es wäre gut, wenn das ZPS beim Abbau der Installation einen Rabbiner hinzuzöge, um wenigstens dann für die Beachtung der jüdischen Religionsgesetze zu sorgen. Einen entsprechenden Kontakt kann ich gerne vermitteln", hatte Klein der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

An der vom ZPS für die Säule ausgewählten Stelle hatte der Reichstag 1933 mit breiter Mehrheit für das Ermächtigungsgesetz gestimmt, das der NS-Regierung ermöglichte, den Rechtsstaat auszuhebeln und ihre Diktatur aufzubauen.

"Künstler tragen zur Verrohung der Gesellschaft bei"

Falls tatsächlich Asche jüdischer NS-Opfer verwendet worden sei, hätten die Aktionskünstler nicht zu Ende gedacht: "Es ist erschütternd, dass heutzutage Künstler meinen, zu solch drastischen Mitteln greifen zu müssen, um auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen aufmerksam zu machen. Durch das bewusste oder unbewusste Verletzen religiöser Gesetze von Minderheiten tragen sie zur Verrohung der Gesellschaft bei, vor der sie ja eigentlich warnen wollen."

Der Zentralrat der Juden hatte die Aktion zuvor als ausschließlich aufmerksamkeitsheischend kritisiert. Ein Treffen mit den Künstlern sagte er laut "Rheinischer Post" ab. (hub/mgb/dpa)

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